Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schock

Titel: Schock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter Evan
Vom Netzwerk:
vorüberziehen. Doch dann fielen die Tropfen dichter und regelmäßiger, die versammelte Menge begann nach und nach, Schutz zu suchen. Grace und er blieben, bis es feststand, daß Dr. Chase die Rede nicht halten würde. Dann flüchteten sie mit dem Rest, um in der folgenden Woche aus der Studentenzeitung zu erfahren, daß ungefähr fünfhundert tollkühne Seelen während des ganzen Wolkenbruchs sitzen geblieben waren – Inhaber akademischer Grade, die nicht genug gelernt hatten, um sich in Sicherheit zu bringen, wenn es regnete.
    Ihre Angehörigen waren natürlich bei der Feier zugegen; Buddwing ertrug ihre Anwesenheit nur mit Mühe. Er hatte Dan nie gemocht und würde ihn nie mögen; seine Gegenwart bei einer Gelegenheit, die für Buddwing und Grace so wichtig war, glich fast einem Affront. Graces Vater redete von seinem neuen arabischen Hengst, Graces Mutter fragte Buddwings Mutter, ob sie Bridge spiele und Lust hätte, zu ihrer wöchentlichen Bridgeparty nach Mount Kisco zu kommen. Grace nahm Buddwing zur Seite und flüsterte ihm zu: »Ich möchte nur wissen, wessen Name zuerst genannt wird.«
    »Wie bitte?«
    »Auf dem gemeinsamen Diplom. Alfred oder Lynn?«
    »Wie fühlst du dich?« fragte er.
    »Wie meinst du das?«
    »Gott, nur – wie du dich fühlst?«
    »Dümmlich«, erwiderte Grace. »Und wie fühlst du dich?«
    »Genauso.«
    »Ein exzellentes Gefühl für Leute, die gerade ihr Examen bestanden haben.«
    »Nun, mir ist so, als träten wir jetzt in die Welt hinaus«, sagte er. »Daran wird es liegen.«
    »Ja«, sagte sie mit einem Ernst, der ihn bestürzte.
    Im Sommer 1950 trat Sam Buddwing, oder wer er auch immer sein mochte, in eine Welt hinaus, die New York City hieß, er begann, sich nach einem Beruf umzusehen. Während der Universitätsfeier hatte er erfahren, daß fünfundfünfzig Prozent der Examinanden von New York Kriegsteilnehmer waren und daß ihre Gesamtzahl in der Geschichte der Universität noch nicht zu verzeichnen gewesen war. Er brauchte nur von diesen spektakulären Angaben auf Harvard, Princeton, Rutgers, Yale, auf die Columbia-Universität, auf Fordham, Dartmouth, Cornell, Syracuse, auf jedes größere oder kleinere College in den Vereinigten Staaten zu schließen, um einen exakten Begriff davon zu bekommen, wieviel eifrige junge Inhaber akademischer Grade in diesem Sommer in der größten Stadt der Welt zusammenströmten, um Arbeit zu finden. Es waren die jungen Männer, die die Festung Europa erstürmt hatten, die im Tiefflug von Insel zu Insel über den Pacific gebraust waren und dabei in schlammigen Gräben und dampfenden Dschungeln ihre Kameraden sterben sahen; sie kamen wie eine Invasionsarmee, voll neuerworbener Kenntnisse, die gewaltigste Streitmacht, die sich je in Friedenszeiten gesammelt hatte, um die Bunker und Festungswerke der Madison Avenue zu erobern. Alle besaßen Diplome, die ihnen bestätigten, daß sie die für ein Baccalaureatsexamen erforderlichen Semester hinter sich hatten, alle waren mit Abschriften ihrer Zensuren ausgerüstet, alle trugen ein strahlendes Lächeln zur Schau und befleißigten sich einer gewandten, in Redekursen erlernten Ausdrucksweise. Über das Verhältnis von Angebot und Nachfrage war keiner von ihnen hinreichend aufgeklärt. Keiner von ihnen sah ein, daß Stellungen, die in früheren Zeiten Abiturienten offen gestanden hatten, beim gegenwärtigen Überangebot von Universitätsbildung für Leute, die ein vierjähriges Studium absolviert hatten, eine Ehre darstellten.
    Zwar wußte Buddwing nicht genau, was er wollte, aber ihm war klar, daß er nicht studiert hatte, um als Volontär in eine Bank einzutreten. Er beschäftigte sich allgemach ernstlich mit dem Gedanken, mit Grace nach Paris zu gehen, wo sie in der Tat vom Nichtstun leben, Absinth trinken und sich mit Wermut um den Verstand bringen konnten. Ihren ersten Streit hatten sie an dem Tag, an dem Grace davon sprach, sich einen Job zu suchen, um beide über den Sommer zu bringen – zu weiteren Plänen, ob sie ihr Studium fortsetzen oder nach Europa gingen, bliebe dann immer noch Zeit.
    »Wenn ich schon keinen Job finde, wie zum Teufel stellst du dir dann vor, daß du einen findest?« fragte er.
    »Für mich ist das nur ein Kompromissvorschlag«, sagte Grace. »Schließlich ist es dir bis jetzt nicht gelungen, irgendwo unterzukommen.«
    »Es gelänge mir jeden Tag, wenn du willst, daß ich zum Straßenbau ginge«, erwiderte er.
    »Gott, das will ich natürlich nicht. Aber es würde mir

Weitere Kostenlose Bücher