Schnupperküsse: Roman (German Edition)
um den Kuchen damit zu tränken, denn er soll der beste Kuchen werden, den ich je gebacken habe.
Ich widme der Hochzeitstorte einen ganzen Tag, nehme die Kinder mit, um die Zutaten zu kaufen und begebe mich danach in meine Küche. Meine ganzen Sorgen verschwinden, denn ich tue genau das, was ich kann und was ich liebe. Macht mich mein derzeitiger Kontostand nervös? Ja, ein bisschen. In nächster Zeit sollte schon etwas Geld hereinkommen. Gut, David zahlt Unterhalt für die Kinder, doch ich bin bereits ausbezahlt worden.
Ich krame Delias Rezept für den klassischen Weihnachtskuchen hervor, den ich jedes Jahr zu Weihnachten backe, berechne die Mengen, die für drei Etagen notwendig sind, und lasse sie von Adam noch einmal nachrechnen. Ich entscheide mich für die runden Formen – in den rechteckigen backt der Kuchen nicht gleichmäßig und ist an den Ecken schneller durch.
Zuerst wiege ich die Johannisbeeren, Sultaninen und Rosinen ab und gebe sie zusammen mit einer Flasche Brandy in eine riesige Rührschüssel, damit sie durchziehen. Anschließend stecke ich die Dose mit dem Sirup in den AGA , da es sich besser verarbeiten lässt, wenn es geschmeidig ist. Dann greife ich nach den kandierten Kirschen. Ich kann ihnen nicht widerstehen und stecke mir eine in den Mund. Und noch eine. Ich genieße ihren süßen klebrigen Geschmack … Ich verschließe das Glas. Genug, oder ich bin irgendwann so rund wie eine Tonne.
Ich hacke die kandierten Kirschen, wiege Orangeat, Zitronat, Mandeln, Mehl und eine Prise Salz ab. Ein paar der Salzkörner landen versehentlich auf der Arbeitsfläche, weshalb ich noch eine Prise über meine linke Schulter werfe. Warum? Ich bin zwar nicht abergläubig, doch das hat mir meine Großmutter beigebracht. »Man muss dem Teufel den Wind aus den Segeln nehmen«, pflegte sie zu sagen. Ich wünschte, ich hätte ihre alten Rezepte, die offenbar weggeschmissen wurden, als man ihr Haus nach ihrem Tod ausräumte.
Anschließend reibe ich eine Muskatnuss und die Schale einer Orange und Zitrone, bis die Küche nach Weihnachten riecht.
Dann tauchen Adam und die Mädchen auf und drücken sich in der Küche herum. Adam nimmt sich ein paar von den Rosinen aus der Schüssel, wirft sie sich in den Hals und beginnt zu husten.
»Igitt, nach was schmecken die denn?«
»Nach Brandy«, antworte ich.
»Das ist ja ekelhaft.«
»Tja, geschieht dir nur recht, wenn du sie dir einfach nimmst, ohne zu fragen«, sage ich gelassen. »Du kannst von den Rosinen haben, die noch in der Packung sind.« Ich halte inne. »Georgia, würdest du mir bitte die Eier aus der Speisekammer holen? Sie sind im mittleren Regal.«
»Ich wünschte, wir hätten inzwischen Eier von unseren Hühnern, die du verwenden könntest«, meint Sophie zu mir. »Kannst du dir nicht welche von Guy besorgen?«
»Ich fürchte nein – Kuchen, die man verkaufen will, dürfen nicht mit alten Eiern hergestellt worden sein. Vorschriften sind nun mal Vorschriften.« Ich habe vor, mir die Genehmigung einzuholen, um unsere eigenen Eier verwenden zu dürfen – sollten wir je welche haben! Ich schaue durch die offene Tür hinaus in den hinteren Garten, wo die Hühner auf dem Rasen nach Futter suchen, picken, scharren und überall ihren Dreck hinterlassen. Mir war nicht bewusst, dass sie so unordentlich sind. »Sophie, wenn du mir helfen möchtest, kannst du mir die Butter aus dem Kühlschrank holen.«
Ich rühre den dunklen Muscovadozucker und die Butter schaumig, schlage die Eier auf und füge sie nach und nach mit einem Löffel Mehl der Butter-Zucker-Masse hinzu. Dann hebe ich die trockenen Zutaten unter, gebe den Rest, einschließlich der gehackten Mandeln, in die Schüssel, bis der Teig dick und zäh ist und sich kaum mehr bewegen lässt. In dem Moment taucht Guys Gesicht vorm Fenster auf.
»Hallo«, begrüßt er mich. »Herzlichen Glückwunsch zu deinem ersten Auftrag. Adam hat es mir heute Morgen erzählt.«
»Oh, danke«, erwidere ich. Adam hatte ihm morgens wieder beim Melken geholfen – anscheinend hat er Spaß daran.
»Du hast doch gesagt, Gemüse anpflanzen zu wollen«, sagt Guy.
»Ja, aber ich habe es bisher nicht geschafft.« Ich bemerke die Verdrossenheit, die in meinem Ton mitschwingt, da auch dieses Vorhaben zu den vielen Aufgaben gehört, zu denen ich bisher nicht gekommen bin. »Wie du siehst, stecke ich gerade bis zu den Ellenbogen in einem Kuchenteig.«
»Dann lass dich von mir nicht abhalten. Ich dachte nur, weil ich gerade eine
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