Schockwelle
vermutlich auf sämtlichen sieben Meeren noch nicht gesehen.
»Also, schnittig und elegant kann man es beim besten Willen nicht nennen«, sagte Giordino versonnen.
»Und zur Regatta um den America’s Cup dürfte man es auch nicht zulassen«, fügte Pitt hinzu.
»Ihr Männer habt bloß kein Auge für seine innere Schönheit«, sagte Maeve launig. »Es braucht einen Namen. Wir müssen es unbedingt taufen. Was haltet ihr von
Never Say Die
?«
»Treffend«, sagte Pitt, »aber Seeleute sind abergläubisch. Ein Boot, das Glück bringen soll, braucht einen Frauennamen.«
»Wie wär’s mit
Marvelous Maeve?«
schlug Giordino vor.
»Ach, gar nicht übel«, sagte Pitt. »Kitschig, aber gut. Ich bin dafür.«
Maeve lachte. »Ich fühle mich geschmeichelt, doch die Bescheidenheit gebietet etwas anderes. Wie wär’s denn mit
Dancing Dorothy
?«
»Damit steht’s zwei zu eins«, stellte Giordino fest. »Sie heißt
Marvelous Maeve.«
Maeve gab nach, besorgte eine alte Rumflasche, die Rodney York weggeworfen hatte, und füllte sie mit Seewasser. »Hiermit taufe ich dich auf den Namen
Marvelous Maeve
«, sagte sie lachend und zerschlug die Flasche an den mit den Schwimmkörpern verzurrten Buchenhölzern. »Mögest du flink wie eine Nixe im Meer schwimmen.«
»Jetzt kommt unser Fitneßprogramm«, sagte Pitt und reichte jedem eine der vorn am Rümpf befestigten Leinen. Sie schlangen sie sich um die Taille, stemmten die Füße in den Boden und legten sich ins Zeug. Nach anfänglichem Widerstand rutschte das Boot langsam über die Baumstämme, die wie Eisenbahnschienen am Boden lagen. Sie waren noch immer geschwächt von der einseitigen Ernährung und all den Strapazen, so daß es all ihre Kräfte in Anspruch nahm, das Boot zu einer etwa zwei Meter aus dem Wasser ragenden Klippe zu ziehen.
Wie zu erwarten, schuftete Maeve, bis sie nicht mehr konnte, und sank dann keuchend und mit rasendem Herzklopfen auf alle viere.
Pitt und Giordino schleppten die schwere Last noch zehn Meter weiter, doch dann ließen auch sie die Leinen los und gingen zu Boden. Das Boot stand jetzt schwankend auf den letzten beiden Buchenstämmen, die schräg hinab in die leichte Dünung führten.
Mehrere Minuten vergingen. Die Sonne hatte etwa ein Viertel ihres täglichen Weges zurückgelegt, und die See wirkte ruhig und friedlich.
Pitt löste die um seine Taille geschlungene Leine und warf sie an Bord. »Ich wüßte nicht, warum wir die Sache noch weiter hinauszögern sollten.« Er kletterte ins Cockpit, klappte den Außenbordmotor herunter und zog die Anlasserschnur. Diesmal sprang er beim zweiten Versuch an. »Seid ihr zwei bereit, unsere Luxusjacht mit einem letzten Schubs über die Kante zu befördern?« fragte er Maeve und Giordino.
»Was springt für mich dabei raus?« brummte Giordino.
»Nachdem ich mir schon die ganze Mühe gemacht habe, um meine Hormone wieder auf Vordermann zu bringen.«
»Ein großer Gin-Tonic«, versetzte Pitt.
»Nichts als leere Versprechungen. Das ist Sadismus von der übelsten Sorte«, meckerte Giordino. Er schlang seinen muskulösen Arm um Maeves Taille, zog sie auf die Beine und sagte: »Schiebt, meine Teuerste. Wird Zeit, daß wir diesem höllischen Felseneiland Lebewohl sagen.«
Die beiden gingen zum Heck, stemmten die Arme dagegen und schoben mit aller Kraft, die sie noch aufbieten konnten.
Ruckelnd setzte sich die
Marvelous Maeve
in Bewegung, wurde schneller, als der vordere Teil über die Felskante kippte und das Heck hochstieg, tauchte dann mit einem lauten Klatschen ins Wasser und lag schließlich flach im Meer. Jetzt bewährte sich der Außenbordmotor, den Pitt wohlweislich vorher angelassen hatte, denn dadurch konnte er das Boot in der Strömung steuern. Er lotste es sofort zu der niedrigen Klippe zurück. Sobald der Bug sacht gegen die Felsen stieß, ergriff Giordino Maeves Handgelenke und ließ sie langsam auf das Kajütendach hinab. Dann sprang er hinterher und landete behende wie ein Turner neben ihr auf den Füßen.
»Damit ist der unterhaltsame Teil des Programms beendet«, sagte Pitt und stellte den Außenborder auf Rückwärtsgang um.
»Wollen wir meine Segel setzen?« fragte Maeve, die überaus stolz auf ihr Werk war.
»Noch nicht. Wir fahren mit Motorkraft auf die Leeseite der Insel, wo die See ruhiger ist, und sehen zu, wie der Wind geht.«
Giordino half Maeve vom Kajütendach ins Cockpit hinunter.
Sie setzten sich einen Moment lang hin und ruhten sich aus, während Pitt das Boot durch
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