Schockwelle
rate ich der NUMA, einen Reflektor, ähnlich einer Satellitenschüssel, zu konstruieren, ihn am Konvergenzpunkt im Meer zu versenken und die akustischen Wellen von Honolulu abzuleiten.«
Sandecker ließ sich keinerlei Gefühlsregung anmerken, doch sein Herz schlug einen Takt schneller. Des Rätsels Lösung war geradezu lächerlich einfach. Klar, das Projekt würde sich nicht leicht verwirklichen lassen, aber es
war
machbar.
»Angenommen, die NUMA kann eine Reflektorschüssel recht zeitig herstellen und einsetzen«, fragte er Ames. »Wohin sollen die Schallwellen denn abgeleitet werden?«
Ames verzog das Gesicht zu einem listigen Lächeln. »Am ehesten böte sich ein unbewohnter Teil des Ozeans an. Sagen wir mal, im Süden, in der Antarktis. Aber nachdem die Energie nachläßt, je weiter die Schallwellen sich fortpflanzen – warum schicken Sie sie nicht einfach zum Ausgangspunkt zurück?«
»Die Dorsettsche Mine auf Gladiator Island«, sagte Sandecker, der seine Begeisterung nur mühsam unterdrücken konnte.
Ames nickte. »Keine schlechte Wahl. Die Schallwellen dürften nach der langen Strecke nicht mehr so stark sein, daß sie Menschen töten können. Aber sie sollten den Betroffenen eine Heidenangst einjagen und ihnen höllische Kopfschmerzen bereiten.«
38
Ende der Fahnenstange, dachte Pitt verbittert. Sie hatten alles Menschenmögliche getan, sich tapfer gehalten und mehr geleistet, als man erwarten konnte. Aber jetzt war Schluß mit der Mühsal, sosehr sich auch jeder einzelne von ihnen danach sehnen mochte weiterzuleben, aber für sie gab es keine Liebe, Lust und Freude mehr.
Sie würden als Fischfutter enden, und danach würden ihre jämmerlichen Überreste tausend Faden tief auf den trostlosen Grund des Meeres sinken. Maeve würde ihre Söhne nie wieder sehen, Pitt von seinen Eltern und seinen zahlreichen Freunden bei der NUMA betrauert werden. Der Gedenkfeier für Giordino, dachte Pitt mit einem letzten Funken Humor, würde vermutlich eine eindrucksvolle Anzahl trauernder Frauen beiwohnen, die samt und sonders als Schönheitsköniginnen auftreten könnten.
Das kleine Boot, das sie trotz aller Unbilden so weit getragen hatte, löste sich buchstäblich in seine Einzelteile auf. Der Riß im Fiberglasboden wurde mit jeder weiteren Welle, die sie abritten, ein Stück länger. Die Schwimmkörper würden sie über Wasser halten, aber wenn der Bootsrumpf endgültig barst und auseinanderbrach, würden sie alle im Wasser landen, hilflos an den Wrackteilen hängen und von den stets gegenwärtigen Haien angefallen werden.
Im Augenblick war die See einigermaßen ruhig. Die Wellen waren vom Kamm bis zum Tal nicht höher als einen Meter.
Aber wenn das Wetter plötzlich wieder umschlug und die See aufgewühlt wurde, dann hatten sie nicht mehr nur den Tod vor Augen. Diesmal würde sie der alte Mann mit der Sense rasch und ohne Zögern holen.
Pitt war über das Ruder am Heck gebeugt und horchte auf das mittlerweile vertraute Scharren und Platschen des Schöpfgefäßes.
Die leuchtendgrünen Augen, die jetzt wund und geschwollen waren, suchten den Horizont ab, während die Sonnenscheibe orangegolden schimmernd aus dem Meer stieg und dann flammendgelb aufleuchtete. Er hielt Ausschau, hoffte wider jede Vernunft, daß irgendwo inmitten der Wasserfläche, die sie umgab, ein Stück Land aufragen möge. Doch vergebens. Kein Schiff, kein Flugzeug und auch keine Insel tauchten auf. Von ein paar kleinen Wolken abgesehen, die etwa zwanzig Kilometer entfernt gen Südosten trieben, war die Welt so leer und verlassen wie die Ebenen des Mars, das Boot kaum mehr als eine Stecknadel inmitten der endlosen Weite der See.
Hunger brauchten sie nicht mehr zu leiden, nachdem sie genug Fische gefangen hatten, um eine Sushi-Bar zu eröffnen.
Ihre Wasservorräte reichten, wenn sie sorgsam damit umgingen, mindestens noch sechs, sieben Tage. Aber die Müdigkeit machte ihnen zunehmend zu schaffen, da sie wegen des ständigen Schöpfens kaum mehr zum Schlafen kamen. Jede einzelne Stunde war eine Qual. Da sie weder eine Schüssel noch eine Flasche übrig hatten, mußten sie das eindringende Wasser mit bloßen Händen schöpfen, bis Pitt den wasserdichten Beutel, in dem er seine Notfallausrüstung an den Dorsetts vorbei-geschmuggelt hatte, zu einem Behelfsgefäß umfunktionierte.
Nachdem er zwei Schraubenschlüssel daran befestigt hatte, so daß eine Art Napf entstand, konnte man damit einen Liter Seewasser auf einmal hinausschöpfen.
Zuerst
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