Schnellkurs in Sachen Liebe
hatte ihr eine ganze Liste an Banalitäten zusammengestellt, die Poppy durchging, während sie mit Seb auf ein cremefarbenes Gebäude zusteuerte, das sich an den Yachthafen anschloss.
Der Stammsitz von Sebco in Darwin verfügte über einen ungeheuer teuer wirkenden Konferenzraum. Zurzeit war er leer. Poppy mochte ihn auf Anhieb. Danach gestaltete sich die Tour durch Sebs Firma jedoch wesentlich schwieriger. Verwaltungseinheiten, Überwachungsräume, Planungs- und Designabteilungen, Wendys Reich.
Wendys Telefonstimme nach zu urteilen, hatte Poppy sich eine Mischung aus Mae West und Margaret Thatcher vorgestellt. Damit lag sie ziemlich richtig.
Wendy hatte einen scharfen Blick und graue Haare, und sie besaß die Aura einer Frau, die sich von niemandem etwas sagen ließ.
„Hallo, Poppet“, grüßte sie.
„Poppy“, korrigierte Poppy. „Oder Ophelia.“ Wendys Augenbrauen schossen in die Höhe. „West.“
„Die Frau von der Insel?“, hakte Wendy nach. „Toms Freundin?“ Auf der Insel war sie an dieser Stelle freundlicher geworden, heute jedoch nicht. „Wie haben Sie Seb dazu gebracht, mit Ihnen eine Tour zu machen?“
„Ich, äh, weiß nicht“, antwortete Poppy. Hatte Sebastian ihr nicht gesagt, dass sie seine … nun ja, was auch immer war? Offensichtlich nicht. „Er hat es einfach angeboten.“
„Ach ja? Normalerweise weiß er es besser.“ Wendy warf ihm einen eisigen Blick zu. „Um zwei hast du ein Meeting mit Roan Corp. Auf deinem Schreibtisch liegt ein Bericht, den du besser gut durchliest, falls du keine Schwierigkeiten kriegen willst. Sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.“
„Das Roan Corp Meeting ist abgesagt, es sei denn, sie stimmen der Liste an Vertragsänderungen zu, die ich ihnen heute Morgen geschickt habe, ehe du im Büro warst. Wenn sie mehr Bedenkzeit wollen, gib ihnen zwei Tage. Haben wir bis dahin nichts von ihnen gehört, schieß sie ab.“
„Oh“, murmelte Wendy. „Mit Vergnügen. Joel ist da und will dich sprechen. Er möchte noch mal die Wartungspläne der Carter-Plattform durchgehen.“
„Warum?“
„Keine Ahnung. Hier sagt mir ja niemand was. Aber ich schlage vor, du gehst bald rein und fragst ihn, was sein Problem ist, denn wenn du es nicht tust, explodiert er. Du bist nicht der Einzige, den Cams Tod schwer getroffen hat.“
„Das klingt, als wärst du sehr beschäftigt“, sagte Poppy zu Seb. „Du musst keine Tour mit mir machen. Ich kann auch einfach gehen.“
„Hier ist mein Autoschlüssel“, entgegnete Seb und reichte ihn ihr. „Auch der Wohnungsschlüssel. Wenn ich in einer Viertelstunde nicht zurück bin, fahr ohne mich los. Ich treffe dich dann zu Hause.“
Seb ging. Poppy blieb. Wendy starrte sie an.
„Ist die Carter-Plattform diejenige, auf der der Unfall passiert ist?“, fragte Poppy.
„Sie wissen davon?“
Poppy wusste nicht, was sie darauf antworten sollte, also schwieg sie. Hatte Seb im Vertrauen darüber gesprochen? Durfte sie eigentlich gar nichts davon wissen?
„Ist Tom hier?“, fragte Wendy.
„Tom ist in London.“
„Aber er war mit Ihnen auf der Insel?“
„Nein. Tom ist ein Arbeitskollege“, erwiderte Poppy. „Ich habe mir die Insel nur ein paar Tage geborgt. Er und ich stehen uns nicht in der Weise nahe, die Sie vielleicht vermuten.“
„Und Sie und Seb?“
„Haben uns vergangene Woche kennengelernt.“ Was sollte sie denn sagen? Dass sie ihn getroffen und sich innerhalb von einer Woche in ihn verliebt hatte? „Er ist ein großartiger Gastgeber.“
Wendy starrte auf Sebs Schlüssel. Dabei presste sie die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen.
„Hat Seb ein Büro, in dem ich vielleicht warten könnte?“, fragte Poppy. „Ich möchte Sie nicht von Ihrer Arbeit abhalten.“
„Zweite Tür rechts. Fühlen Sie sich wie zu Hause.“
Poppy ging in Sebs Büro, machte leise die Tür hinter sich zu und schloss die Augen. Also gut, Wendy schien kein großer Poppy-Fan zu sein. Nichts, worüber sie sich Sorgen machen musste. Sie ließ sich auf den Besucherstuhl vor Sebs Schreibtisch sinken. Papiere bedeckten den Großteil des Tischs. Einige schienen Datenausdrucke zu sein.
Sie versuchte sie zu ignorieren, aber die Daten riefen einfach nach ihr, und irgendwann zog sie sie zu sich und warf einen Blick darauf. Hydrostatischer Druck. Bohrleistungen. Fördermengen. Rohrgewichte. Zeiten.
Interessant.
Irgendwann griff sie nach einem Bleistift.
Und so fand Seb sie. Knietief in Daten und Durchschnittswerte
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