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Schockstarre

Schockstarre

Titel: Schockstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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Das gab ihr Auftrieb. Sie sammelte sich, streckte die Hand aus, die Finger angewinkelt wie eine Baggerschaufel. Griff unter die Mechanik, ruckte mit dem Arm und löste den Türgriff.
    Gegen die geöffnete Tür gelehnt würgte sie und erbrach sich, traf den vorderen Reifen. Die Anstrengung trieb ihr die Tränen in die Augen. Sie sank auf den Fahrersitz. Schlug die Tür zu, steckte den Zündschlüssel ins Schloss, drehte, der Motor sprang an. Das satte Geräusch beruhigte sie. Sie stellte die Heizung auf Höchststufe, legte die Hand auf den Schaltknüppel. Auf dem Beifahrersitz lag ihr Rucksack. Sie kippte ihn aus. Alles war da. Auch das Handy. Eingeschaltet.
    Katinka gab Gas, ließ die Kupplung kommen. Rubbelte sich beim Anfahren ein Guckloch in die beschlagene Scheibe. Fuhr einfach los, in irgendeine Richtung, aus Gewohnheit nahm sie den Weg zum Flugplatz hinauf, vorbei am Festungshof , sie dachte nicht an ein warmes Zimmer dort oben, sie dachte an nichts, nur ans Fahren.
    Der Wagen kletterte gehorsam den Berg hinauf. Ab und zu drückte eine Windbö das Auto in die Straßenmitte. Niemand kam ihr entgegen. Oben beim Windsack hielt sie. Der Wind heulte, als sie die Tür öffnete und sich durch den Spalt erbrach. Sich schüttelnd vor Kälte knallte sie die Tür wieder zu und fuhr weiter. Der Schnee auf der Ebene war eine einzige eisige, glänzende Fläche. Sie bog scharf rechts ab und kam durch ein Dorf. Die Häuser lagen dunkel, wenige Lichter schickten Wärme in die Nacht. Sie bog auf gut Glück ab, ließ den Wagen einen steilen Berg hinunterrollen. Landete in einem Wald. Die Bäume wanden sich und neigten ihre Kronen von beiden Seiten weit über die Straße, zogen sich knarrend und knackend wieder zurück. Dramatische Schatten tanzten vor den Scheinwerfern. Mit zunehmender Wärme kamen die Hammerschläge in Katinkas Hinterkopf zurück. Konzentriert blinzelte sie die störenden Farbreflexe vor ihren Augen weg, spähte durch sie hindurch. Sie kam in ein neues Dorf und las mit Mühe das Ortsschild. Seidmannsdorf .
    Es mochte an ihrem außerordentlich guten Orientierungssinn liegen. Wo sie einmal gewesen war, dorthin fand sie zurück. Es mochte auch Glück sein oder Zufall oder die Barmherzigkeit eines Gottes dort draußen im kalten All. Als sie den Schlüssel umdrehte, der Motor erstarb und die Stille in ihren Ohren dröhnte, sah sie vor sich Lehmanns Hütte, und ein Stück links die Karpfenteiche.
    Keuchend vor Anstrengung stopfte sie ihre Siebensachen wieder in den Rucksack. Sie stieg aus, schwankte im Wind, dachte an den Holzofen in der Hütte. Das Schloss bekam sie trotz ihrer zitternden Finger mit Leichtigkeit auf. Übung macht eben doch den Meister, dachte sie, während sie den Dietrich wieder in den Rucksack rutschen ließ.
    Drinnen war es kalt. Kälter beinahe als draußen. Katinka drückte auf den Lichtschalter. Nichts. Schwärze. Sie hörte ihren eigenen Atem. Ein Schnauben und Schnaufen wie von einem Motor, der sich anschickte, in seine Bestandteile zu zerfallen. Da gab es einen Sicherungskasten. Katinka wühlte in ihrem Rucksack nach der Taschenlampe. Fand sie, schaltete sie ein, ließ dabei den Rucksack fallen. Sie entdeckte den Kasten, identifizierte den Hauptschalter, legte ihn um. Licht flammte auf, warmes, gelbes Licht. Weinend vor Erleichterung stellte Katinka ihre Taschenlampe auf den Tisch an der Seite. Sie hockte sich vor den Holzofen, war aber nicht imstande, ihn anzuschüren. Sie schwankte zum Sofa, griff nach einer Decke, rollte sich zusammen wie ein Igel und gab sich einer samtenen Dunkelheit hin, die Schlaf sein konnte oder Ohnmacht oder auch beides.
     
    Das Handy klingelte mehrere Male. Irgendwann bohrte es sich durch ihr Bewusstsein, sie tastete nach ihrem Rucksack, über den Boden kriechend, fühlte Splittsteinchen, Staub und endlich das Telefon.
    »Hallo?«
    Sie hoffte, dass es Tom war. Gerade fiel ihr ein, dass es ja Tom gab.
    »Palfy?«
    Nicht Tom. Ein anderer. Ein Vertreter der Zunft, mit der sie momentan nicht so gut stand.
    »Palfy, sind Sie dran?«
    »Ja«, flüsterte Katinka. »Hardo. Was wollen Sie.«
    »Was ist los! Ich versuche seit Stunden, Sie zu erreichen. Ihren Freund kriege ich auch nicht an die Strippe, weder bei Ihnen zu Hause noch am Handy.«
    Katinkas Hand bebte vom Gewicht des Telefons.
    »Wir haben einige Arbeitsergebnisse in Sachen K.o.-Tropfen. Wo sind Sie denn!«
    »Ich bin«, begann Katinka und ließ den Kopf auf den Rucksack sinken. Ihr Magen hob sich, wölbte

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