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Schnittstellen

Schnittstellen

Titel: Schnittstellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Abens
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genauso wenig klarkommt und dass es das Beste wäre, wenn ich ginge. Aber pah! Sie sagt, das ginge nicht. Sie könnten mich nicht ins Heim stecken. Wieso nicht?! Weil ich erst vierzehn bin? Marvin war schon sechzehn, als er gehen durfte … Da kann ich nur sagen, dass doch wesentlich jüngere Kinder in Heimen sind. Na ja, zumindest scheint mein Vorschlag Heim nicht zur Debatte zu stehen. Der dumme Gott allein weiß, warum.
    Meikes Tagebuch
    Hm. Ich bin verwundert. Heute sagte einer meiner Klassenkameraden: »Meike, eigentlich hasst du uns doch alle.« Ich weiß gar nicht mehr, was ich darauf gesagt habe oder ob ich überhaupt etwas geantwortet hab. Ich bin überrascht. Ich habe wohl nicht damit gerechnet, auf diese Weise angesprochen zu werden. Ich vermeide es, mit den anderen zu sprechen. Ich brauche Zeit für mich, und die anderen interessieren mich nicht. Ich hasse sie aber auch nicht. Ich kenne die meisten Menschen nicht, wieso sollte ich sie hassen? Ich hasse die Menschheit, ich hasse den Menschen. Aber einen bestimmten Menschen hasse ich nicht. Das ist ein Unterschied. Ich frage mich, wieso ich so wirke, als würde ich meine Mitschüler hassen. Ich mache doch gar nichts. Drücke ich meinen Hass aus, indem ich nichts tue? Ich dachte, Hass sei etwas Aktives. Es macht mich nachdenklich. Ich frage mich, wie ich auf andere wirke. Ich dachte, sie würden mich längst nicht mehr bemerken. Ich sage nichts, wenn ich nicht unbedingt muss. Ich sitze im Unterricht und bete, dass die Zeit schnell verstreicht, ohne dass ich drangenommen werde. Ich hätte nicht gedacht, dass mich noch irgendwer wahrnimmt, außer den Lehrern, die einem immer irgendeine gemeine Frage stellen, von der sie genau wissen, dass man sie nicht beantworten kann. Diese Scheiße kotzt mich an. Mann! Ich hasse diese fiesen Fragen. Wieso nehmen die nicht einfach die Schüler dran, die sich melden?
    In der Oberstufe soll das anders sein. Meine Mutter sagt, dass man sich in der Oberstufe meldet oder man bekommt eben eine schlechte Note. Das finde ich besser. Wenn ich etwas zu sagen habe, melde ich mich. Ich melde mich nicht, wenn ich nichts zu sagen habe. Das ist doch nicht schwer zu verstehen. Aber Lehrer verstehen so etwas nicht. Das ist doch kacke.
    Anja
    Ich bin froh, dass Meike in den Ferien mit Carina und ihren Eltern wegfährt. Man merkt so deutlich, dass Meike mal ohne uns etwas machen muss. Sie war schon früher keins von den Kindern, das häufig bei Freunden übernachtete, obwohl sie oft dazu eingeladen wurde. Sie hatte es lieber, wenn die Freunde bei uns schliefen. Ich fand es immer gut, wenn sie sich darauf einließ, es andersherum zu versuchen, auch dass sie mit zwölf den Englandaustausch gemacht hat. Aber inzwischen zieht sie sich immer mehr zurück. Carina und Lena, mit denen sie schon die Grundschule besucht hat, sind die Einzigen, die sie noch an sich heranlässt. Und nun reist sie also mit ihrer besten Freundin und deren Eltern zu der kleinen Insel im Marmarameer, wo die Familie ein Ferienhaus besitzt. Ihr Zeugnis hat Meike zerknüllt und in die Ecke geworfen, wegen zwei Vieren, die Einser und Zweier zählten nicht. Egal, Hauptsache, das Schuljahr ist geschafft und die Sommerferien liegen vor ihr. Meike wirkt optimistisch. Sie trifft erwartungsvoll die Reisevorbereitungen.
    Karl und ich sind nicht wirklich wild aufs Reisen. Die Fahrten ans Meer, als die Kinder klein waren, nach Frankreich, Holland oder in Deutschland, die waren immer wunderbar. Damals hatte man auch als Eltern die Entspannung nötig. Man konnte mit den Kindern zusammen am Strand sein, spielen oder Bücher verschlingen, je nachdem, wonach einem der Sinn stand. Als Paar genießen wir im Urlaub mehr den Faktor Zeit als den Faktor Raum, darum sind wir nicht so wild auf immer neue Eindrücke. Und darum kommen wir auf die Idee, lieber nach einem Ort Ausschau zu halten, der nicht allzu weit von unserer Heimatstadt entfernt liegt, der aber trotzdem eine Luftveränderung bedeutet und den wir vielleicht auch mal an Wochenenden aufsuchen können. Wir lieben unsere Stadt, aber manchmal ist sie uns zu laut. Während also unsere Tochter in die Türkei fliegt, machen wir Eifel, Westerwald und Hunsrück unsicher und freuen uns über unsere Zweisamkeit, die Freizeit und die Ruhe und hoffen, dass Meike durch den Blick von auswärts eine andere Sicht auf unser gemeinsames Leben und ihr Selbst gewinnt.
    Meike
    Ich freue mich auf den Urlaub in der Türkei. Ich bin total neugierig. Wir werden

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