Schnupperküsse: Roman (German Edition)
Stunde übrig habe, ich könnte mit der Bodenfräse über das alte Gemüsebeet fahren. Das geht viel schneller, als wenn du es mit dem Spaten umgraben müsstest. Der Lehmboden ist ziemlich fest.«
»Guy, du hast schon mehr als genug für uns getan.« Ich glaube nicht, dass er mich versteht, aber ich beginne mich allmählich ihm gegenüber verpflichtet zu fühlen.
»Ich helfe dir gerne.«
»Gut …« Ich gerate ins Wanken. »Dann bezahle ich dich aber.«
Guy runzelt die Stirn, mir wird augenblicklich klar, dass ich das Falsche gesagt und ihn verletzt habe.
»Ich bin nicht irgendein Gelegenheitsarbeiter«, sagt er steif. »Ich biete dir meine Hilfe an, weil wir Nachbarn sind.«
»Ja, aber du hast schon so viel für uns getan … die Hühner, Adams Job …«
Guy steckt seine Hände in die Hosentaschen und schaut einen Moment auf den Boden, bevor er mich wieder ansieht.
»Jennie, wenn du das Gefühl hast, ich werde lästig, dann sag das, und ich lasse dich in Ruhe.«
»Nein! So habe ich das nicht gemeint!«
»Ich würde dir meine Hilfe nicht anbieten, wenn ich das nicht wollte«, sagt er. »Und ich erwarte keinen Kuchen oder irgendetwas anderes als Gegenleistung.«
Ich gebe nach, denn es wäre toll, wenn der Garten umgegraben und das Beet vorbereitet wäre, um es dann im Frühjahr zu bepflanzen, aber ich möchte nicht den Eindruck erwecken, ihn auszunutzen. Ich frage mich langsam, warum Guy immer in der Nähe meines Hauses oder meines Grundstücks ist, wenn er doch selbst – was sagte Adam noch mal? – hundertfünfzig Morgen Land besitzt. Liegt es daran, dass er allein auf seinem Hof lebt oder weil er hier glücklicher ist, da Uphill House einmal sein Zuhause war? Oder fühlt er sich in unserer Gesellschaft wohl, obwohl wir aus der Stadt kommen?
»Na gut. Vielen Dank«, erwidere ich.
»Ich gehe hinten herum«, sagt er.
»Kann ich helfen?«, fragt Adam.
»Klar«, antwortet Guy, und ich merke, wie gut es Adam tut, noch einen Mann in der Nähe zu haben. Ich wünschte mir, David wäre ein bisschen wie Guy gewesen – seine Vorstellung einer Vater-Sohn-Beziehung bestand darin, Achterbahn zu fahren, Gotcha zu spielen und sich über Drahtseile zu schwingen, aber nicht zu Hause zu bleiben und etwas zu machen, was mit dem wirklichen Leben zu tun hat. Ich widme mich wieder meinem Kuchen und rühre den Teig noch einmal um, der mir irgendwie nicht dunkel genug erscheint. Vielleicht ist aber meine Erinnerung auch einfach nicht mehr das, was sie einmal war, was ich allerdings eigenartig finde, denn ich dachte, die Zeit der Mamanesie, unter der ich eine Zeit lang litt nachdem die Kinder geboren waren, wäre vorbei. Ich schaue hinaus aus dem Fenster über der Spüle und sehe Adam und die Mädchen, die das Umpflügen des Beets spannender fanden als zu backen. Guy hat ihnen aufgetragen, das Gemüsebeet mit Stöcken und einer Schnur einzugrenzen. Ich lächle, während ich ihnen bei ihrer Arbeit zusehe, und da fällt mir ein, dass ich selbst noch etwas zu tun habe.
Ich fahre mit einem gewissen Stolz fort und beschließe, die Kuchenformen ganz herkömmlich auszubuttern und mit Backpapier auszulegen, bevor ich den Teig in sie hineingebe. Ich muss ihn richtiggehend führen, da er so fest ist und wie eine schläfrige Schlange aus der Schüssel kriecht. Während ich den Teig in der ersten Kuchenform glatt streiche, steigt mir der Duft von Gewürzen, Alkohol und Zitrusfrüchten in die Nase, doch mittlerweile bin ich mir ganz sicher, dass etwas fehlt.
Der Sirup! Ich habe es im AGA vergessen!
Geschieht mir nur recht, ich habe mich ablenken lassen. Ich kippe den Inhalt der Kuchenformen wieder zurück in die Rührschüssel und rühre den Sirup unter. Plötzlich steigt Panik in mir hoch, und ich frage mich, ob ich zu grob mit dem Teig umgegangen bin. Falls ja, habe ich dadurch die Konsistenz des Kuchens ruiniert, wenn er fertig gebacken ist.
Ich mache weiter, spüle die Kuchenformen ab, lege sie noch einmal mit Backpapier aus und gebe dann den Teig, der jetzt dunkler ist, in die Formen. Ich umwickle die Formen mit einer doppelten Schicht Backpapier, damit der Kuchen beim Backen nicht verbrennt, und decke sie oben mit kreisrundem Backpapier ab, in dessen Mitte ich ein Loch steche, damit der Dampf entweichen kann.
Nach reiflicher Überlegung beschließe ich, die Kuchen einzeln zu backen, was heißt, dass ich – und ich schaue auf die Uhr – bis Mitternacht aufbleiben muss, da die Backzeit jeweils vier Stunden beträgt. Ich
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