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Schnittmuster

Titel: Schnittmuster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Slater Sean
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obwohl sie sich akribisch jeden Zentimeter vorgeknöpft haben.«
    Â»Egal. Such weiter.«
    Felicia verkniff sich einen gereizten Kommentar. Sie schüttelte bloß den Kopf, schwenkte herum und schob sich zwischen die zweite und die dritte Tischreihe. Nach ein paar Schritten bückte sie sich und hob mit ihrer behandschuhten Hand eine Patronenhülse auf, die während der Schießerei ausgeworfen worden war. Sie inspizierte sie genauer. Ein Messingmantel mit einer Aushöhlung an der Geschossspitze, ein so genanntes Hohlspitzgeschoss. Gemeingefährlich. Sie hielt sie ihm hin.
    Â»Hydra-Shok-Projektile«, bemerkte sie.
    Striker besann sich auf die pilzförmig deformierten Austrittswunden, wie er sie bei einigen Schülern festgestellt hatte.
    Â»Pack es zu den Beweisstücken und mach weiter«, pflaumte er sie an, woraufhin sie ihre Suche fortsetzte.
    Ohne Felicia konnte Striker sich besser konzentrieren. Er untersuchte Weißmaskes Hals – der wie ein ausgezackter Krater aus Fleisch anmutete. Die Hautränder glänzten speckig, weißliche Knochensplitter und gelber Knorpel waren erkennbar – von der Wucht des Schusses tief in den Körper gepresst.
    Die Nackenmuskulatur fiel ihm besonders auf. Für einen Teenager war das eindeutig zu viel Muskelmasse. Striker fasste die beiden Schlüsselbeine und versuchte sie zu bewegen. Die Sehnen ließen sich zwar dehnen, aber nur sehr wenig, was darauf schließen ließ, dass sie nahe dem Sternum verknorpelt waren. Das würde bedeuten, dass der Unbekannte älter war, als sie vermuteten. Vielleicht schon über dreißig. Er war sich nicht sicher, aber das würde die abschließende Obduktion ergeben.
    An der linken Seite von Weißmaskes Hals verlief eine auffällige Zeichnung. Sie verlieh der tiefbraunen Haut einen goldenen Schimmer. Striker neigte sich dicht darüber und inspizierte das Muster. Kalligrafische Schriftzeichen, tippte er, vielleicht auch ein kunstvolles Tattoo. Oder irgendein Stammesritus.
    Schwer zu sagen, denn das Meiste hatte die Kugel zerstört. Der Rest wies exakte Ränder auf, die Farbe leuchtete. Das hatte bestimmt ein Profi gezaubert. Blöderweise waren achtzig Prozent weggepustet worden, genau wie Hals und Kopf des Schützen. Striker zog sein Notizbuch heraus, notierte sich die Details und machte sich eine Kopie. Dann rief er Felicia zu sich. Sie wirkte unbeeindruckt.
    Â»Wie sieht das für dich aus, golden oder eher gelb?«, wollte er wissen.
    Â»Goldgelb.«
    Ihre schlagfertige Antwort tat gut, und Striker gelang ein schwaches Grinsen. »Nein, jetzt mal ohne Quatsch, Feleesh.«
    Â»Golden. Definitiv golden.« Sie beugte sich über das Absperrband und sah genauer hin. »Aber da ist auch was Rotes, an den Rändern.«
    Â»Rot?«
    Striker schaute sich das Tattoo noch einmal an und stellte fest, dass sie Recht hatte. Er hatte die roten Ränder für getrocknetes Blut gehalten, aber dafür leuchtete die Farbe zu hell. Es war eindeutig Tattootinte.
    Â»Gutes Auge.«
    Nachdem er sich die Information notiert hatte, konzentrierte er sich auf den Brustkorb des Toten. Unter dem Schlüsselbein, in der Herzgegend, entdeckte er die dilettantisch eintätowierte Zahl 13. Er notierte sich auch das.
    Sein Blick glitt tiefer. In Höhe des Brustbeins befand sich eine kleine, dunkel gähnende Öffnung, die angesichts der stark gebräunten Haut kaum auffiel. Es war das erste Einschussloch – wo seine Kugel durchgegangen und im Rücken wieder ausgetreten war, wie er bei näherem Hinsehen erkannte. Dabei hatte sie dem Schützen das Rückgrat zerfetzt.
    Striker starrte auf die Stelle, und wieder fühlte er sich mental um Stunden zurückversetzt. Er blinzelte. Es war alles brutal schnell gegangen, mehr Reaktion und Reflex als Intention. Unvermittelt drängte sich ihm die Frage auf, wie die Sache wohl ausgegangen wäre, wenn sein erster Schuss nicht so zielsicher getroffen hätte.
    Müßig darüber nachzudenken.
    Felicia trat neben ihn. Sie ließ ihre Hand auf ihr Holster sinken und legte sie flach auf den Pistolengriff. »Der Schuss hat ihn erledigt. Und uns wahrscheinlich das Leben gerettet. Und Gott weiß wie vielen anderen.« Sie sprach ruhig, gefasst, emotionslos. Als wäre es irgendein Treffer auf dem Übungsplatz gewesen oder in einem Videospiel.
    Das machte Striker rasend. Er stand kurz vor dem Zusammenbruch, und

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