Schnittmuster
machen konnte.
Vor Patricia Kwans Krankenzimmer waren Wachen postiert. Rotmaske hatte nichts anderes erwartet. Ein junger Cop, so um die fünfundzwanzig, lehnte am Türrahmen. Er sah gelangweilt aus. Mit Ausnahme der Schwestern und der anderen WeiÃkittel, die durch die Gänge wuselten, war niemand zu sehen.
Das war ganz in seinem Sinne.
Er trug die Flasche und die Rolle Klebeband in der linken Hand. Es war nicht schwer, aber eine echte Herausforderung für seine kaputte linke Schulter. Er versuchte den Schmerz auszublenden und konzentrierte sich auf seinen Plan.
In seiner Rechten trug er eine kleine Sauerstoffflasche, die er auf der Krebsstation gestohlen hatte. Er hatte zwei mitgehen lassen, eine jedoch ganz bewusst vor der Intensivstation abgestellt â die Flaschen mit dem komprimierten Sauerstoff wogen jeweils um die zwölf Kilo.
Das würde locker reichen.
Er wartete geduldig, bis die Schwester ging, dann schob er die Zugangskarte des Hausmeisters in das Lesegerät und betrat die Intensivstation. Er schlurfte durch den Gang, den Blick stur geradeaus gerichtet, ein müder Hausmeister kurz vor Ende der Schicht. Als er sich dem Cop näherte, spähte er verstohlen nach links. Der Typ beachtete ihn gar nicht.
Umso besser.
Er mobilisierte seine sämtlichen Kräfte und schwang die Sauerstoffflasche; der Cop erhaschte die Bewegung und hob reflexhaft die Arme â zu spät. Die Sauerstoffflasche traf sein Gesicht, sein Kopf prallte gegen die Tür, sein Nasenbein brach. Er sank zu Boden, schlaff wie gekochte Reisnudeln.
Rotmaske ging kein Risiko ein. Er zog dem Cop die Flasche ein weiteres Mal über die Birne, dann öffnete er die Tür zu Patricias Krankenzimmer, suchte den Raum mit Blicken ab. Und stellte erleichtert fest, dass die Frau allein war. Er stellte Flasche und Kleberolle auf einen der Nachtschränke und lehnte die Sauerstoffflasche innen an den Türrahmen.
Er schleifte den bewusstlosen Cop ins Zimmer und konfiszierte dessen Waffe. Nahm das Magazin sowie die Kugel raus, die noch in der Trommel steckte. Dann warf er die Sig Sauer in den Abfallbehälter und zerrte den Cop in das angeschlossene Bad. Er trat die Tür hinter sich zu und war mit Patricia Kwan allein.
Höchste Zeit, sich an die Arbeit zu machen.
Mit Klebeband und Flasche lief er zu ihrem Bett. Patricia Kwan lag bewegungslos unter der Decke, hinter dem hohen verchromten Bettgitter. Ihre letzte Begegung schien lange zurückzuliegen. Ein eigenartiges Gefühl.
Und gleichzeitig erhebend.
Patricias Gesicht war kränklich weiÃ, ihre Wangen waren eingesunken. Ihr Brustkorb hob und senkte sich in langsamen Intervallen. Schläuche verliefen von ihren Handgelenken und Unterarmen zu drei unterschiedlichen Maschinen. Eines dieser Geräte erinnerte Rotmaske an die Elektroschocker, die die Wärter in Sektion 21 verwendet hatten, um Geständnisse abzupressen. Die Vorstellung löste eine Flut dunkler Emotionen aus, die er spontan ausblendete.
Emotion war Schwäche.
Das Bett war zu hoch. Rotmaske senkte es mit der Elektronik ab, dann neigte er sich über Patricia Kwan. Sie spürte die Bewegung, und ihre Züge verkrampften sich. Rotmaske grinste.
Er würde schon dafür sorgen, dass sie das Bewusstsein wiedererlangte.
Zunächst zog er ein zweites Paar Latexhandschuhe über, dann riss er einen Streifen Klebeband von der Rolle ab. Das klebte er ihr über den Mund, bevor er ihre verletzte Schulter packte und heftig zudrückte.
Patricia schoss hoch, als hätte er ihr einen Elektroschock verpasst. Ihre Augen schlugen auf. Sondierten den Raum, stoppten auf ihm und weiteten sich. Sie bäumte sich unter den Laken auf, woraufhin eine der Maschinen mit einem hohen, schrillen Alarmton reagierte.
»Still«, befahl Rotmaske. Er deutete auf das Klebeband, mit dem ihre Lippen verklebt waren. »Ich nehmen Klebeband ab. Kapiert?« Er hielt die Flasche mit der klaren Flüssigkeit hoch. »Hier drin Salpetersäure. Kennen nichts Schmerzhafteres. Sie schreien, ich machen Sie schlucken.«
In Patricias Augen zeigte sich blankes Entsetzen. Tränen rollten über ihre Wangen.
»Kapiert?«
Als sie unbeholfen nickte, riss Rotmaske das Klebeband von ihren Lippen.
»Bitte«, flehte sie mit schwacher, kratziger Stimme. »Ich mache alles. Alles, was Sie wollen. Nur bitte, lassen Sie mich am Leben .«
Rotmaske stellte die Flasche demonstrativ auf
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