Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schockwelle

Schockwelle

Titel: Schockwelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
Vom Netzwerk:
brachte niemand ein Wort heraus.
    Schließlich blickte ein Mann, der seine benommene Frau im Arm hielt, zu Maeve auf. »Was, in Gottes Namen, war das?«
    Maeve schüttelte nur den Kopf. »Ich weiß es nicht«, antwortete sie tonlos.
    Mühsam machte sie die Runde und war heilfroh, daß alle noch am Leben waren. Zumal sich ihre Schutzbefohlenen offenbar nach und nach erholten. Maeve war dankbar, daß keiner der Älteren einen Herzanfall erlitten oder andere bleibende Schäden davongetragen hatte.
    »Bleiben Sie bitte hier und ruhen Sie sich aus. Ich sehe unterdessen nach den beiden Damen draußen und setze mich mit dem Schiff in Verbindung.«
    Eine anständige Gruppe, dachte sie. Niemand focht ihre Führungsrolle an, keiner gab ihr die Schuld an dem unerklärlichen Geschehen. Sie begannen sofort, sich umeinander zu kümmern, die Jüngeren halfen, die Älteren bequemer hinzubetten. Sie sahen zu, wie sie die Felsentür öffnete und durch den Eingang trat, wie der Strahl ihrer Taschenlampe hinter einer Tunnelbiegung verschwand.
    Sobald Maeve wieder im hellen Tageslicht stand, kam ihr das Ganze wie eine Halluzination vor. Die See war so ruhig und tiefblau wie eh und je. Die Sonne stand etwas höher am wolkenlosen Himmel. Und die beiden Frauen, die lieber im Freien geblieben waren, lagen bäuchlings am Boden und krallten sich an den umliegenden Felsen fest, als wollten sie sich einer unsichtbaren Kraft widersetzen, die sie davonzureißen drohte.
    Sie bückte sich und wollte sie wachrütteln, erstarrte aber, als sie die blicklosen Augen und die offenen Münder sah. Beide hatten sich erbrochen. Sie waren tot, und ihre Haut nahm bereits einen dunklen, blaulila Farbton an.
    Maeve rannte zu dem am Strand liegenden Zodiac. Der Bootsführer, der sie an Land gebracht hatte, gab keinerlei Lebenszeichen von sich. Sein Gesicht war ebenso schreckensverzerrt wie das der Frauen, die Haut genauso verfärbt. Wie betäubt hob sie ihr Funk gerät und ging auf Sendung.
»Polar Queen,
hier Landausflug Nummer eins. Wir haben einen Notfall. Bitte sofort melden. Over.«
    Niemand antwortete.
    Wieder und immer wieder versuchte sie das Schiff zu erreichen.
    Doch nur Schweigen antwortete ihr. Es war, als hätte es die
Polar Queen,
ihre Besatzung und die Passagiere nie gegeben.
2
    Im Januar ist in der Antarktis Hochsommer, und entsprechend lang sind die Tage. Nur ein, zwei Stunden lang herrscht ein diffuses Dämmerlicht. Die Temperaturen auf der Halbinsel können auf bis zu fünfzehn Grad steigen, doch seit die Gruppe an Land gegangen war, waren sie bis auf den Gefrierpunkt gesunken. Die vereinbarte Zeit für die Rückkehr rückte näher, doch von der
Polar Queen
war weit und breit nichts zu hören und zu sehen.
    Um elf Uhr abends, als die Sonne am Horizont immer tiefer sank, gab Maeve, die das Schiff auch weiterhin jede halbe Stunde über Funk rief, ihre vergeblichen Bemühungen auf, um die Batterien ihres Senders zu schonen. Die Reichweite des tragbaren Funkgerätes war auf zehn Kilometer begrenzt, und innerhalb von fünfhundert Kilometern befanden sich weder ein anderes Schiff noch ein Flugzeug, die ihre Notrufe hätten empfangen können. Rettung konnte allenfalls von der argentinischen Forschungsstation am anderen Ende der Insel nahen, aber auch dort empfing man ihre Signale vermutlich nur dann, wenn es aufgrund außergewöhnlicher atmosphärischer Bedingungen zu Überreichweiten kam. Frustriert hörte sie auf, nahm sich aber vor, es später erneut zu versuchen.
    Wo sind das Schiff und seine Besatzung? fragte sie sich fortwährend. Hatten sie womöglich unter dem gleichen mörderischen Phänomen gelitten? Sie wollte sich keinen pessimistischen Gedanken hingeben. Vorerst waren sie und ihre Gruppe in Sicherheit.
    Aber ohne Nahrung, Schlafgelegenheiten und warme Unterkunft konnten sie ihrer Ansicht nach nicht allzulange aushalten. Allenfalls ein paar Tage. Ihre Schutzbefohlenen waren ausnahmslos ältere Semester. Die jüngsten Mitglieder der Landexkursion, ein Ehepaar, waren Ende der Sechzig, die anderen in den Siebzigern, und die älteste Teilnehmerin war eine dreiundachtzigjährige Frau, die sich ein letztes Abenteuer gönnen wollte, ehe sie ins Pflegeheim ging. Ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit überkam Maeve.
    Ihre Besorgnis nahm zu, als sie die dunklen Wolken bemerkte, die von Westen über die See heranzogen – die Vorboten des Sturmes, vor der Trevor Haynes, der Erste Offizier der
Polar Queen,
sie gewarnt hatte. Aufgrund ihrer Erfahrung mit

Weitere Kostenlose Bücher