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Schockwelle

Schockwelle

Titel: Schockwelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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Horizont.
    Das helle Mondlicht fiel auf ihre Augen, die jetzt dunkler und schwermütiger wirkten. »Die letzten drei Generationen der Dorsetts haben sich nicht gerade durch Tugendhaftigkeit hervorgetan.«
    »Deine Mutter hieß Irene.«
    Maeve nickte schweigend.
    »Wie ist sie gestorben?« fragte Pitt sanft.
    »Gestorben wäre sie sowieso, weil ihr die ständigen Boshaftigkeiten, die ihr der Mann zufügte, den sie abgöttisch liebte, das Herz gebrochen haben. Aber als sie mit meinem Vater auf den Klippen spazierenging, ist sie ausgerutscht und in die Brandung hinuntergestürzt.« Ihr zartes Gesicht war jetzt haßerfüllt. »Er hat sie geschubst«, sagte sie mit kalter Stimme.
    »Mein Vater hat sie in den Tod gestoßen. Das ist so sicher, wie es Sterne am Himmel gibt.«
    Pitt hielt sie fest und spürte, wie sie erschauerte. »Erzähl mir von deinen Schwestern«, sagte er, um das Thema zu wechseln.
    Der haßerfüllte Ausdruck verschwand, und ihr Gesicht wirkte wieder zart und empfindsam. »Da gibt’s nicht viel zu erzählen.
    Ich stand den beiden nie besonders nahe. Deirdre war die Hinterlistige. Wenn ich etwas hatte, das sie unbedingt haben wollte, hat sie es einfach gestohlen und so getan, als hätte es ihr schon immer gehört. Deirdre war Papas Liebling. Ihr galt fast seine ganze Aufmerksamkeit. Vermutlich erkannte er, daß er es mit einer Gleichgesinnten zu tun hat. Deirdre lebt in einer Phantasiewelt, die sie sich selbst zusammengesponnen hat. Sie kann nicht bei der Wahrheit bleiben, selbst wenn es keinen Grund gibt zu lügen.«
    »War sie mal verheiratet?«
    »Einmal. Mit einem Profifußballer, der geglaubt hat, er hätte ausgesorgt und könnte bis ans Ende seiner Tage in Saus und Braus leben. Leider fiel er von einer Jacht der Familie, als er sich scheiden lassen wollte und eine Abfindung verlangte, die in etwa dem Staatshaushalt von Australien entsprach. Seine Leiche wurde nie gefunden.«
    »Man sollte sich von den Dorsetts nicht zu einem Segeltörn einladen lassen«, meinte Pitt mit ätzendem Unterton.
    »Ich darf gar nicht an all die Menschen denken, die Vater beseitigt hat, weil sie ihm seiner Meinung nach im Weg waren.«
    »Und Boudicca?«
    »Die habe ich eigentlich nie richtig gekannt«, sagte sie reserviert.
    »Boudicca ist elf Jahre älter als ich. Kurz nach meiner Geburt hat Papa sie auf ein exklusives Internat geschickt – jedenfalls hat man mir das immer erzählt. Es klingt komisch, wenn ich sage, daß mir meine Schwester absolut fremd war. Ich war fast zehn Jahre alt, als ich ihr zum erstenmal begegnet bin. Im Grunde genommen weiß ich nur, daß sie scharf auf gutaussehende junge Männer ist. Papa paßt das ganz und gar nicht, aber er unternimmt herzlich wenig gegen ihr Herumvögeln.«
    »Sie ist eine starke Frau.«
    »Ich habe mal erlebt, wie sie Papa niedergerungen hat, als er betrunken herumrandalierte und auf unsere Mutter einschlagen wollte.«
    »Komisch, daß sie alle so eine mörderische Abneigung gegen das einzige Mitglied der Familie hegen, das liebevoll und anständig ist.«
    »Papa konnte sich nicht damit abfinden, daß ich auf eigenen Beinen stehen wollte, nachdem ich von der Insel geflüchtet war, wo meine Schwestern und ich nach dem Tod unserer Mutter praktisch wie Gefangene gehalten wurden. Daß ich mein Studium selbst finanziert habe, ohne auf das Familienvermögen zurückzugreifen, hat ihn geärgert. Und dann hab’ ich auch noch mit einem Jungen zusammengelebt, wurde schwanger und entschied mich gegen eine Abtreibung, nachdem der Arzt mir gesagt hatte, daß ich Zwillinge bekäme. Als ich mich geweigert habe, den Jungen zu heiraten, haben Papa und meine Schwestern sämtliche Verbindungen zwischen mir und dem Dorsettschen Familienbesitz gekappt. Es klingt alles so aberwitzig, und ich kann’s auch nicht erklären. Ich habe von Rechts wegen den Namen meiner Urururgroßmmutter angenommen, habe mein Leben selbst gestaltet und war froh, daß ich diese gestörte Familie los war.«
    Man hatte ihr übel mitgespielt, ohne daß sie irgendeinen Einfluß darauf gehabt hätte, und Pitt bedauerte sie deswegen, hatte aber zugleich Hochachtung vor ihrer inneren Kraft. Maeve war eine liebevolle Frau. Er schaute in ihre arglosen blauen Kinderaugen und gelobte sich, daß er Himmel und Hölle in Bewegung setzen würde, um sie zu retten.
    Er wollte etwas sagen, aber plötzlich entdeckte er mitten in der Dunkelheit einen schäumenden Wellenkamm und sah dann die gewaltige Woge, die sich quer über den

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