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Schockstarre

Schockstarre

Titel: Schockstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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unerwartet und gab in wenigen Augenblicken einen dunklen, sternklaren Nachthimmel über ihnen frei. Tief unten hielten sich die Schwaden und schwappten einem behäbigen Ozean gleich gegen die Burgmauern.
    »Sie hätten mich in Ruhe lassen können!«, schrie Thurid schrill. »Warum haben Sie mir hinterherspioniert?«
    Die Stimme war nah, sehr nah. Fatalistische Entschlossenheit schwang da mit.
    »Thurid, geben Sie auf«, das war Hardos Stimme von weit weg. »Die Burg ist umstellt.«
    Katinka ließ den Blick über den vom Nebel mit einem Mal wie leergefegten Burghof schweifen. Und dann sah sie Thurid. Sie rannte vom hinteren Ende der Bastei weg in Richtung des Gästehauses und verschwand.
    »Vorsicht!«, brüllte Katinka, so laut sie konnte. »Sie ist beim Gästehaus. An der Treppe!«
    Ein Schuss dröhnte, noch einer. Dann hörte sie Schillings Stimme:
    »Polizei! Thurid, kommen Sie aus Ihrem Versteck. Werfen Sie die Waffe weg. Halten Sie die Hände über den Kopf.«
    Katinka verließ das Wachtürmchen und schlich sich von Kanone zu Kanone an der Mauer entlang, immer in Deckung gehend hinter den dicken Speichen der Karren, auf denen die Rohre in Position gegangen waren und auf Lunten warteten, die nie mehr kommen würden.
    Sie richtete sich ein Stück auf und spähte durch den Burghof. Die Beleuchtung reichte nicht, sie war zu düster, zu gelb und warf zu viele Schatten.
    »Katinka, Deckung!«
    Ein Schuss peitschte an Katinka vorbei, in gutem Abstand, aber der Knall reichte, um all ihre Muskeln in Anspannung zu versetzen. Es folgten viele Schüsse hintereinander. Sie hörte Schilling etwas rufen, was sie nicht verstand, und dann entwand sich dem Chaos ein Schrei, angsterfüllt und gleichzeitig erstaunt, heiter fast. Katinka sprang auf und raste gebückt zur Kapelle hinüber. Eine Kugel jagte über den Hof. Katinka hörte eine Scheibe klirren. Sie starrte in die Richtung, aus der der Schuss abgegeben worden war. Thurid musste sich genau auf der gegenüberliegenden Seite verschanzt haben, hinter der Mauer des Treppenaufgangs, die neben dem Gästehaus auf die Bastei führte.
    Katinka vernahm ein Stöhnen.
    »Bleiben Sie in Deckung, Frau Palfy!«, schrie Schilling.
    Katinka hörte ihn kaum. Das MEK konnte unmöglich schon da sein. Eine Handvoll Profis sollte es schaffen, eine ungeübte Zufallsschützin wie Thurid im Nu einzukreisen und unschädlich zu machen. Schilling bluffte. Katinka sah Hardo unten ein gutes Stück neben dem Brunnen liegen, die eine Hand auf seine Brust gedrückt, mit der anderen verzweifelt nach seiner Waffe suchend.
    »Hardo!«
    Wie unter dem Vergrößerungsglas sah Katinka seine Hand über das nasse Kopfsteinpflaster tasten.
    »Schilling!«, schrie sie in die Nacht. »Geben Sie mir Feuerschutz.«
    »Machen Sie das nicht!«, kam es von Schilling, von irgendwo, aber Katinka hörte nicht auf ihn. Sie gab mehrere Schüsse in die Richtung ab, in der sie Thurid vermutete, hechtete die Treppe hinunter und robbte hinter den Brunnen in Deckung. Zwei Schüsse gingen ins Leere, irgendwo weit über ihr. Sie ist nicht gut im Zielen, dachte Katinka. Sonst hätte sie mich längst erwischt.
    »Hardo«, rief sie gedämpft. »Hardo, ich hole sie rüber.«
    »Katinka, nicht«, keuchte er. Er hob den Kopf, ließ ihn aber sofort wieder sinken. Katinka sah, wie er um Atem rang, hob die Waffe und kam aus ihrer Deckung. Schilling schien sie zu sehen, denn sie hörte Schüsse vom Ausgang her. Sie erreichte Hardo, bevor der erste Schuss aus Thurids Richtung kam. Das Projektil raste vorbei. Katinka drückte ab. In diesem Augenblick hätte sie Thurid erschossen, wenn sie sie vor sich gesehen hätte. Sie hätte nicht auf die Beine gezielt, und sie wusste es. Das machte ihr Angst und gab ihr zugleich Kraft.
    Die Pistole klickte.
    Ich habe nicht mitgezählt, dachte Katinka. Ich Kanaille habe nicht mitgezählt. Ein Gefühl von Unwirklichkeit überwältigte sie. Sie taumelte durch einen Alptraum, durch einen von der Art, in dem man rannte und rannte bis es einem die Lungen zerriss, ohne auch nur einen Zentimeter vorwärts zu kommen. Aber sie war eines nicht: hilflos. Noch konnte sie handeln.
    Sie warf sich über Hardo und angelte nach seiner Waffe.
    »Katinka«, flüsterte er kaum hörbar. »Gehen Sie weg. Gehen Sie … in Deckung.«
    »Sie kommen mit«, gab sie zurück und packte ihn unter den Armen. Er kam auf die Knie, kroch ein Stück und brach zusammen. Katinka zielte mit seiner Pistole in Thurids Richtung. Er keuchte, sie sah

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