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Schnittmuster

Titel: Schnittmuster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Slater Sean
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berechnend.
    Courtney folgte ihrer Freundin mit einigem Abstand und beobachtete Que beim Näherkommen. Sein rundes Gesicht wurde optisch von einem schmalen Unterlippenbärtchen geteilt. Seine dunklen Augen versteckte er hinter hellgrünen Kontaktlinsen. Beim letzten Mal hatte er blaue getragen. Er schaute sich suchend um, als erwartete er noch jemanden, dabei muteten die farbigen Linsen wie kleine grelle Laserpunkte an.
    Raine hatte es endlich geschafft. Sie warf die Arme um seinen Nacken, umschlang ihn stürmisch und küsste ihn hingebungsvoll. Er erwiderte ihren Kuss, schaute sie dabei jedoch nicht an, sondern blickte suchend durch die Mall.
    Sobald Courtney zu ihnen aufschloss, tönte er: »Hey, Creamy.«
    Sie hasste es, wenn er sie so nannte.
    Â»Quenton«, konterte sie, weil sie wusste, dass er das genauso hasste.
    Â»Wir sind am Verhungern, Schatz«, sagte Raine. Sie streichelte mit einer Hand seine Wange, mit der anderen auf Yoki’s, ein kleines asiatisches Restaurant, weisend. »Sushi?«
    Nach einem kurzen Blick auf das Lokal schüttelte Que den Kopf.
    Â»Ich weiß was Besseres«, antwortete er.
    Er scheuchte sie in den Ostflügel der Mall, unterwegs reckte er andauernd den Kopf und hielt mit seinen grasgrünen Glupschern nach irgendetwas Ausschau. Aber was? Courtney, die ihn heimlich beobachtete, beschlich ein mulmiges Gefühl. Als wäre da irgendwas faul. Am liebsten hätte sie sich schleunigst verdrückt. Ging aber nicht, wegen Raine.
    Raine war ihre weltallerbeste Freundin.
    Was sollte sie bloß machen?
16
    Im Lehrerzimmer war es kalt, und es roch nach altem abgestandenem Kaffee. Am rückwärtigen Ende des Raums stand ein Fenster weit offen. Ob einer von den Schülern auf diesem Weg geflüchtet war?, fuhr es Striker spontan durch den Kopf.
    Der Gedanke und die Kälte machten ihm eine Gänsehaut. Er griff hinter sich nach der Türklinke, doch ein scharfer Windstoß schlug prompt die Tür zu. Der unerwartete Knall ließ ihn zusammenfahren.
    Megan Ling verzog keine Miene. Sie stand wie festgewachsen vor dem offenen Fenster und starrte nach draußen. Die Zugluft bauschte den burgunderroten Rock ihrer Schuluniform. Das einzig entfernt Halloweenmäßige an ihrem Outfit war ein Modeschmuckteil, das an ihrem linken Ohrläppchen baumelte – ein Kürbis mit einer grinsenden Fratze. Der an ihrem rechten Ohr war weg, wahrscheinlich irgendwo in dem Chaos verloren gegangen.
    Beim Näherkommen bemerkte er die kleinen roten Spritzer auf ihrer weißen Bluse.
    Â»Hallo, Megan«, sagte er weich.
    Er bekam keine Antwort.
    Das Mädchen war total weggetreten. Striker ging schweigend weiter, denn das Letzte, was Megan Ling in ihrem Zustand gebraucht hätte, war jemand, der sie anschnauzte. Etwa drei Meter von ihr entfernt blieb er stehen und spähte aus dem Fenster. Was war da unten so interessant, dass sie wie gebannt hinschaute?
    Die Straße und der Schulhof waren zugeparkt mit Krankenwagen, Notarzt-, Feuerwehr- und Polizeifahrzeugen. Zuckendes Blaulicht warf bläuliche Schatten auf den Verputz der Schule. Überall flatterte Absperrband, an Pfosten, Bäumen, Autos. Wie gelbe Fähnchen.
    Striker streckte die Hand aus und schloss die Vorhänge. Weiß gestrichene Wände, weiße Vorhänge.
    Â»Megan?«, wiederholte er.
    Als sie nicht reagierte, tippte er sanft ihren Arm an. Sie fuhr zusammen.
    Â»Megan?«
    Sie blinzelte und nickte abwesend. Als wäre sie ganz weit weg. Als sie schließlich sprach, klang ihre Stimme rau und belegt. »Mein Vater ist letztes Jahr gestorben … bei einem Autounfall. Auf der Knight Street. Da war so viel Blut. In dem Auto. Überall war Blut.«
    Â»Das tut mir aufrichtig leid für Sie.«
    Sie blieb stumm; stattdessen drehte sie den Kopf und blickte abermals zum Fenster, als könnte sie durch die weißen Vorhänge sehen. Striker schob sie sanft vom Fenster weg zu einem der Stühle, die um den Konferenztisch standen. Sie setzte sich, verschränkte die Hände im Schoß und schlug die Augen nieder, als wäre sie eine schüchterne japanische Austauschschülerin und nicht in Vancouver, Kanada, geboren. Ihr hübsches Gesicht zeigte keine Regung.
    Striker setzte sich ihr gegenüber. Er wählte seine Worte mit Bedacht. »Sie haben heute eine Menge durchgemacht, Megan. Es war ein sehr schlimmer Tag, vielleicht sogar der schwärzeste Tag in

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