Schnellkurs in Sachen Liebe
sich ihrem Stuhl. Er hob einen Kopfhörer an und sagte in ihr Ohr: „Es ist sechs Uhr, Poppy. Wollen Sie die ganze Nacht durcharbeiten oder kommen Sie zum Essen?“
Nun, wenn er es so formulierte …
Poppy stand auf, streckte sich und beschloss, ihren neuesten Versuch, dieses Ding zu knacken, weiterlaufen zu lassen. Sie war sich Sebastians Nähe immer noch extrem bewusst, aber erstaunlicherweise fühlte sie sich wohl dabei – genauso wie sie sich in der Gesellschaft ihrer Familie wohlfühlte. Er behandelte sie, als würde er ihre Eigenheiten bereits in- und auswendig kennen und sie keinesfalls merkwürdig finden. Keine Kommentare, keine Fragen, die ihr das Gefühl gaben, ein Freak zu sein – er ging ganz locker mit ihr um.
Ein Punkt zu Sebs Gunsten. Zumal sie mit seinen Macken – zum Beispiel dass er mit Haien schwamm – weit weniger locker umging.
„Was ist mit dem Öl-Leck passiert?“, erkundigte sie sich.
„Nicht viel. AMSA bemüht sich, den verunreinigten Schlamm zu entfernen, aber im Moment kann keiner auf die Plattform rauf, um das Ausmaß des Lecks zu untersuchen. Es ist zu gefährlich.“
„Wer ist AMSA?“
„Die australische Küstenwache.“
„Werden Sie sich zu einem späteren Zeitpunkt einschalten?“
„Wahrscheinlich nicht. Diese spezielle Mutterfirma hat genug eigene Mittel, um selbst die Drecksarbeit zu erledigen. Wir sind zwar näher dran, aber so schnell wird sowieso keiner an das Leck herankommen. Es ist billiger für sie, ein Bohrschiff und eine Crew aus Singapur zu mobilisieren, auch wenn die fünf Wochen brauchen, um dorthin zu gelangen. Wir bleiben aber auf dem Laufenden. Kann sein, dass wir noch gebraucht werden. Wie ist Ihre Arbeit gelaufen?“
„Schlecht.“ Sie hatten die Küche erreicht, worauf Poppy urplötzlich feststellte, dass sie am Verhungern war. „Was gibt es denn zu essen?“
„Fischeintopf.“
„Wie gestern“, murmelte sie.
„Überhaupt nicht wie gestern“, verteidigte er seine Kochkünste. „Ich habe Bohnen hinzugefügt.“
Poppy lächelte, während sie einen Blick in den duftenden, mit viel Kokosnussmilch zubereiteten Eintopf warf. Der Mann war ein Scherzkeks. „Was tun Sie hier sonst so, um sich zu unterhalten?“
„Flirten Sie etwa mit mir?“
„Nein.“ Ihre Flirtfähigkeiten waren quasi nicht vorhanden, da konnte er jeden fragen.
„Denn wenn Sie es möchten, können Sie es gern tun.“ Er schenkte ihr ein einladendes Lächeln. „Nur zu.“
„Sie wollen, dass ich mit Ihnen flirte?“, wiederholte Poppy langsam.
„Nur, wenn Ihnen danach ist. Es vertreibt die Zeit. Außerdem ist es eine gute Übung.“
„Übung?“ Der Beginn einer Idee schoss ihr durch den Kopf. Poppy rühmte sich, gut in dem zu sein, was sie tat. Die Beste. Wenn es um ihre Arbeit ging, hatte eine Mischung aus natürlicher Begabung und einer Menge Übung sie an die Spitze gebracht. Könnte sie ihre Unfähigkeit im Flirten so leicht überwinden? „Sie meinen, ich brauche Übung?“
„Schwer zu sagen“, antwortete er. „Tun Sie es?“
„Vielleicht.“ Vielleicht eine ganze Menge. „Meine Schwester Lena hat mal versucht, mir das Flirten beizubringen. Es endete nicht besonders gut.“
„Für Sie?“
„Für ihn. Wir haben am selben Mann geübt – Trig, ein Freund meines älteren Bruders. Ich war nicht wirklich an ihm interessiert und Lena auch nicht. Er war einfach …“, Poppy wedelte mit der Hand, „… da. Im Nachhinein muss ich zugeben, dass wir ihm vielleicht hätten sagen sollen, dass wir nur geübt haben. Auch Jared gegenüber hätten wir es vielleicht erwähnen sollen.“
„Eine wunderbare Sache, dieses im Nachhinein“, bemerkte Seb. „Lassen Sie mich raten. Trig hat das Flirtspiel erwidert, worauf Ihr Bruder ihn verprügelt hat.“
„Nein. Trig hat uns auf Teufel komm raus ignoriert, und Lena hat ihn verprügelt.“
„Der arme Trig. Ich kann sein Dilemma nachvollziehen“, erwiderte er. „Was hat er dann getan? Ist er davongelaufen?“
„Nein, er ist zum Geheimdienst gegangen. Genauso wie mein Bruder. Und Lena dann auch ein Jahr später. Trigs und Lenas Streitereien haben seitdem zugenommen.“
„Ich frage mich, warum?“, versetzte er.
„Tun wir das nicht alle?“ Poppy lächelte schelmisch. „Trig betet Lena an – nicht, dass er das jemals aussprechen würde. Die Hoffnung derjenigen, die das Ganze aus nächster Nähe beobachten, ist die, dass Lena es eines Tages bemerkt, seine Gefühle erwidert und ihn aus seinem Elend
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