Schnupperküsse: Roman (German Edition)
seine Mutter immer im Blick behielt – denn er trug für sie die Verantwortung – heftete sich Tasha an Oliver, Guys Bruder. Kommen Sie mit?«, hakt Fifi nach.
»Ja, ja«, versichere ich ihr. »Fahren Sie fort.«
»Das Ende vom Lied war, dass Guy Tasha im Bett erwischte – im Ehebett – mit Oliver. Wie ich gehört habe, wäre es auch beinahe das Ende von allen dreien gewesen, denn Guy stürmte los, um sein Gewehr aus dem Schrank zu holen, konnte aber den Schlüssel nicht finden, was Tasha und Oliver nutzten, um zu fliehen. Tasha rief die Polizei, doch sie konnten Guy nichts nachweisen.«
Fifi lächelt mich an. »Oh, machen Sie sich keine Sorgen! Guy ist nicht gewalttätig.«
Das mache ich mir trotzdem. Ich war aufs Land gezogen, um den Waffen aus dem Weg zu gehen, und jetzt finde ich heraus, dass mein Nachbar eine besitzt.
»Tasha war ein Mädchen, das ins Auge fiel, und Oliver war der Sonnyboy der Familie. Guy musste seinen Bruder ausbezahlen – ihm gehörte die Hälfte des Hofs –, und als seine Mutter in ein Pflegeheim ging, blieb ihm nichts anderes übrig, als Uphill House zu verkaufen, um das Geld dafür aufzubringen. Es war ein fürchterlicher Skandal, als alles herauskam.«
»Wie lange ist das her?«, frage ich.
»Das müssen inzwischen drei Jahre sein. Guy war untröstlich. Zuerst dachte er, er würde nie darüber hinwegkommen, aber nun ja …, seit kurzem hege ich die Hoffnung, er könnte noch einmal glücklich werden, zur Ruhe kommen, eine Familie gründen und dem Hof einen Erben bescheren. Ich möchte nicht, dass er noch einmal verletzt wird.« Nach diesem letzten Satz stelle ich mir die Frage, ob Fifi vielleicht ein bisschen in Guy verliebt ist. Sie trinkt einen Schluck Kaffee, dankt mir für meine Gastfreundschaft und greift nach ihrer Handtasche, um zu gehen, doch sie ist mit ihren Ausführungen noch nicht ganz fertig. »Guy konnte sich nur schlecht damit abfinden, seine Mutter nie wieder nach Hause mitnehmen zu können – er fühlt sich immer noch schuldig, sie in ein Heim gegeben zu haben. Sie setzte die Scheune in Brand – die auf seinem Hof –, und da begriff er, dass es für ihn nicht zu schaffen war.«
»Vielen Dank für all die Informationen«, sage ich.
»Mir fällt gerade ein … es gibt da für Alleinerziehende wie Sie Gutscheine für gebrauchte Schuluniformen. Nichts für ungut, aber normalerweise sind die Leute zu stolz, um zu fragen.«
»Ich kann es mir leisten, meinen Kindern neue Uniformen zu kaufen«, erwidere ich steif.
»Noch eins«, fügt sie abschließend hinzu. »Wenn Sie sich mit dem AGA noch nicht richtig auskennen – sie müssen den Mürbeboden nicht blind backen. Stellen Sie die Form einfach nur gerade auf den Boden des Bratofens.«
»Ich werde es ausprobieren, danke für den Hinweis. Und auch für alles andere«, sage ich.
»Sie müssen mich nicht zur Tür begleiten, ich finde schon heraus.«
Ich schaue Fifi nach, wie sie elegant über den Rasen zu ihrem Mercedes geht. Warum habe ich gerade das Gefühl, eine Warnung erhalten zu haben?
Ich nehme den Teig aus dem Kühlschrank, wickle ihn aus der Folie und lass ihn anwärmen, bevor ich ihn sanft knete und ausrolle. Ich habe Erdbeermarmelade – von hier aus der Gegend – aber nicht genügend Äpfel, obwohl so viele an den Bäumen hängen, doch sie sind noch nicht reif – also mache ich Marmeladentörtchen sowie eine Käse- und Zwiebelquiche. Während sie im Ofen backen, rufe ich die Tierhilfe von Talyton an. Und wen habe ich am anderen Ende der Leitung …? Fifi.
»Wisst ihr, was? Ich habe gerade jemanden wegen eines Hunds angerufen«, verkünde ich Adam, als er mit seinen Schwestern zum Mittagessen hereinkommt. Es gibt warme Quiche, einen grünen Salat, anschließend drei Brombeeren und so viele Marmeladentörtchen, wie sie essen können. »Ich habe mich mit einem Ehepaar verabredet, doch wir fahren erst am Samstag vorbei.«
»Bis dahin dauert es ja noch ewig«, wendet Adam ein, und ich muss ihm Recht geben. Auch wenn ich kein Hundenarr bin, ist Adams Begeisterung ansteckend, und der Samstag scheint noch weit weg zu sein.
»Möchtest du mir nicht deine Vorschläge für das Logo zeigen?«, versuche ich ihn abzulenken.
»Hm, die sind noch nicht fertig.«
»Ja, weil du in Facebook warst«, wirft Georgia ein. »So wie meistens.«
»Nur so kann ich Kontakt mit meinen Freunden halten.«
»Ach, egal. Vielleicht sollten wir heute Nachmittag hinüber zu Guy gehen und ihm beim Melken der Kühe zuschauen.«
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