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Schnittmuster

Titel: Schnittmuster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Slater Sean
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dass sie den besten Standort bekamen.
    Augenblicke später kam Chief Laroche angeschoben. Er marschierte mit stoischer Gelassenheit zu dem Absperrband, seine Dienstmütze elegant zwischen den Händen balancierend – Striker war sich sicher, dass er diese Geste schon zigmal vor dem Spiegel geprobt hatte. Laroches perfekt sitzende Frisur demonstrierte jedem, den es interessierte, dass er die verdammte Kappe nie trug. Es war bloß ein notwendiges Utensil und Teil des von ihm gepflegten Images.
    Striker lauschte dem Beginn seiner Rede, die Stimme des Deputy troff vor aufgesetzter Trauer, seine Worte untermalt von langen, einstudierten Pausen. Der Detective fragte sich, ob der Mann sein Starbucks-Sandwich auch so langsam verdrückt hatte.
    Â»Ich war innerhalb von Minuten am Tatort«, beteuerte der Deputy eben.
    Und als einer der Reporter wissen wollte, ob er bereits Erfahrung mit Amokschützen habe, sah Laroche ihn fest an, setzte eine stählerne Miene auf und verwies die Medien auf seine Kriegserfahrungen, dabei blieb er bewusst vage mit seinen diesbezüglichen Erklärungen. Abschließend erklärte er noch: »Da waren Kinder, verdammt, Kinder – da muss man doch tätig werden!«
    Striker konnte es nicht mehr mit anhören. Er schwankte zwischen zwei Alternativen: Entweder er bezichtigte seinen Vorgesetzten der Lüge und machte ihm hier vor den Medien eine Szene, oder er verpisste sich. Sein gesunder Menschenverstand und sein Berufsethos sagten ihm, dass ein Polizeidrama den trauernden Familien im Moment gerade noch gefehlt hätte. Folglich machte er die Faust in der Tasche und wandte sich ab. Schweren Herzens marschierte er in das Schulgebäude, zurück zu dem Blutbad, das bestialische Idioten angerichtet hatten.
10
    Eine Stunde später, Striker hatte gemeinsam mit den Sanitätern die letzten Leichen aus dem Gebäude geschafft, machte er sich auf den Weg zum Jungenumkleideraum. Es war kurz nach zwölf. Er stand allein vor einem der Waschbecken und schaute sich um. Alles in dem Raum mutete zu klein an – die grünen Spinde, die gelben Bänke, die weißen Handtrockner an den Wänden.
    Er zitterte unkontrolliert. Seine Jacke war irgendwo in dem Chaos liegen geblieben – nachdem er sie einem der frierenden Kinder umgehängt hatte –, und sein blutiges Hemd klebte ihm am Körper.
    Das Blut stammte nicht von ihm, eine Tatsache, die ihn mit ohnmächtiger Wut erfüllte. Weitere Leichen waren entdeckt worden, einige von den Hunden, einige von Polizisten. In dem verzweifelten Versuch, den drei Amokschützen zu entkommen, hatten sich mehrere Verletzte versteckt. Als man sie schließlich fand, kam für sie jede Hilfe zu spät.
    Striker hatte sein Menschenmögliches getan, um alle zu retten – die Verletzten, die Sterbenden, und sein Einsatz hatte mit Sicherheit Leben gerettet. Er wusste es. Tief in seinem Herzen wusste er es. Trotzdem waren zu viele gestorben.
    Viel zu viele.
    Felicias Bemerkung von vorhin hallte in seinen Ohren: »Wir sollten zurückfahren.«
    Im Nachhinein gab er ihr Recht. Was hatte ihnen die Verfolgung von Rotmaske letztendlich gebracht?
    Der Horror in der Cafeteria verfolgte ihn mental. Als er mit schwitzenden Fingern seine Waffe abgedrückt hatte, der heiße, beißende Rauch, die schrillen Schreie der Teenager.
    Das würde er nie vergessen können.
    Er dachte unwillkürlich an Courtney. Wieder einmal. Er hatte irgendwas läuten hören. Sie war mit Freunden in der Mall gesehen worden, in Metrotown, nicht in Oakridge. Sie war unverletzt und offenbar völlig ahnungslos über die Schießerei an ihrer Schule.
    Das machte es auch nicht besser.
    Mit zittrigen Händen zog er den Blackberry aus seinem Gürtel. Das Display war klebrig rot verschmiert. Er wischte es an seiner Hose ab. In der letzten halben Stunde hatte er sie zehn Mal angerufen, aber sie ging nicht ran. Allmählich wurde er halb wahnsinnig. Er wählte erneut ihre Nummer, und diesmal meldete sich ihre Voicemail:
    Â»Hey, hallo, ihr habt Court an der Strippe! Flippt nicht gleich aus, weil ich jetzt nicht rangehen kann – ich bin schwer im Stress, ihr wisst schon, das Konzert. Noch zwei Tage bis BRIIITNEEEY!«
    Das Konzert …
    Das Britney-Spears-Konzert.
    Was gab es Wichtigeres im Leben eines fünfzehnjährigen Mädchens? Wäre da nicht dieses verdammte Blutbad gewesen, hätte Striker laut gelacht.
    Ihre

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