Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schockwelle

Schockwelle

Titel: Schockwelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
Vom Netzwerk:
saßen sie ums Feuer und wärmten sich auf, denn um die Tageszeit war es in diesen südlichen Breitengraden empfindlich kalt. Pitt vertiefte sich in Yorks Seekarten. Mittags peilte er mit dem Sextanten die Sonne an und später, am Abend, mehrere Sterne. Dann übte er mit Hilfe des nautischen Kalenders und der Logarithmentafeln, durch die die Berechnung der Winkelfunktionen ein Kinderspiel war, solange, bis sich die von ihm errechnete Position der Misery Islands genau mit den auf der Karte eingezeichneten Längen- und Breitengradangaben deckte.
    »Meinst du, du findest auf Anhieb nach Gladiator Island?« fragte Maeve ihn zwei Tage vor dem Stapellauf, als sie beim Abendessen saßen.
    »Wenn nicht auf Anhieb, dann beim zweiten Versuch«, erwiderte Pitt fröhlich. »Da fällt mir was ein. Ich brauche eine genaue Karte von der Insel.«
    »Wie genau?«
    »Jedes Gebäude, jeden Weg, jede Straße. Und alles möglichst maßstabsgetreu.«
    »Ich werde dir eine Karte zeichnen. Aus dem Gedächtnis zwar, aber so genau wie möglich«, versprach Maeve.
    Giordino kaute auf dem dünnen Schenkel eines Fregattvogels herum, den Pitt mit seiner kleinen Automatik erlegt hatte. »Wie weit ist es deiner Meinung nach?«
    »Genau vierhundertachtundsiebzig Kilometer Luftlinie.«
    »Also näher als Invercargill.«
    »Das ist ja das Schöne dabei.«
    »Wie viele Tage werden wir brauchen?« fragte Maeve.
    »Weiß der Geier«, antwortete Pitt. »Der erste Abschnitt unserer Fahrt wird am schwersten, weil wir gegen den Wind kreuzen müssen, bis wir in günstigere Meeresströmungen kommen und den Ostwind von Neuseeland her nutzen können.
    Mit einem Trimaran gegen den Wind zu segeln ist bekanntlich heikel, zumal wir keinen Kiel haben, der eine Abdrift verhindern könnte. Richtig haarig wird’s kurz nach dem Ablegen. Da wir keine Probefahrt machen können, tappen wir, was die Segeleigenschaften unseres Bootes angeht, völlig im dunkeln.
    Möglicherweise läßt sich der Kahn überhaupt nicht anluven, und wir werden wieder in Richtung Südamerika getrieben.«
    »Alles andere als beruhigend«, sagte Maeve, die sich in düsteren Farben ausmalte, was ihnen auf einer neunzig Tage langen Überfahrt blühte. »Wenn ich’s mir recht überlege, möchte ich doch lieber auf trockenem Boden bleiben und wie Rodney York enden.«
    Am Tag vor dem Stapellauf hatten sie alle Hände voll zu tun.
    Unter anderem bauten sie Pitts geheimnisvollen Drachen, der zusammengefaltet und mit einer hundertfünfzig Meter langen, unversehrten Nylonleine von Yorks Boot in der Kajüte verstaut wurde. Dann brachten sie ihre kärglichen Nahrungsmittelvorräte sowie die Navigationsgeräte, die Karten und die Bücher an Bord. Jubelschreie schallten über das öde Felseneiland, als der Außenbordmotor hustend ansprang, nachdem er vier Jahrzehnte lang nicht gelaufen war.
    Pitt allerdings, der die Anlasserschnur fast vierzigmal ziehen mußte, hatte das Gefühl, sein Arm falle jeden Moment ab.
    »Du hast es geschafft!« rief Maeve begeistert.
    Pitt breitete beschwichtigend die Arme aus. »Ein Kinderspiel für jemand, der klassische alte Autos restauriert. Den meisten Ärger haben mir die verstopfte Benzinleitung und der verkrustete Vergaser gemacht.«
    »Prima hingekriegt, Mann«, gratulierte ihm Giordino. »Den Motor können wir bei der Anfahrt auf die Insel gut gebrauchen.«
    »Wir hatten Glück, daß die Benzinkanister luftdicht verschlossen waren und der Inhalt nach so vielen Jahren nicht verdunstet war. Aber der Sprit hat sich fast in Schellack verwandelt, daher müssen wir auf den Benzinfilter aufpassen.
    Ich bin nämlich nicht scharf darauf, alle halbe Stunde den Vergaser auszuputzen.«
    »Wie lange reicht der Sprit, den York uns hinterlassen hat?«
    »Sechs Stunden, vielleicht auch sieben.«
    Später hängte Pitt mit Giordinos Hilfe den Außenbordmotor in die am Heck angebrachten Klampen. Zuletzt wurde der Steuerkompaß unmittelbar vor der Ruderpinne montiert.
    Nachdem die aus Blattwerk gewebten Segel mit spiralig geschlungenen Leinen an Gaffel, Spiere und Mast befestigt wären, wurden sie probeweise aufgeheißt und wieder eingeholt, was bis auf ein, zwei kleinere Häkeleien mühelos vonstatten ging. Dann traten sie alle zurück und betrachteten ihr Werk. Das Boot sah einigermaßen seetüchtig aus, aber schön war es beim besten Willen nicht. Plump und gedrungen lag es da, und durch die Ausleger wirkte es noch sperriger und unbeholfener. Ein derart bizarres Boot, dachte Pitt, hat man

Weitere Kostenlose Bücher