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Schock

Titel: Schock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter Evan
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Dollar vierundneunzig für eine Flasche Old Grand Dad aus und sechs Dollar achtzig für eine Flasche Black and White. In einer Seitenstraße fand er ein offenes Lebensmittelgeschäft und kaufte zwei große Flaschen Sodawasser für fünfunddreißig Cents, sechs Flaschen Gingerale für die gleiche Summe, eine Tüte Kartoffelchips für neununddreißig Cents, einen Beutel Käsegebäck für neunundzwanzig Cents und eine Dose gesalzene Erdnüsse für neununddreißig Cents. Insgesamt hatte er fünfzehn Dollar und neunundneunzig Cents ausgegeben. Zusammen mit den dreißig Cents, die ihm noch von Glorias fünf Dollar übrig geblieben waren, besaß er noch vier Dollarnoten und einen Penny, alles in allem also vier Dollar und einunddreißig Cents. Er war wieder reich.
    Er blieb an der Straßenecke stehen, die braune Tüte mit den Whiskyflachen im einen Arm, die braune Tüte mit Lebensmitteln im anderen. Ringsum erhoben sich die Gebäude von New York wie eine schlitzäugige Wand. Und hinter dieser Wand wartete die Welt darauf, von ihm erobert zu werden. Mit Grace an seiner Seite würde er alle Tiger in diesen engen Schluchten erlegen. Er würde eine Flasche Whisky leeren und dann seinen Kriegsruf durch die Straßen hallen lassen. Er würde die schwarzgelben Katzen aufscheuchen, sie bei den Schwänzen packen und in übermütigem Triumph über seinem Kopf schwingen. Dann würde er Gloria Osborne unter MO 6-2367 anrufen und ihr sagen, daß er ein Riese war; vielleicht würde er sogar in Izzy's Cafeteria mit ihr ein Siegesfest feiern.
    MO 6-2367.
    Gloria.
    Nein, nein, nicht Gloria, sondern …
    »Du hast keine Schuld«, sagt Dan.
    Es sind die ersten freundlichen Worte, die Dan je zu ihm gesagt hat.
    »Das weiß ich«, erwidert er.
    »Nur, falls du dir Gedanken machen solltest.«
    »Es hat eben falsch angefangen«, sagt er.
    »Du mußt morgen früh anrufen«, sagt Dan. »Sie brauchen genauen Bescheid – wieviel Leute kommen werden, und so weiter.«
    »Ich gehe sowieso hin.«
    »Ich weiß, nur – vielleicht solltest du länger schlafen und dich ausruhen. Schließlich mußt du den ganzen Tag da sein.«
    »Ich wollte eigentlich früh hingehen.«
    »Das ist nicht nötig. Molly und ich sind auf jeden Fall da.«
    »Also gut, dann rufe ich an.«
    »Wenn du nicht willst, daß ich anrufe.«
    »Nein, ich mache das schon.«
    »Immerhin weißt du besser Bescheid als ich. Und die Entscheidung liegt bei dir.«
    »Ja, ich weiß.«
    Sie schweigen lange. Er geht neben Dan und versucht, ihn zu hassen, versucht, irgendwen zu hassen, doch alles Gefühl in ihm scheint erstorben.
    »Weißt du schon, wie du hinkommst?«
    »Was?«
    »Morgen früh.«
    »Ich fahre«, sagt er.
    »Hältst du das für richtig?« fragt Dan.
    »Warum nicht?«
    »Ich wäre beruhigter, wenn du den Zug nähmst.«
    »Ich kann doch fahren.«
    »Ja, aber es kann morgen abend lange dauern, und du wirst müde sein. Nimm den Zug. Ich bringe dich nach Hause.«
    »Gut«, sagt er.
    »Vielleicht sollten wir noch einen Fahrplan besorgen.«
    »Okay.«
    Sie gehen zur Grand Central Station. Am Auskunftsschalter lassen sie sich einen Fahrplan für den Abschnitt Harlem geben. Er steckt ihn in die Innentasche seines Jacketts, ohne einen Blick darauf zu werfen.
    »Du hast die Nummer?« fragt Dan.
    »Ja«, sagt er.
    »Hast sie im Buch notiert?«
    »Ja.«
    »Und das Buch hast du noch?«
    Er beklopfte seine Tasche. »Ja, ich hab's noch.«
    »Und du vergisst nicht, anzurufen?«
    »Nein, das vergesse ich nicht.«
    »Vergisst du es auch wirklich nicht?«
    »Nein, ich vergesse es nicht.«
    MO 6-2367.
    Und wieder, wie schon früh am Morgen, schien es unerhört dringend, die Nummer anzurufen. Im Gehen fing er an, nach einer Bar oder einem Zigarrenladen Ausschau zu halten; es kam ihm immer dringender vor, er ging schneller. Hatte er nicht versprochen, anzurufen? Jedenfalls hatte er sich die Nummer notiert, um den Anruf nicht zu vergessen. Davon abgesehen war er so voller Zukunftspläne, daß er das Gefühl hatte, ihr einen Anruf zu schulden. Nur ein paar Worte – hallo, da bin ich wieder, wie geht es dir? –, die ihr sagten, daß er ihr verziehen hatte. Zum Teufel – daß sie alle Antworten wüsste, hatte er nicht erwarten können. Er würde ihr sagen, daß er stark war und bereit, in den Kampf zu ziehen. Du sollst noch einmal stolz auf mich sein, würde er sagen. Und sie würde ihn anhören, er konnte es sich fast bildhaft vorstellen. Sie würde in ihrem Schlafzimmer stehen, den Hörer ans Ohr

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