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Schnittmuster

Titel: Schnittmuster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Slater Sean
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grünen Tunnel aus Ahornbäumen, bis am Nordende die Schule in Sicht kam.
    Vor dem Schulgebäude standen jede Menge Leute. Mütter und Väter, die sich um den Eingang scharten. Ein paar Polizisten kümmerten sich um sie, sprachen mit ihnen. Die meisten Eltern waren weiß wie die Wand. Ihre Gesichter von Angst und Sorge gezeichnet. Andere waren laut und aggressiv, bereit, bei der kleinsten Bemerkung hochzugehen. Eine explosive Spannung erfüllte die Luft.
    Striker fühlte mit ihnen. Von diesem Tag an würde in einige Elternhäuser eine grauenhafte Leere einziehen, gepaart mit unnatürlicher Stille; und eine unbeschreiblich tiefe Trauer. Er wusste das, weil er dieses Tal der Tränen nach Amandas Tod selbst durchlebt hatte. Sogar nach über zwei Jahren fühlte er diese Leere in seinem Innern, dunkel und hohl.
    Er sah sich um und bemerkte einen weißen Crown Victoria, der direkt vor der Schule parkte. The White Whale – weißer Wal – nannten ihn alle, weil die Farbe derart auffällig war.
    Der Crown Vic gehörte dem Roadboss. Wagen Nummer zehn. Das bedeutete Leitender Ermittler. Etliche von ihnen regierten die Straße, und die meisten waren Männer, die Striker nicht bloß respektierte, sondern bewunderte. Typen wie Jean Concorde, einer der besten Ermittler im ganzen Police Department, oder Reggie Yorke von der Einsatzleitung, der den Großteil seiner Zeit mit dem Sondereinsatzkommando zubrachte. Davey Falk war ebenfalls ein guter Mann, ihm fehlten zwar das Organisationstalent und das Ermittlungsgespür seiner beiden Kollegen, aber dafür war er in punkto Mitarbeiterführung ein Genie. Alle drei waren außergewöhnliche Männer, und Striker hoffte, dass einer von ihnen am Steuer des White Whale säße.
    Als er und Felicia näher ranfuhren und der Fahrer in Sicht kam, wich Strikers Hoffnung einem morbiden Gefühl irgendwo zwischen Frustration und Ablehnung. Es war der Deputy Chief höchstpersönlich.
    Â»Oh, Himmel«, stöhnte Striker. »Es ist Laroche.«
    Â»Geh ihm aus dem Weg«, riet Felicia.
    Â»Der hat uns hier noch gefehlt. Der veranstaltet bloß wieder Chaos.«
    Â»So schlimm ist er nun auch wieder nicht.«
    Â»Klar, dass du ihn in Schutz nimmst.«
    Felicia schoss ihm einen ärgerlichen Blick zu, öffnete den Mund zu einer Erwiderung und schloss ihn unverrichteter Dinge wieder.
    Striker bremste ab, als sie den weißen Crown Victoria passierten. In dem Wagen saß Deputy Chief Laroche. Seine schwarz gefärbten Haare, die ölig glänzend an seinem Kopf klebten, kontrastierten mit seinem käseweißen Teint. Sein Gesicht versteckte er hinter einer Sonnenbrille mit Goldrand und extrem dunklen Gläsern. Er trug ein weißes Oberhemd, wie alle Deputy Chiefs und Inspectors, so stark gestärkt, dass der Stoff wie weiße Pappe anmutete und nicht wie eine Baumwoll-Polyester-Mischung, und hatte sich mit sämtlichen Auszeichnungen geschmückt, die er während seiner Zeit bei der Army verliehen bekommen hatte. Jeder wusste, dass er die Zeit auf dieser Seite des Ozeans verbracht hatte, obwohl er behauptete, in Kuwait gekämpft zu haben. In einer Hand hielt Laroche einen dampfend heißen Becher von Starbucks, in der anderen ein Sandwich, aus dem Käse und Salatblätter quollen. Er biss herzhaft hinein, als sie vorbeifuhren, und Strikers Blick schoss automatisch zu Felicia.
    Â»Hier verrecken Kinder, und dieser Arsch da isst seelenruhig sein Sandwich.«
    Die Gelassenheit in Felicias Zügen verlor sich zusehends. »Na hör mal, er … er muss schließlich irgendwann auch mal was essen, oder?«
    Â»Haben wir schon was gegessen?« Als sie nicht antwortete, setzte er hinzu: »Und wir sind immerhin seit acht Uhr auf der Straße.«
    Â»Ich halt mich da raus, Jacob.«
    Â»Ist mir schon klar.«
    Sie wollte etwas erwidern, überlegte es sich jedoch anders und schluckte.
    Sie fuhren an dem White Whale vorbei und parkten auf dem Schulparkplatz am Vordereingang. Striker stellte den Motor ab, kletterte aus dem Wagen und hatte plötzlich das Déjà-vu, dass er Rotmaske verfolgte. Er hörte laute Schüsse und hatte den beißenden Gestank der Munition in der Nase.
    Er schloss die Augen, bemüht, das furchtbare Erlebnis auszublenden, und fuhr unwillkürlich zusammen, als eine Tür zuknallte.
    Südöstlich des Eingangs, wo die Sporthalle war, strömte ein

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