Schnupperküsse: Roman (German Edition)
»Bist du fertig?«
»Ja, ich habe alles verkauft.« Ich lächle, als ich ihn sehe und er auf mich zukommt, dennoch frage ich mich, was er in der Zwischenzeit gemacht hat.
»Viel Geld habe ich allerdings nicht eingenommen«, seufze ich. »Nicht genügend, um damit große Sprünge in meinen Gummistiefeln zu machen.«
Guy kichert. »Backen und Landwirtschaft haben sehr viel gemeinsam, das ist mir schon aufgefallen – man tut es aus Liebe, denn viel Geld verdienen kann man damit nicht. Ich hole schnell den Wagen.« Er streckt mir die Hand entgegen für die Schlüssel.
Auf dem Rückweg ist er noch ruhiger als sonst.
»Hast du alles erledigen können?«, frage ich und bemerke, wie nahe meine Hand an seinem Oberschenkel liegt, der in einer marineblauen Cordhose steckt. Ich widerstehe dem Drang, ihn zu berühren.
»Ja, habe ich, danke«, erwidert er.
»Wo bist du gewesen?« Ich will zwar nicht in seinem Leben herumschnüffeln, aber nachdem was Fifi vorhin gesagt hat, bin ich neugierig und ein bisschen verwirrt, denn ich hatte das Gefühl, er würde mir mit verschiedenen Signalen zu verstehen geben wollen, dass ich ihm gefalle. Jetzt allerdings frage ich mich, ob ich mich geirrt habe.
»Ich war ein, zwei Sachen einkaufen, um sie morgen Mum mitzubringen, und dann habe ich mich noch mit Ruthie getroffen und ihr mit dem Futter für die Hühner geholfen. Sie hatte schon mal Probleme mit dem Rücken, dann helfe ich ihr aus.«
»Ach so«, sage ich.
Ich merke, dass Guy lächelt.
»Bist du etwa eifersüchtig?«
»Nein, natürlich nicht!«, erwidere ich und umklammere das Lenkrad. Warum sollte ich?
»Wie ist dein Verhältnis zu deinem Exmann? Denkst du je …« Guy räuspert sich und starrt auf die Fahrbahn.
»Du machst dir doch nicht etwa Sorgen wegen meiner Fahrweise?«, frage ich belustigt.
»Doch, ein bisschen«, gibt er zu. »Wenn ich einen neuen Mähdrescher hätte, würde ich ihn dir nicht anvertrauen.«
»Kann ich verstehen.«
»Du hast mir meine Frage noch nicht beantwortet.«
»Welche Frage?«
»Hast du und David …?«
Plötzlich dämmert mir, was er meint.
»Ob ich meinem Mann gegenüber noch Gefühle habe? Jene Art von Gefühlen? Oh, mein Gott, nein!«
Das Getriebe kracht, als ich in den zweiten Gang herunterschalte, um an einem Pferdetransporter vorbeizufahren, der uns entgegenkommt.
»Wir machen es nicht … du weißt schon, der guten alten Zeiten wegen. Nichts in der Art.« Ich werde rot – aber nicht, weil ich daran denke, mit David nach all der Zeit Sex zu haben, sondern mit Guy. Wie komme ich bloß darauf?
»Ich hätte nicht fragen sollen – dein Privatleben geht mich nichts an. Tut mir leid.« Dann merke ich, wie sich der Ton in seiner Stimme ändert. »An sich muss ich mich gar nicht entschuldigen – du warst diejenige, die angefangen hat«, fährt er frotzelnd fort. »Hast du’s eilig, oder können wir kurz anhalten für ein spätes Mittagessen? Das Talymill Inn ist für seine belegten Brote bekannt, und die Eier mit Speck und Pommes frites sind auch nicht schlecht.«
»Ich glaube, ich muss nach Hause. Der Hund ist allein«, sage ich und fange an schallend zu lachen. »Wie höre ich mich denn an? Fehlt nur noch, dass ich für Lucky Hundesoße und ein Jäckchen mit aufgesticktem Monogramm kaufe.«
»Das bezweifle ich«, wirft Guy kichernd ein. »Abgesehen davon, ich kann auch nicht lange bleiben – die Kühe.«
Wir essen im Talymill Inn und schauen dem Wasserrad zu, wie es sich in dem kleinen Bach dreht, der vom Fluss abgeht, und ich fühle mich, trotz meiner Sorgen um Adam, zufrieden.
Der Stand auf dem Markt war ein Erfolg, und meine Freundschaft zu Guy scheint eine andere Ebene erreicht zu haben, die tiefer und ernsthafter ist.
12
Rote-Bete-Schokokuchen
Nach meinem triumphalen Erfolg auf dem Bauernmarkt, lege ich richtig los. Ich buche einen regelmäßigen Stand – was bedeutet, ich bin alle zwei Wochen auf dem Markt. Außerdem beschert mir die Anzeige im Chronicle noch zwei, eher verspätete Bestellungen, doch bin ich mir nicht sicher, wie ich mein Geschäft weiter ausbauen soll. Ich weiß, ich brauche keinen MBA, sondern lediglich Eigeninitiative und gesunden Menschenverstand – und wenn ich ehrlich zu mir bin, eine gute Portion Selbstvertrauen. Ich kann zwar auf Menschen zugehen und auf einem Markt verkaufen und Kostproben verteilen, dennoch treibt mir der Gedanke, in ein Geschäft zu gehen und zu fragen, ob meine Kuchen ins Sortiment aufgenommen werden können,
Weitere Kostenlose Bücher