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Schockwelle

Schockwelle

Titel: Schockwelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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wohin er sich wenden mußte. Er kannte sich aus. Vielleicht, aber nur vielleicht, flog er gerade von einer Insel zur anderen. Pitt war davon überzeugt, daß er von oben etwas sah, was die erbärmlichen Menschenwesen von unten nicht erkennen konnten.
    Er rutschte zur Steuerkonsole, zog sich daran hoch und hielt sich mit beiden Händen fest, damit er nicht über Bord geworfen wurde. Wieder blinzelte er mit verschwollenen Augen in Richtung Südosten. Nur zu vertraut war ihm mittlerweile der Anblick der Wolken am Horizont, die wie aus dem Meer aufragendes Land wirkten. Inzwischen war er an die Wattebäusche gewohnt, die weit draußen auf der See vorbeizogen, wegen ihrer unregelmäßigen Form und der dunklen Färbung falsche Hoffnungen weckten, ehe sie unter dem Wind ihr Aussehen veränderten und gen Westen davongetrieben wurden.
    Diesmal war es anders. Dort, am Horizont, stand eine einzelne Wolke, die sich nicht von der Stelle rührte, während die anderen vorbeizogen. Schwerelos, kaum wahrnehmbar hing sie über der See. Aber nirgendwo war ein grüner Streifen, ein Anzeichen von Vegetation. Und dann wurde Pitt klar, daß er gar keine Insel sah, sondern nur den Dunst, der aus dem sonnendurchglühten Sand aufstieg und in den kälteren Luftschichten kondensierte.
    Pitts Freude und Begeisterung verflogen, als ihm klar wurde, daß die Insel mindestens noch fünf Stunden entfernt war. Nicht einmal wenn sie das Segel wieder aufzogen, konnten sie sie erreichen, weil dann das Wasser wieder ungehindert ins Boot schießen würde.
    Dann aber schöpfte er neue Hoffnung. Er erkannte, daß es sich nicht um einen unterseeischen Vulkan handelte, der sich im Laufe von Millionen Jahren aus dem Meer erhoben hatte und an dessen Schrunden und Hängen üppig grüner Pflanzenwuchs gedieh. Das hier war ein flaches Felseneiland, auf dem es ein paar unscheinbare Bäume gab, die auch in diesen südlichen Breitengraden, fernab der Tropen, überleben konnten.
    Die Bäume, das war jetzt deutlich zu erkennen, standen dicht gedrängt in kleinen, sandgefüllten Kuhlen inmitten von Felsen.
    Und jetzt wurde Pitt klar, daß die Insel viel näher war, als er zuerst angenommen hatte. Sie war allenfalls acht, neun Kilometer entfernt, und durch die Baumwipfel wirkte sie wie ein zerfledderter Lappen am Horizont.
    Pitt bestimmte die Position der Insel und stellte fest, daß sie genau auf dem Kurs lag, den der Kea eingeschlagen hatte.
    Danach überprüfte er Windrichtung und Abdrift und erkannte, daß die Strömung sie an der Nordspitze vorbeitragen würde. Sie mußten weiter nach Südosten halten, mehr nach Steuerbord, genau wie Maeve in ihrem Dämmerzustand gesagt hatte.
    »Unser Mädel hat einen Orden verdient!« rief Pitt. »Wir haben Land in Sicht.«
    Maeve und Giordino richteten sich mühsam auf, hielten sich an Pitt fest und richteten den Blick in die Ferne. »Das ist keine Fata Morgana«, sagte Giordino mit einem breiten Grinsen.
    »Ich hab’ dir doch gesagt, daß uns der Kea sicher zum nächsten Hafen geleitet«, flüsterte Maeve in Pitts Ohr.
    Pitt ließ sich nicht von der allgemeinen Begeisterung anstecken. »Noch sind wir nicht da. Wir müssen das Segel wieder setzen und dann auf Teufel komm raus schöpfen, wenn wir dort landen wollen.«
    Giordino schaute zu der Insel, schätzte die Entfernung ab und wirkte danach deutlich ernüchtert. »Unser schwimmendes Ferienheim schafft das nicht«, sagte er. »Das bricht uns auf halber Strecke entzwei.«
39
    Das Segel war gesetzt und jeder Meter Leine, den sie erübrigen konnten, um den berstenden Bootskörper geschlungen. Giordino schöpfte wie ein Wahnsinniger, Pitt schaufelte das Wasser mit bloßen Händen über die Bordwand, während Maeve am Ruder saß und den Bug des lecken Bootes auf die kleine, flache Insel ausrichtete, die nur noch ein paar Kilometer entfernt war.
    Endlich hatten sie einen sichtbaren Beweis vor Augen, daß sich Pitts Navigationskünste gelohnt hatten.
    Die Müdigkeit und Benommenheit, die unsägliche Erschöpfung waren von Pitt und Giordino abgefallen. Sie drangen in einen Bereich vor, in dem sie nicht mehr bei sich waren, eine Art geistige Parallelwelt, in der Mühsal und Leiden bedeutungslos wurden. Es spielte keine Rolle, daß sie später mit heftigen Muskelkrämpfen dafür würden büßen müssen, solange sie jetzt nur mit aller Entschlossenheit durchhielten, sich nicht geschlagen gaben und auch noch die letzte Wegstrecke überwanden, die das Boot vom lockenden Gestade trennte. Sie

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