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Schock

Titel: Schock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter Evan
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auch so schlecht mit den Russen«, sagte Grace.
    »Wieso?«
    »Weil Chruschtschow Jude ist.«
    »Natürlich«, sagte Buddwing. »Ein alter jüdischer Großvater.«
    »Eben. Und Castro ist ein rabbinischer Seminarist. Deshalb verstehen sie sich auch so gut.«
    Buddwing schnickte mit den Fingern. »Hallo, ahnst du, wer noch Jude ist?«
    »Wer denn?«
    »De Gaulle.«
    »Richtig. Und Senator Dirksen.«
    »Genau. Und Bürgermeister Wagner.«
    »Ein ausgesprochener Jude. Und weißt du, wer es nicht ist?«
    »Nun?«
    »Nelson Rockefeller und Barry Goldwater.«
    »Abd el Nasser ist Jude«, sagte Buddwing.
    »Sam Levene und Molly Berg sind keine Juden«, sagte Grace.
    »Nein, das sind Judenimitatoren. Aber Sophia Loren ist Jüdin.«
    »Natürlich doch. Zusammen mit Vittorio de Sica und Marcello Mastroianni. Was das betrifft, ist Italien eine hundertprozentig jüdische Nation.«
    »Nein, hundertprozentig nicht: Gina Lollobrigida ist keine Jüdin.«
    »Und was ist mit Federico Fellini?«
    »Ich nehme an, er ist Halbjude, von Seiten seiner Mutter«, sagte Buddwing, und beide lachten.
    »Philip Roth ist kein Jude«, sagte Grace.
    »J. D. Salinger auch nicht.«
    »Aber weißt du, wer bestimmt Jude ist?«
    »Nun, wer?«
    »James Jones.«
    »Aber natürlich.«
    »Norman Mailer ist keiner.«
    »Sammy Davis jr. und James Baldwin auch nicht.«
    »Ebenso wenig wie Elizabeth Taylor.«
    »Marylin Monroe war Jüdin«, sagte Grace.
    »Ja, aber Arthur Miller ist kein Jude.«
    »Und Frank Sinatra auch nicht.«
    »Aber Pablo Picasso ist ganz entschieden Jude«, sagte Buddwing.
    »Und Pat O'Brien.«
    »Richtig, und Spencer Tracy.«
    »Natürlich, und Jack Paar.«
    »Aber Jonny Carson ist es nicht.«
    »Weder er noch Hugh Downs.«
    »Oder Helen Hayes.«
    »Nie und nimmer! – Aber weißt du«, sagte Grace, »was das betrifft …« Sie hielt mit erschreckter Miene inne, vergrub ihr Gesicht in seine Schulter und fing an zu kichern.
    »Was denn?« fragte er lachend.
    »Nein, nein«, kicherte sie.
    »Nun sag schon, wer ist es?«
    »Ich glaube …«
    »Wer?«
    »Ich glaube, Adolf Hitler war Jude!«
    »Aber natürlich, du hast recht!« Buddwing lachte laut auf. Er hielt sie in den Armen und schüttelte sich vor Vergnügen. Sie kicherte an seiner Schulter.
    »Ach, bitte«, kicherte sie.
    »Ich tue doch gar nichts«, sagte er; sein Magen schmerzte, Tränen rannen über sein Gesicht.
    »Bitte, ich mach' mich noch nass!« ächzte sie. Und dann lachten sie wieder beide.
    »He, paß auf!« rief er lachend und verlor das Gleichgewicht auf dem Stuhl.
    »Du lieber Gott!«
    »He!« rief er, und sie fielen geräuschvoll zu Boden.
    »Oh, ich habe mir den Arm gebrochen!« kicherte sie.
    »Komm, ich küsse ihn dir wieder zusammen«, lachte er, zog ihn an seinen Mund und bedeckte ihn der Länge nach mit kleinen schmatzenden Küssen.
    »Das kitzelt!« schrie sie auf und begann, ihn ihrerseits zu kitzeln, unter den Armen, an den Fußsohlen, quer über den Bauch, bis sie beide ausgelassen lachend auf dem Rücken lagen. Der Regen trommelte sanft gegen die Fensterscheiben. In der engen Küche duftete es nach Kaffee. Das Lachen verflog. Sie seufzte, schloß die Augen, und er legte die Hand auf ihre Brust und fühlte das Pochen ihres Herzens.
    In seinen Augen war sie ein Zauberwesen, das auf magische Art in sein Leben getreten war und es mit strahlendem Licht erfüllte. Selbst wenig erfindungsreich, beteiligte er sich an jedem neuen albernen Spiel, das sie erfand, und spielte es mit dem größten Vergnügen. Er war sogar bereit, sich ihre astrologischen Voraussagen anzuhören; irgendwie schien in jeder ihrer Prophezeiungen ein Körnchen Wahrheit zu stecken. Sooft sie ihre Tabellen studierte und dabei bedenklich den Kopf schüttelte, weil wieder eine Philosophieprüfung zufällig auf einen Tag fiel, an dem Venus und Saturn mit weiß der Teufel was in Konjunktion standen – die Zeichen und Symbole lernte er nie –, fühlte er trotz aller Nüchternheit, daß ihn ein leises Entsetzen beschlich. Er begann zu glauben, eine Art Waldhexe geheiratet zu haben, die in einem riesigen Kessel ein Gebräu aus Fröschen, Fledermäusen und Molchaugen rührte, den Sternen Beschwörungen zuraunend, um für immer jung zu bleiben – jung, begehrenswert und unschuldig.
    Was er jeweils von ihr zu erwarten hatte, wußte er nie. Sie vollführte jeden ihrer Zaubertricks mit der Naivität eines Kindes, wirkte dabei jedoch nie theatralisch oder lächerlich, einerlei, welch alberne Pose oder

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