Schnupperküsse: Roman (German Edition)
Sophie, meiner Jüngsten, weil sie das Nesthäkchen der Familie ist. Ich schaue sie an, wie sie zwischen ihrem Bruder und ihrer Schwester dasteht und deren Hände hält, und wünsche mir in dem Moment, sie würde nie erwachsen werden.
»Adam, versprich mir, mich sofort anzurufen, wenn etwas nicht in Ordnung ist! Ich lasse mein Handy eingeschaltet.«
»Ja, Mutter«, sagt er und lächelt mich an.
»Und sollte mir zu Ohren kommen, dass es irgendwelchen Ärger gegeben hat …«
»Du meinst Zank«, unterbricht mich Georgia.
»Ich meine Fehlverhalten jeglicher Art, dann werdet ihr alle für immer und ewig Hausarrest haben.« Falsche Ansage – das werde ich wohl nicht konsequent durchziehen können.
»Hurra, dann müssen wir nicht zur Schule!«, bemerkt Sophie.
»Ich will aber zur Schule«, wirft Georgia ein.
Ich schaue zur Uhr. Zehn vor sechs. Ich werde zu spät kommen.
»In der Speisekammer steht ein Schokoladenkuchen.« Ich packe die Kuchenbehälter, das Messer, rosa Papierservietten, einen Ordner mit Fotos und eine Preisliste zusammen. »Ich werde nicht lange weg sein.« Ich zögere. »Sehe ich professionell aus?« Ich war mir unschlüssig gewesen, was ich anziehen sollte, und habe mich dann für eine dunkle Hose und eine weiße Bluse entschieden.
»Mum, du siehst klasse aus«, versichert mir Adam. »Viel Glück!« Ich freue mich, dass sie so begeistert sind und der Auftrag für eine Hochzeitstorte ihnen genauso viel bedeutet wie mir … Ich hoffe nur, sie nicht zu enttäuschen.
Um viertel nach sechs sitze ich mit einer Tasse Tee im Wohnzimmer in der Old Forge in Talyford, die ein paar Meilen von uns entfernt am anderen Ende der Stadt liegt. Mir zu Füßen befindet sich ein Hund, ein Golden Retriever, dessen Kopf auf meinen Oberschenkeln ruht, und er schaut mich mit treuen braunen Augen an.
»Sally, hör auf zu betteln. Das ist nichts für dich«, ermahnt ihn Penny, die zukünftige Braut. Sie sitzt mir gegenüber in einem Rollstuhl mit einer Serviette auf ihrem Schoß, auf dem sich nur noch ein paar Kuchenkrümel befinden. Ich schätze, sie ist Mitte bis Ende dreißig. Mit ihrem lila Kopftuch, dem unterschiedlich gefärbten Haar und einem Kittel mit Farbflecken darauf ist sie eine schillernde Erscheinung – und das meine ich in mehr als einer Beziehung. »Jennie, das war köstlich.«
Von dem Bräutigam ist weit und breit nichts zu sehen, und nach den Hochzeitsfotos zu urteilen, die an den Wänden hängen, sieht es für mich so aus, als wäre dies ihre zweite Hochzeit.
»Wenn Sie sich für den englischen Früchtekuchen entscheiden, müsste ich das relativ schnell wissen, da er länger vorbereitet werden muss.« Ich höre, wie die Worte aus meinem Mund heraussprudeln, als hätte ich sie eingeübt, was der Wahrheit entspricht. Ich habe sie auf dem Weg immer wieder aufgesagt.
»Ach, das kann ich unmöglich«, sagt Penny seufzend.
»Die einzelnen Etagen können auch aus unterschiedlichen Kuchen bestehen.«
»Könnte ich vielleicht von jedem noch ein kleines Stück probieren?«
»Natürlich.«
Penny entscheidet sich für den englischen Früchtekuchen. Anschließend besprechen wir die Details: Preis, Allergien gegen Nüsse und die Verzierung.
»Manche Bräute hätten gerne eine Torte mit frischen Blumen«, sage ich.
»Ich habe es lieber sehr schlicht und einfach, Marzipan und Zuckerglasur für die Braut und den Bräutigam – ach, und ganz oben Sally. Sie denken jetzt zwar wahrscheinlich, ich sei verrückt, aber Sally bedeutet uns viel. Sie ist mein Lebensretter, wenn Declan nicht hier ist. Sie holt und bringt mir alles und räumt sogar die Waschmaschine für mich aus.«
»So einen Hund könnte ich auch gebrauchen«, bemerke ich reuevoll. »Wir haben erst seit kurzem einen Hund. Er stammt von der Tierhilfe. Er ist ein lieber Kerl, aber er steht meistens eher im Weg, als eine große Hilfe zu sein. Erst neulich habe ich ihn dabei erwischt, wie er die Butter klaute – das ganze Paket.«
»Zumindest macht er sich keine Gedanken über seinen Cholesterinspiegel«, meint Penny kichernd.
»Ich glaube, er macht sich über gar nichts Gedanken – er nimmt das Leben einfach so, wie es kommt. Wissen Sie, ich habe zwar schon Ponys, Frösche und Pinguine aus Zuckerguss und Marzipan geformt, aber noch nie einen Hund.« Ich bemerke, dass Sally ein Geschirr trägt und an einer kurzen Leine geht. »Es gibt Firmen, denen Sie ein Foto schicken können und die nach Ihren individuellen Wünschen Kuchenaufsätze aus Ton
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