Schnittmuster
Intensivstation. Er trug einen mintgrünen Kittel, der sich verräterisch über seiner Sig Sauer wölbte, und ein grünes Haarnetz, das stark an eine Damenduschhaube aus den 70ern erinnerte. Die Krankenhauskleidung spannte über seinem Bizeps und den trainierten Schultern wie eine kugelsichere Weste.
Felicia stand neben ihm in identischem Outfit. Sie musterte ihn, ihr Blick klebte an seinem Bodybuilder-Kreuz, das beinahe die Hemdknöpfe zu sprengen drohte.
Striker fing ihren Blick auf. Er räusperte sich. »Hat dir schon mal einer gesagt, dass diese grüne Duschhaube dort auf deinem Kopf deine Augenfarbe super zur Geltung bringt?«
Die Krankenschwester trat zu ihnen â eine kleine, pummelige Schwarze. »Hier entlang«, sagte sie. Sie benutzte eine Keycard, um die Tür zu öffnen, dann schob sie die beiden auf die Intensivstation. Sie folgten ihr zu Zimmer 4, in dem Patricia Kwan lag.
Kaum betrat er das Krankenzimmer, war Striker wie betäubt.
Alles war exakt so wie vor zwei Jahren, als Amanda gestorben war. Kein bisschen anders. Einen Herzschlag lang fühlte er sich, als hätte dieses ScheiÃleben ihm mal wieder eine verpasst. Frontal in den Solarplexus. Er hasste dieses Krankenhaus. Wie die Pest.
Er blendete das Gefühl aus, konzentrierte sich auf seinen Job.
Das Zimmer roch durchdringend nach Sterilisations- und Desinfektionslösung. Abgesehen von dem schwachen Lichtschein, der durch die braunen Vorhänge fiel, wirkte alles kalt und steril. Patricia lag flach auf dem Bett, die Schutzgitter links und rechts hochgeklappt. Sie war an diverse Schläuche und Kanülen angeschlossen, die von ihren Armen zu mehreren Maschinen liefen, über deren Monitore rote Digitalziffern blinkten.
Ihr Brustkorb bewegte sich kaum.
Striker trat näher an das Bett. Ihr Gesicht mutete gespenstisch an. Unnatürlich aufgedunsen. Die Haut schien überdehnt und dünn wie ein zu dick aufgepusteter Luftballon. Ihre dunklen Augen waren einen schmalen Spalt weit geöffnet. Und glänzten wie feuchter Karamell. Sie stöhnte leise, und Striker überlegte, ob es mit ihrem Auftauchen, mit Patricias Schmerzen oder den Albträumen zusammenhing, die sie durchlitt.
Er wandte sich an die Schwester. »Ist sie wach und ansprechbar?«
»Sediert«, lautete die knappe Antwort der Schwester.
Dr. Adler, der mit ihnen das Zimmer betrat, konzentrierte sich auf die blinkenden Anzeigen der Apparate. Auf seinem erschöpften Gesicht lag Besorgnis, und er signalisierte den beiden Detectives mit einem Nicken, dass sie anfangen sollten.
Striker neigte sich über das Bett. »Mrs. Kwan? Mrs. Kwan? Patricia?«
Die Angesprochene blinzelte ein paar Mal, bevor ihre Augen den Detective anpeilten.
»Ich bin Detective Jacob Striker vom Vancouver Police Department. Ich bin der Cop, der Sie aus Ihrem Haus gerettet hat.«
Sie reagierte nicht, sondern maà ihn lediglich verständnislos, mit leerem Blick.
»Patricia, ich weiÃ, es ist bestimmt hart für Sie, aber ich muss Ihnen diese Fragen stellen. Erinnern Sie sich noch, was heute Abend passiert ist? In Ihrem Haus?«
Die Frau zitterte plötzlich unter den Laken. Sie versuchte zu sprechen, bekam bloà ein Krächzen heraus und begann zu husten. Sie versuchte es erneut, und ihre brüchige Stimme war leise, kratzig.
»Das Haus ⦠brannte.«
»Es brannte?«
»Feuer. Da war Feuer ⦠überall um mich herum ⦠auÃer Kontrolle.«
»Patricia â¦Â«
»Drachen ⦠spuckten Feuer â¦Â«
Felicias Blick glitt fragend zu dem Mediziner. »Das ist nicht gut. Die Patientin halluziniert.«
Striker umschloss mit den Händen das Bettgitter, dass seine Fingerknöchel weià hervortraten. Als er sich darüberlehnte, um Patricias leise gemurmelte Antworten aufzuschnappen, registrierte er ihren Körpergeruch. Sie roch schrecklich. Eben wie eine Kranke. Wie ein altersschwacher Hund. Er ignorierte den Geruch und fuhr fort: »Kennen Sie den Mann, der Sie überfiel? Kennen Sie ihn vielleicht von irgendwoher?«
Patricia blieb stumm, ihr Gesicht zeigte keine Regung. Sekundenlang glaubte Striker, dass sie ihnen entglitten wäre. Doch dann weiteten sich ihre Augen wieder. Sie wälzte den Kopf auf dem Kissen.
»Meine Tochter!«
Sie versuchte sich aufzusetzen, fasste sich stöhnend an die Rippen und sank zurück auf das Bett. Der Arzt und die Schwester waren
Weitere Kostenlose Bücher