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Schock

Titel: Schock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter Evan
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Gesichts, die Sonnenbrille fast so auf der Nasenspitze, wie seine Großmutter ihre Brille getragen hatte, wenn sie am Fenster der Schneiderwerkstatt bei dämmriger Winterbeleuchtung nähte. Er schloß wieder die Augen.
    »Ich bin schon ganz voll Haar«, sagte sie.
    »Was meinst du?«
    »Oh, das juckt.«
    Er drehte den Kopf und sah sie an. Die Hügel ihrer Brüste in dem schmalen Oberteil waren mit abgeschnittenen Haaren schraffiert. Sie wischte sie mit der flachen Hand weg, griff dann in das Oberteil und wand sich; ihr Gesicht verzog sich zu einer Grimasse.
    »Du hast das ungemütlichste Haar, das es gibt«, sagte sie. »Außerdem klebt es am Sonnenöl fest.«
    »Kann ich dir helfen?« fragte er.
    »Danke, ich schaffe es schon«, sagte sie. »Gott, das ist einfach überall.«
    »Könntest du mich nicht auch noch rasieren und maniküren? Damit wir nicht ganz umsonst hier herumsitzen?«
    »Halt den Mund und sitz still«, sagte sie. »Wirklich, es tut mir schon leid, daß ich damit angefangen habe.«
    Und wieder begann die Schere zu klicken. »Gib auf die Läuse acht«, sagte er grinsend.
    »Das tue ich schon.«
    »Ich möchte nicht, daß du sie störst.«
    »Nein, das weiß ich.«
    »Sie leisten mir schon so lange Gesellschaft. Ich fange an …«
    »Wirst du bitte Ruhe geben? Ich versuche mich zu konzentrieren.«
    »Was macht das Haar? Fällt es immer noch da hinein?«
    »Wo es hineinfällt, geht dich nichts an«, sagte sie.
    »Solche Sorgen hat der Barbier, zu dem ich gewöhnlich gehe, nicht«, sagte er.
    »Das will ich hoffen. Was ist das, was hier hinten hochsteht?«
    »Hinten?«
    »Werde nicht anzüglich. Mußt du immer an unanständige Dinge denken?«
    »Wenn es hinten ist, kann es sich nur um einen Wirbel handeln.«
    »Ich wußte nicht, daß du einen Wirbel hast.«
    »Ich habe alle möglichen Dinge, von denen du nichts weißt.«
    »Ja, ja, ich lerne es mit der Zeit«, sagte sie. »Oh, zum Teufel!«
    »Was ist?«
    »Ich habe hier ein bißchen zu viel abgeschnitten.«
    »Ach du lieber …«
    »Nein, es geht schon. Nur ein bißchen zu viel.«
    »Wie lange dauert dieser Haarschnitt noch?«
    »Warum?«
    »Ich glaube, es kommen Wolken auf.«
    »Wolken waren schon da, als wir kamen«, sagte sie.
    »Nein, wirklich, Grace, ich glaube, es fängt an zu regnen.«
    Sie waren aus der Pferdedroschke ausgestiegen und gingen zu Fuß die Fifth Avenue hinab; da traf ihn der erste Tropfen ins Auge wie ein geschleudertes Ei.
    »Es fängt an zu regnen«, sagte er; und dann riß der Himmel wie ein riesiger Wassersack, der längs seiner schwächsten Naht aufplatzt und sich seines Inhalts in einer plötzlichen Sintflut entledigt, die ohne jedes Warnzeichen über sie hereinbrach. Sie fingen an zu rennen. Sie rannten, blind, denn die Sintflut war überall, und ihre Plötzlichkeit hatte sie in eine Art Schockzustand versetzt, der sie jeder vernünftigen Überlegung beraubte und ihnen nur den Instinkt ließ. Er packte ihren Ellenbogen und versuchte, sie in eine Richtung zu steuern, doch sie schrie auf und wandte sich in die Gegenrichtung, kichernd vor Panik; dann griff er ihre Hand und zog sie zu sich, beide glitten auf dem plötzlich glitschigen Pflaster beinahe aus, umarmten sich, um das Gleichgewicht zu wahren, und rannten dann mit eingezogenen Köpfen – sie hielt die Handtasche wie einen Schirm über den Kopf, er zerrte an ihrer Hand und suchte nach einem Vordach oder einer Toreinfahrt, nach irgendeinem Schutz vor diesem Unwetter, dessen wütender Ausbruch sie wegzuschwemmen drohte.
    »Hierher«, rief er. »Dorthin!« Und sie rief zurück: »Wohin?« Und er schrie: »Hierher!« Und sie rannten die glatten, breiten, flachen Stufen einer grauen Kirche hinauf; an einer der Stufen verfing sich ihr Absatz, sie schlug hin, im Fall nur von seinem Arm aufgehalten. Ringsum peitschte der Regen, als er ihr aufzuhelfen versuchte. Einer ihrer Strümpfe war aufgerissen vom Absatz bis zu gerippten Kante. Er faßte sie um die Mitte, zog sie auf die Füße; sie immer noch auf die gleiche Art stützend, führte er sie, halb zerrte er sie zum offenen gewölbten Portal der Kirche und in die dämmerige Vorhalle; das Weihwasserbecken war das erste, was er darin sah.
    »Himmel«, sagte sie, »was für ein Guss! Wo kommt das nur her?«
    »Alles in Ordnung?«
    »Mein Bein tut weh«, sagte sie. »Morgen früh ist es wahrscheinlich grün und blau.« Sie zog den Rock hoch und sagte: »Zum Teufel, auch das noch! Ein neues Paar Nylons.« Erst danach schien sie

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