Schnupperküsse: Roman (German Edition)
Beschäftigung?«, frage ich leicht gereizt, da ich viel zu viel zu tun habe. »Willst du das Mittagessen für uns kochen?«
»Langweilig«, erwidert er mit den Händen in den Taschen seiner Long Shorts.
»Du kannst mein Auto sauber machen – gegen Taschengeld.«
»Langweilig«, lautet wieder seine Antwort, aber ich erkenne am Zucken seiner Lippen, dass er versucht, nicht zu lächeln.
»Wie wär’s dann, wenn du deine künstlerischen Fähigkeiten einsetzt und das Logo für Jennies Cakes entwirfst?« Ich habe zwar schon mit ein paar Ideen herumgespielt, aber nichts davon war wirklich überragend.
»Auf was muss ich achten?« fragt er und hört sich interessierter an.
»Es muss sich natürlich auf Kuchen beziehen. Und bunt sollte es auch sein, aber keine knalligen Farben, sondern natürliche, die das Konzept der gesunden Zutaten unterstreichen.«
»Also kein Stahlblau?« hakt Adam leicht enttäuscht nach.
»Eher nicht. In der Schublade drüben liegt ein Papierblock – aber mal bitte nicht hier auf dem Tisch. Ich werde gleich backen.«
Adam verschwindet mit Papier und Stiften aus der Küche. Kurz darauf tauchen Sophie und Georgia auf, die sich aus Ermangelung anderer Kindern mit ihrer gegenseitigen Gesellschaft begnügen müssen.
»Ich vermisse Granny schon jetzt«, lässt Sophie mich wissen und drückt ihren Lieblingsteddy an sich. Ich dachte, sie bräuchte ihn nicht mehr und hätte ihn abgelegt, doch er ist wieder da, mit fehlendem Ohr und abgerissener roter Weste. »Ich wünschte, Daddy wäre hier.«
»Du weißt doch, dass das nicht möglich ist, mein Schatz.« Sie haben mit David telefoniert und, seit wir über einen Internetanschluss verfügen, auch ein paarmal mit ihm Kontakt über Adams Facebook-Seite gehabt. Die Verbindung ist langsam, und ihre Geschwindigkeit mutet eher wie die einer Schnecke an als der eines Datensuperhighways, aber es reicht fürs Erste. Die Kinder haben schon eine Weile nicht mehr von der Möglichkeit gesprochen, dass ihr Dad doch bei uns leben könnte. Ich vermute, der Abschied von meinen Eltern hat sie wieder aus dem Gleichgewicht gebracht.
»Warum nicht?«, fragt Sophie.
»Weil, weil … Du weißt, warum. Er lebt jetzt mit Alice zusammen.«
»Warum können die beiden denn nicht bei uns wohnen? Wir haben doch so viel Platz.«
»Sie könnten das Gästezimmer haben«, meint Georgia hoffnungsvoll.
Wenn es doch nur so einfach wäre … Wenn ich doch nur so großherzig sein könnte!
»Daddy muss in der Nähe seiner Arbeit wohnen«, erkläre ich. Außerdem würde es nicht funktionieren. Eine Kommune – und dazu noch eine Ménage à trois – in dem achtbaren Ort Talyton St. George. Das wäre ein schöner Skandal. Ich frage mich, was der seriöse Mr. Barnes dazu sagen würde. Wenigstens haben die Mädchen akzeptiert, dass David und ich nicht wieder zusammenkommen. »Habt ihr die Scheune aufgeräumt?«, frage ich und wechsle das Thema.
»Ja«, erwidert Georgia. »Jetzt fehlt nur noch Stroh und ein Pony.«
»Gut. Warum holt ihr euch nicht ein paar Plastikeimer und bringt mir so viel Brombeeren, wie ihr könnt?« Es gibt welche – sie sind im Frühsommer gereift. »Und esst nicht wieder alle auf, wie beim letzten Mal mit Granddad.«
Als die Mädchen, bewaffnet mit Eimern und Stöcken, um die dornigen Sträucher aus dem Weg zu schlagen, wieder verschwunden sind, überlege ich mir, was ich backe. Vielleicht liegt es an den Brombeeren, dass Bilder klebriger Marmeladentörtchen und Apfelkuchen vor meinen Augen auftauchen. Ich habe noch nicht herausgefunden, wie der AGA sich beim Backen von Törtchen verhält. Jetzt erscheint mir der richtige Zeitpunkt dafür. Außerdem werde ich so davon abgelenkt, darüber nachzudenken, wie leer mir das Haus ohne meine Eltern vorkommt.
Ich spüle und trockne das neue Backzubehör von ihnen ab. Anschließend wiege ich das Mehl zusammen mit einer Messerspitze Salz ab und fülle es in eine Rührschüssel, meine Lieblingsrührschüssel, die mit der cremefarbenen rauen Lasur, eines der wenigen Dinge meines Hausstands, das zum Haus passt. Zwischen meinen Fingern kleben Butter und Mehl, und ich reibe sie gerade aneinander, damit beides herunterfällt und ich aus ihnen Streusel machen kann, als ich ein Klopfen und eine Stimme höre. Die Stimme eines Erwachsenen – mein Herz hüpft vor Freude. Sie sind zurück! Entweder haben meine Eltern etwas vergessen oder beschlossen, noch ein paar Tage zu bleiben.
»Hallo«, rufe ich, als ich das Geräusch von
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