Schnupperküsse: Roman (German Edition)
alte Kram ein, der in der Scheune, in meiner Scheune, steht, währenddessen ich mir vorstelle, wie ich sie eines Tages anderweitig nutzen könnte – doch er scheint mir sehr geradlinig. Er sagt, was er denkt. Außerdem habe ich nicht gehört, dass er mit seinem Auto noch einmal weggefahren ist, und das hätte ich bestimmt mitbekommen, denn meine Ohren scheinen sich mittlerweile auf das kehlige Brummen dieses besonderen Motors eingestellt zu haben.
Ich weiß nicht warum, doch Fifi scheint mir unmissverständlich klarmachen zu wollen, dass Guy für mich Sperrgebiet ist. Abgesehen davon sieht es ganz danach aus, als würde er mir aus dem Weg gehen. Erst drei Tage später schaut er wieder vorbei, und ich bemerke, wie ich seine Gesellschaft vermisse – was natürlich nur daran liegt, dass er der einzige Erwachsene weit und breit ist, mit dem ich mich unterhalten kann, möchte ich hier betonen, und dazu auch noch eine Quelle des Wissens für mich darstellt, was meine Fragen zum Leben auf dem Land betrifft.
Ich wünschte, er würde sich wieder blicken lassen – dann könnte ich ein klärendes Gespräch mit ihm über den Vorfall mit Hugo führen, falls es das ist, was ihn davon abhält, vorbeizuschauen – denn mir fällt kein Vorwand ein, zu ihm zu gehen.
Heute hat Adam ihm wieder beim Melken geholfen. Nachdem sie die Kühe herausgelassen haben, bleiben beide vorm Haus stehen. Adam geht nach oben, um zu baden.
»Ich dachte, ich schaue kurz vorbei, um zu sehen, wie’s dir geht, Jennie«, sagt Guy.
»Hast du Zeit für einen Kaffee?«
»Ich rieche ein bisschen«, bemerkt er und schnuppert verlegen am Ärmel seines Overalls.
»Zieh ihn einfach aus und lass ihn zusammen mit den Stiefeln draußen stehen«, schlage ich vor. Als er dann seine Schuhe abstreift, den Overall aufreißt und unter den aufspringenden Druckknöpfen ein unanständig enges graues T-Shirt mit V-Ausschnitt zum Vorschein kommt, werde ich verlegen. Er zieht den Overall hinunter über seine Beine und die Füße. Darunter trägt er eine Jeans, die über beiden Knien zerrissen ist. Als er sich umdreht, um die Sachen aus dem Weg zu räumen, sehe ich, dass sie auch über einer Pobacke zerrissen ist, unter der sich eine dunkle Unterhose und festes Fleisch abzeichnet.
»Tut mir leid – ich habe mich nicht fein gemacht«, sagt Guy schüchtern.
Er kann mir kaum in die Augen sehen, währenddessen ich ihn wie gefesselt anschaue.
Ihm beim Ausziehen zuzusehen, nicht dass er jetzt nackt vor mir stünde, hat etwas eigenartig Erotisches an sich. Ich zwinge mich, meinen Blick von ihm loszureißen und mich auf etwas anderes zu konzentrieren, wie zum Beispiel den Kuchen zu backen. Ich gehe mit Guy in die Küche.
»Es macht dir doch nichts aus, wenn ich mich weiter um den Kuchen hier kümmere?«, frage ich. »Ich muss ihn mit Alkohol tränken.«
»Überhaupt nicht. Verzeih mir, dass ich dich dabei unterbreche.« Er setzt sich ans Kopfende des Tischs. Ich schenke zwei Becher Kaffee ein und stelle ihm einen Teller mit drei Apfel- und Zimtmuffins hin. Dann hole ich die drei Etagen von Pennys Hochzeitstorte aus der Speisekammer und wickle sie aus dem Pergamentpapier. Der üppige fruchtige Duft des Kuchens dringt durch den Raum.
»Jennie, es tut mir leid, was da vor kurzem mit deinem Schwager abends passiert ist«, beginnt Guy. »Manchmal bin ich mir meiner Kraft nicht bewusst.«
»Du bist nicht daran schuld, dass Hugo sich den Kopf stieß – er ist gestolpert. Aber es gab nicht wirklich einen Grund, auf ihn loszugehen«, sage ich lächelnd.
»Das hätte ich bei jeder anderen Frau auch getan«, stammelt Guy.
»Natürlich«, bemerke ich und bin, wenngleich mir dieses Gefühl überhaupt nicht zusteht, enttäuscht, nichts Besonderes für ihn zu sein.
»Dieser Mann ist ein Flegel«, brummt Guy.
Da muss ich ihm zustimmen. Hugo gehört zu jener Sorte Mensch, mit der man nicht Scrabble spielen kann, weil sie andauernd irgendwelche Worte erfinden.
»Tut mir leid, dass ich das über einen deiner Freunde sagen muss, aber ich konnte ihn nicht ausstehen.«
»Er ist kein Freund, er gehört zur Familie.« Ich halte kurz inne, als ich den Brandy vom oberen Regal herunterholen will. »Guy, warum bist du so wütend?«
»Bin ich nicht.«
»Doch, bist du.« Ich erkenne es an seinen Fingern, die den Becher krampfhaft umklammern, so dass sie weiß sind, während er über meinen Schwager spricht.
»Ich hörte, wie du ›Nein‹ zu ihm sagtest und er dieses ›Nein‹ als Antwort
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