Schnupperküsse: Roman (German Edition)
es schon?«
»Das geht ihn nichts mehr an. Ich führe mein eigenes Leben und kann tun und lassen, was ich will.« Ich schaue in Adams Gesicht, der jeglichen Blickkontakt mit mir vermeidet. Hier gibt es eindeutig ein Problem.
»Du bist eine Mutter – Mütter tun so was nicht.«
»Was meinst du? Sich verlieben?«
»Bist du in Guy verliebt?«
»Nein«, werfe ich schnell ein, doch als ich Adams Gesichtsausdruck sehe, wird mir klar, dass ich das Falsche gesagt habe. »Ich spreche hier ganz allgemein. Ich meine, jemanden zu lieben … mit jemandem wieder zusammen zu sein.«
»Du meinst, Sex zu haben?«
»Nun, ja …«
Adam ist angewidert.
»Das ist vollkommen natürlich. Wie glaubst du, bist du auf die Welt gekommen? Ich bin keine Nonne.«
Das Thema ist ihm so peinlich, dass er sich schüttelt.
»Tut mir leid, wenn ich dir zu nahe trete, aber so ist es nun einmal. Ich dachte, du würdest dich für mich freuen. Guy ist ein guter Mann – und er ist auch sehr nett zu dir.« Ich halte inne. »Ich und dein Dad – wir werden nie wieder zusammenkommen. Das musst du akzeptieren, ansonsten wirst du nie glücklich werden.«
»Das habe ich akzeptiert«, erwidert er eisig. »Dad und Alice werden heiraten.«
»Heiraten?« Ich greife nach einem Stuhl und setze mich hin. »Bist du dir sicher?«
»Ich sollte nichts sagen. Verrat mich nicht, okay?«
»Nein, werde ich nicht.« Ich bin schockiert. Dass David noch einmal heiratet, macht mir nichts aus. Es ist nur so, dass ich nicht damit gerechnet hatte. »Wie geht es dir damit, Adam?«
»Ach, das sehe ich locker. Dad und Alice sind seit Ewigkeiten zusammen. Du hingegen hast Guy erst gerade kennengelernt.«
»Ich gebe zu, wir kennen uns noch nicht fürchterlich lang.« Ich stehe wieder auf. »Verdammt, ich verstehe, wie schwer es für dich sein muss, mich mit jemand anderem als deinem Dad zu sehen, aber es war doch klar, dass so etwas irgendwann eintreten könnte.« Vor noch nicht allzu langer Zeit hatte ich selbst gedacht, so etwas würde nie wieder passieren, doch Guy hat alles auf den Kopf gestellt. Ich beiße mir auf die Lippe, währenddessen ich meinen Sohn betrachte, der auf den Boden schaut und sich die Ohren zuhält, um mir nicht zuhören zu müssen. Adam hat sowohl alte als auch neue Freunde, Großeltern, die ihn unterstützen, einen halbwegs anständigen Vater, eine hart arbeitende Mutter … und einen Hund. Warum um alles auf der Welt ist er trotzdem so unglücklich? »Adam«, fahre ich sanft fort. »Wenn du reden willst, ich bin für dich da. Wenn du mit jemand anderem reden möchtest, jemandem, der nicht zur Familie gehört, dann sag das bitte … Es gibt Familienberater, Menschen, die dir helfen können.«
»Ich muss mit niemandem reden. Ich bin ja nicht verrückt.«
»Das habe ich nicht behauptet.« Ich halte inne und lasse ihm Zeit, um zu reden, doch er bleibt still. »Warum bist du nicht in der Schule?«
»Ich bin einfach rausgegangen«, sagt er schließlich. »Ich konnte es nicht mehr aushalten, wie Mr. Hughes auf mich losging.«
»Was hat er zu dir gesagt?«
»Er stellte mich vor der ganzen Klasse bloß und meinte, ich wäre ein hoffnungsloser Fall.«
»Wieso?«, rufe ich aus und fühle mich an seiner Statt verletzt. »Wie peinlich. Und unprofessionell. Ist dieser Mr. Hughes einer deiner jüngeren Lehrer?«
»Nein, er ist alt«, erwidert Adam. »Er ist ein alter bedauernswerter Blödmann.«
»Adam, manchen Dingen muss man sich nun mal stellen. Weglaufen ist da keine gute Alternative.«
»Schön, aber ich werde trotzdem kein Mathe mehr machen, und damit hat sich’s«, verkündet er mit inzwischen brüchiger Stimme und Tränen in den Augen. »Ich weiß, wie man Gleichungen rechnet, denn ich habe sie schon in meiner alten Schule durchgenommen, nur Mr. Hughes mag meinen Rechenweg nicht.«
»Ich denke, das Beste ist, wenn ich in die Schule gehe und mit Mr. Hughes und deiner Klassenlehrerin mal rede. Das wird sich sicherlich klären lassen.«
»Ändern wird sich trotzdem nichts«, sagt Adam. »Er ist ein Fiesling.«
»Wir können die Situation aber nicht so lassen«, stelle ich fest.
Ich schaue auf meine Uhr – noch eine Stunde, bis ich die Mädchen von der Schule abholen muss.
»Ich rufe die Schule an und sag ihnen, wo du bist. Gehen wir danach mit dem Hund spazieren?« Doch meine Frage ist eher als Feststellung gemeint – wir gehen nachher mit dem Hund spazieren!
Meine Hoffnung, Adam würde sich auf dem Spaziergang mir gegenüber öffnen,
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