Schock
rochen nach Fabrik, die Politur noch ohne Kratzer, die Bezüge noch ohne Flecken; daß sie die Packverschläge abgenommen hatten, war kaum eine Woche her. Unter dem gespaltenen Ende seines Hammers war das Holz gesplittert, als er die widerspenstig quietschenden Nägel herauszog. Auch die Frau an seiner Seite auf dem Couchbett war makellos und neu, in durchsichtigem Nachthemd, wie es sich gehörte, mit ordentlich frisiertem Haar, Augen, die ihn in jungfräulicher Erwartung anblickten. Gewiß, sie hatten sich schon berührt, sich noch öfter geküßt, doch noch kannten sie einander nicht; nun würden sie einander erforschen. Jedenfalls glaubten sie es. Im Vorgeschmack der Paarung, die folgen würde, bewegten sie zwei unabhängige Weltsysteme aufeinander zu und hofften auf Zusammenprall und Erkenntnis. Aspekte. Die nebeneinander herlaufenden Dialoge, über die er mit Jesse diskutiert hatte, der egozentrische Redner, der taube Zuhörer.
Er roch den feinen Duft ihres Haares, den Duft verschleierter Geheimnisse und erotischer Verwicklungen; sie spürte das schwache Aroma männlichen Schweißes – es erinnerte sie an die Arme ihres Vaters, wenn er sie zu dem klapprigen Chevrolet hinübertrug. Er fühlte ihr weiches blondes Haar und die papierdünne Kopfhaut darunter, zwischen seinen Händen, sie spürte die sprossenden Stoppeln in seinem Gesicht, fragte sich, wie es wohl sein mochte, wenn man sich rasieren mußte, und seine Hände in ihrem Haar waren sanft.
Ein Apfel ist eine Orange.
Sie wußte um seinen Kuß, er wußte um ihren Kuß. Sein Mund lag, wie er glaubte, sanft auf dem ihren, empfangen von scheuen, weichen, leise fragenden Lippen. Sie empfand ihren eigenen Mund als gefräßig und schmal; es drängte sie, in seine Zunge zu beißen, und seine Lippen pressten sich seltsam rau auf die ihren; an seinem Mund war nichts Sanftes. Er berührte ihre Brüste, ihre Brustwarzen – er hatte sie schon vorher berührt –, doch in der geübten Bewegung seiner Hände war für ihn nichts von Erotik. Er wußte, daß die Warzen sich dabei runzelten, und seine Hände arbeiteten, ein Ritual der Wiederholung, Kundschafter im Dienste eines gelangweilten, selbstsicheren Soldgebers. Meine Brüste erregen ihn, dachte sie; und das Bild des tobenden, raubgierigen Manntieres, das, unfähig, seine Hände im Zaum zu halten, ihr die Bluse und den Büstenhalter herunterriss und ihre Brustwarzen quälte, wurde zum erotischen Stimulans, das sich vielleicht auch auf ihn übertrug – er entdeckte, daß er selbst in Erregung geriet. Er drängte sich an sie, faßte ihre Brust mit den Lippen, bewegte die Warze mit suchender Zunge. Das Gefühl der Erektion war für sie nur eine Erfahrung außerhalb ihrer selbst, etwas, das sich weich schwellend gegen ihren Schenkel preßte; von dem inneren Wallen und rastlosen Beben, von der halbbewußten Erwartung, dem Hinfluten aller Leidenschaften auf einen einzelnen, sich dehnenden, entblößten, sensitiv wartenden Körperteil wußte sie nichts. Sie spürte nur seine Zähne an ihren Brüsten, erst an der einen, dann an der anderen, und während seine Zunge nur ein plötzliches Verhärten wahrnahm, erlebte sie jenes Gefühl des Schwellens, als müßten ihre Brüste die sich dehnende purpurne Haut sprengen und in seinen Mund eindringen; jenes suchende, gestraffte Teil an ihrem Schenkel, in dem sich seine gesamte Leidenschaft ballte, nahm sie nur unbestimmt wahr. Sie griff nach ihm, mehr zufällige Reaktion als Gegenattacke, und doch erregte ihr Griff ihn bis zur Besinnungslosigkeit; in diesem Moment wurde sie für ihn zu jener fiktiven Heroine, die jedem männlichen Amerikaner von der Stunde seiner Geburt an einsuggeriert wird, zum leidenschaftlich aggressiven Weibchen, von der bevorstehenden Berührung, vom Anblick eines jeden Mannes entflammt, zur unersättlichen Nymphomanin. Möglich, daß etwas davon in ihr steckte – zumindest das Wissen, daß ihre suchende Hand dieses warme, lebendige, schwellende Glied umfing; gewiß, dieses Wissen erregte sie, kroch elektrisierend wie in gewundenen Bahnen auf ihre Scham zu und verwandelte sich dort in ein vages, unbestimmtes Drängen. Doch die Gewissheit, daß sie jetzt über dieses pulsierende Glied gebot, daß sie es ins Unermessliche wachsen lassen und es sich gierig zu eigen machen konnte, daß es, nur weil sie es wollte, zu einem geschlossenen, intim besessenen Teil ihrer selbst werden konnte, erregte sie noch mehr. Er spürte nur, daß ihre Hand fester zugriff;
Weitere Kostenlose Bücher