Schockwelle
türkisfarbenen Doppelrumpf. Sandecker war unübertrefflich, wenn es darum ging, beim Kongreß die entsprechenden Gelder lockerzumachen, so knausrig die Damen und Herren Abgeordneten neuerdings auch sein mochten – daher hatte man beim Bau der
Ice Hunter
an nichts gespart und sie mit den neuesten technischen Errungenschaften ausgerüstet. Sie war unbestritten das beste Polarforschungsschiff, das je gebaut worden war.
Pitt wandte sich um und konzentrierte sich wieder auf das Bild, das ihm per Satellit zugespielt wurde.
Er spürte die Erschöpfung kaum. Es war zwar ein langer und ermüdender Tag gewesen, aber auch ein aufwühlender; er hatte große Freude und Zufriedenheit empfunden, weil er zwanzig Menschen das Leben hatte retten können, andererseits aber auch Trauer, wenn er an die zahllosen toten Geschöpfe dachte, die den Strand bedeckten, so weit das Auge reichte. Eine unfaßbare Katastrophe. Da draußen war irgend etwas Unheilvolles, Bedrohliches am Werk.
Ein Grauen, das sich jedem Verständnis entzog.
Er wurde in seinen Gedanken unterbrochen, als Giordino und Kapitän Dempsey aus dem Fahrstuhl traten, der vom Brückenausguck über dem Navigationsraum bis in den fünfzehn Decks tiefer liegenden Maschinenraum führte.
»Haben die Satellitenkameras irgendeine Spur der
Polar Queen
entdeckt?« fragte Dempsey.
»Nichts, was sich eindeutig erkennen ließe«, erwiderte Pitt.
»Durch den Schnee kommt alles nur verwaschen rüber.«
»Wie steht’s mit der Funkverbindung?«
Pitt schüttelte den Kopf. »Das Schiff ist einfach weg, als wäre es von Außerirdischen entführt worden. Der Funkraum kriegt auch keinerlei Antwort. Und weil wir schon beim Thema sind: In der argentinischen Forschungsstation meldet sich auch niemand.«
»Das Unglück, das die Forschungsstation und das Schiff ereilt hat, muß so unverhofft gekommen sein«, sagte Dempsey, »daß die armen Teufel nicht mal mehr einen Notruf absetzen konnten.«
»Haben Van Fleet und Ms. Fletcher irgendwelche Hinweise gefunden, die Rückschlüsse auf die Todesursache zulassen?« fragte Pitt.
»Soweit sie bei ihren bisherigen Untersuchungen feststellen konnten, sind bei sämtlichen Tieren die Arterien an der Schädelbasis gerissen, so daß sie innerlich verblutet sind. Mehr weiß ich auch nicht.«
»Sieht so aus, als hätten wir’s hier mit einer echten Gefahr zu tun. Geheimnisvoll, rätselhaft, bedrohlich und verwirrend, und wir haben nicht die geringste Ahnung, worum es sich handelt«, sagte Pitt ergeben.
»Wenn die
Polar Queen
nicht irgendwo in der Nähe rumtreibt oder am Grund des Weddellmeers liegt«, warf Giordino ein, »könnte es sich auch um eine Entführung handeln.«
Pitt lächelte und warf Giordino einen verschwörerischen Blick zu. »Du meinst, wie die
Lady Flamborough
?«
»Ich mußte gerade lebhaft an sie denken.«
Dempsey blickte hinaus aufs Deck und versuchte sich an den Vorfall zu erinnern. »Das Kreuzfahrtschiff, das vor etlichen Jahren im Hafen von Punta del Este von Terroristen gekapert wurde.«
Giordino nickte. »Sie hatte etliche Staatsoberhäupter an Bord, die sich dort zu einer Weltwirtschaftskonferenz getroffen hatten.
Die Terroristen sind damit durch die Magellanstraße gedampft, haben sie in einen Fjord an der chilenischen Küste gesteuert und sind unter einem Gletscher vor Anker gegangen. Dirk hat sie dort aufgespürt.«
»Nehmen wir mal eine Reisegeschwindigkeit von rund achtzehn Knoten an«, versetzte Dempsey, »dann könnten eventuelle Terroristen mit der
Polar Queen
inzwischen auf halbem Weg nach Buenos Aires sein.«
»Halte ich für unwahrscheinlich«, erwiderte Pitt. »Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, weshalb Terroristen ein Kreuzfahrtschiff in der Antarktis entführen sollten.«
»Und was vermuten Sie?«
»Ich bin davon überzeugt, daß sie sich irgendwo im Umkreis von zweihundert Kilometern befindet und daß sie entweder führerlos dahintreibt oder im Kreis fährt.« Pitt sagte es so nachdrücklich, als gäbe es daran kaum einen Zweifel.
Dempsey schaute ihn an. »Haben Sie irgendwelche Hinweise, von denen wir nichts wissen? «
»Ich verwette mein ganzes Geld darauf, daß die Leute an Bord des Kreuzfahrtschiffes dem gleichen Phänomen zum Opfer gefallen sind wie die Touristen und der Bootsführer, die sich außerhalb der Höhle aufhielten.«
»Kein angenehmer Gedanke«, sagte Giordino, »aber das würde erklären, weshalb sie nicht zurückgekommen und die Landausflügler abgeholt
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