Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schock

Titel: Schock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter Evan
Vom Netzwerk:
hoffte nur, daß sie gute Schützen waren – er zog es vor, den Raum nicht als Krüppel zu verlassen. Gleichzeitig hoffte er, der blonde Mann – der sich immerhin während des Spiels recht vernünftig gezeigt hatte – würde auch jetzt vernünftig bleiben. Und während er noch darauf wartete, erschossen oder begnadigt zu werden, kam ihm plötzlich der Gedanke, daß Grace und er nun fünfhundertdreißigtausend Dollar besaßen. Er wischte sich die Schweißperlen von der Oberlippe.
    »Ich kenne ein paar Leute, die man im Fluss gefunden hat«, sagte Harry drohend.
    »Uff, nun hör schon auf mit deinen Leuten, die man im Fluss gefunden hat«, sagte der blonde Mann. Dann wanderten seine Augen wieder zu Buddwing. »Zwei zu null und die Fünfhunderttausend«, sagte er. »Der höchste Wurf.«
    »Nein«, sagte Buddwing.
    »Dann machen Sie also einfach Schluß?« fragte der blonde Mann. »Ohne sich zu verabschieden?«
    »Auf Wiedersehen«, sagte Buddwing und öffnete die Tür.
    »He, Sie Held«, rief der blonde Mann hinter ihm her.
    »Ja?«
    »Lassen Sie sich hier nicht wieder sehen. Weder Sie noch Ihre Freunde!«
    Sie traten ins Treppenhaus hinaus. Hinter ihnen sagte der blonde Mann: »Okay denn. Spielen wir weiter.«

17
    Während der Cadillac wieder südwärts glitt, erfuhr Buddwing Näheres über die drei Leumundszeugen, die ihm in der Wohnung im vierten Stock zu Hilfe gekommen waren. Der stämmige Ire, stellte sich heraus, war ein Chargenspieler an Off-Broadway-Theatern; er hieß Sean Murphy. Er gab ohne weiteres zu, daß die drei Kerle in der Wohnung ihm eine fürchterliche Angst eingeflößt hätten; aber seine Bühnenerfahrung hatte ihm über diese Angst hinweggeholfen, zumal er einst in einer Sommeraufführung von ›Der Versteinerte Wald‹ die Rolle des Alan Squier gespielt und seither einen Begriff davon hatte, wie man mit Leuten wie Duke Mantee umging.
    »Sommertheater ist nicht das wirkliche Leben«, erklärte ihm der Mann mit der randlosen Brille. »Ich bin zufällig Anwalt; und gerade deshalb wußte ich, daß keiner von den Kerlen imstande war, einen Mord zu begehen.«
    »Und woher wußten Sie das?« fragte Murphy.
    »Nun, diese Leute leben vom Spiel; ein Mord hätte ihren Lebensunterhalt gefährdet. Mord ist ein Kapitalverbrechen; Glücksspiel ist nur ein Vergehen.«
    »Und was ist ein Vergehen – eh – entschuldigen Sie, ich habe Ihren Namen nicht verstanden.«
    »Harris, Roger Harris. Ein Vergehen ist – nun, zum Beispiel, wenn man auf den Gehsteig spuckt.«
    »Haben wir uns etwa eines Vergehens schuldig gemacht?« fragte Buddwing. »Indem wir am Spiel teilnahmen?«
    »Sicher«, sagte Harris. »Das ist ja gerade der Kummer mit der Welt von heute. Die Gesetzgebung ist so unrealistisch.«
    »Der Kummer mit der Welt von heute«, sagte Murphy, »ist, daß nicht genug gute Stücke am Broadway aufgeführt werden. Wenn es einem Schauspieler mit seiner Sache ernst ist, muß er sich bei den Off-Broadway-Theatern umsehen. Dann aber zwingt ihn die Notwendigkeit, sein mageres Einkommen aufzubessern, zu Gesetzesübertretungen, und er beteiligt sich an illegalen Glücksspielen, die als solche, wie Sie mir eben erklärt haben, ein Vergehen darstellen. Er legt den ganzen Weg bis Harlem zurück, nur um ein Spiel zu finden, das ihn, wenn er dabei erwischt wird, ohne weiteres …«
    »Und denken Sie nur an alle die armen Farbigen in Harlem«, sagte Grace, »die überhaupt nie eine Broadway-Aufführung zu sehen bekommen.«
    Hank lächelte milde und sagte: »Völlig richtig. Der Kummer mit der Welt von heute ist, daß nicht genug Farbige Broadway-Aufführungen zu sehen kriegen.«
    »Wer will denn überhaupt eine Broadway-Aufführung sehen?« fragte der unrasierte junge Mann. »Wofür zahlt man denn da? Für das Privileg, anderer Leute Neurosen zu beobachten, die gewöhnlich homosexueller Natur und in der Regel schlecht formuliert sind.«
    »Was Sie sagen, klingt, als wären Sie Schriftsteller«, sagte Murphy.
    »Bin ich«, erwiderte der junge Mann.
    »Und wie heißen Sie?«
    »Mike. Und ich meine, gerade weil …«
    »Wissen Sie«, sagte der Fahrer plötzlich, »die Aufführungen der Off-Broadway-Theater sind aber auch nicht immer die besten.«
    »Warum kümmern Sie sich nicht lieber um Ihre Fahrerei?« sagte Murphy ein wenig gereizt.
    »Bin schon dabei; aber sehen Sie sich diesen Verkehr an! Wollen Sie wissen, was wirklich der Kummer mit der Welt von heute ist? Der Zustand unserer Straßen und Autobahnen. Die

Weitere Kostenlose Bücher