Schnitzelfarce
völlig entgeistert an, konnte den Gedankensprüngen Palinskis
nicht folgen.
»Nein, überhaupt nicht, warum?«.
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, eine Pipi-Runde mit Maximilian
zu drehen .« Er lachte: »Das gehört auch zum Jobprofil .«
Kaum war Margit mit dem Hund draußen, suchte er auch schon nach
dem Kärtchen mit der Geheimnummer des Innenministers. Das war genau die Art von
Notfall, die geeignet war, sein Vertrauen in ein so wichtiges
Regierungsmitglied zu stärken.
Langsam tippte er die Vorwahl des Betreibers und den
siebenstelligen Zifferncode ein und lauschte.
»Ja«, Fuscheé klang etwas mürrisch.
»Hallo, Herr Minister, ich bin es, Mario Palinski .« Er wollte das Du-Wort nicht gleich überstrapazieren. »Wir
haben einen Notfall .«
Plötzlich war der hohe Herr hellwach. »Ist was mit Ansbichler
los ?« wollte er wissen.
»Nein, aber mit Waismeier.« Und er berichtete Fuscheé die ganze
Geschichte.
»Das ist zwar nicht die Art Notfälle, die ich gemeint habe«,
räumte der Minister ein, »aber es ist in der Tat auch ein Notfall. Sag der
guten Frau, dass ich die Verzögerung bedaure und sie sich am Montag die
Unterlagen bei Ministerialrat Schneckenburger abholen kann .«
»Danke, Josef, du bist gar kein so übler Bursche«, rutschte es
Palinski heraus.
Josef schwieg und Mario fürchtete schon, ihn verärgert zu haben.
»Weißt du, Mario« meldete sich der Minister wieder. »Du gehst
mir zwar meistens ziemlich auf die Nerven. Aber du bist ein großartiger Mensch
und ich wüsste nicht, welcher Intervention in meinem langen Politikerleben ich
lieber Folge geleistet hätte. Wir hören wieder von einander .«
So einfach war das also, dachte sich Palinski. Wenn man wusste,
wie es geht und die richtige Telefonnummer hatte.
Margit konnte es kaum fassen. Vor Freude über die gute Nachricht
umarmte sie Palinski und küsste ihn auf die Wange.
»Gut, also ich kann Ihnen für einen 20-Wochenstundenjob aber
nicht mehr als 1 000 Euro bezahlen«, Palinski hatte der spontane Kuss gefallen,
er war ihm aber auch etwas peinlich.
Margit starrte ihn entgeistert an. Mehr Geld
für die halbe Arbeitszeit. Und darüber hinaus konnte sie täglich zwei Stunden
Wegzeit einsparen. Ihr fehlten die Worte.
Palinski missverstand ihre verzögerte Reaktion. »Also gut, die
Arbeiten für die Homepage rechnen wir gesondert ab. Mehr kann ich derzeit aber
wirklich nicht bezahlen«, versicherte er ihr.
»Aber das ist doch nicht notwendig«, meinte eine glückliche
Margit.
»Das geht schon in Ordnung. Sie werden sich Ihre Gage sicher
ehrlich verdienen. Wenn Sie wollen, können Sie am 1. Oktober beginnen. Oder
wann immer Sie aus Ihrem Kaufhaus in Schwechat loskommen.«
Als Margit Waismeier zehn Minuten später ging, ließ sie einen
rundum zufriedenen Palinski zurück. Er hatte das Gefühl, ein gutes Geschäft
gemacht zu haben. Eines, von dem beide Seiten profitierten.
* * * * *
Einige der »kleinen Leute da draußen«, wie sie
die Politiker in ihren Sonntagsreden so gerne nannten, und in Vorwahlzeiten war
fast jeder Tag ein Sonntag, waren stocksauer. Sie wollten nichts anderes als
die Gräber ihrer Lieben besuchen. Da sie das Glück hatten, ihre Toten am
vornehmen Grinzinger Friedhof liegen zu haben, hatten sie heute Pech.
Die mit einer zwölfköpfigen Einheit der
Verkehrsabteilung angerückte Polizei hatte den kleinen Parkplatz vor dem
Haupteingang bereits ab 12 Uhr gesperrt, sodass die durchwegs älteren
Herrschaften den langen Weg entweder zu Fuß zurücklegen oder ganz auf den
Besuch verzichten mussten. Ab 14 Uhr war der Zugang zum Friedhof überhaupt
gesperrt, außer man hatte eine spezielle Eintrittskarte, ein bekanntes Gesicht
oder zumindest einen Bekannten mit einem solchen. Oder einen guten Schmäh, um
sich irgendwie an der Zutrittskontrolle vorbei zu mogeln.
Ansbichler hatte sich tatsächlich nicht entblödet, auf der
Rückseite der speziell gedruckten, in freundlichen Pastellfarben gehaltenen
Zutrittberechtigungen eine Wahlwerbung anbringen zu lassen. »Für eine gute
Zukunft - Liste 1 - Ing. Robert Ansbichler« stand da zu lesen.
Palinski, wahrlich kein Freund von Beerdigungen, schon gar nicht
solcher mit dem Anspruch eines gesellschaftlichen Ereignisses wie die von
Carola Ansbichler-Schmutz hatte lange überlegt, ob er sich das antun sollte. Da
sich Helmut Wallner und Franca Aigner entschlossen hatten, dem morbiden
Ereignis aus beruflicher Neugier
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