Schön ist das Leben und Gottes Herrlichkeit in s
einfallen, mich anzulügen«, er kehrte um.
So ging es drei Nächte lang, bis er sich doch auf sie warf. Den Tampon schob er in die Tiefe. »Nächstes Mal gebe ich dir zwei Tage, dann lässt du dieses Ding da weg.«
Sie war zur Frau geworden und wusste, was das hieß. Der liebe Gott wollte, dass das Weib fruchtbar sei und sich mehre, hatte der Pfarrer gesagt, und alles Teufelszeug, das dieses verhindere, habe der Heilige Vater verboten. Was damit gemeint war, erfuhr Ute aus der
Bravo
. Es gab kleine Tabletten, die man täglich schlucken musste, damit man nicht schwanger wurde, oder dünnhäutige Gummis, die sich der Junge eng über sein Glied zog. In der
Bravo
waren es Jungen und Mädchen, die sich liebten, nicht Onkel und ihre Stieftöchter.
Die Pille blieb für Ute unerreichbar, niemals würde ihr, wie in der
Bravo
vorgeschlagen, der Frauenarzt diese verschreiben; auch das Kondom schloss sich aus, da zur Benutzung die Mithilfe des Onkels unentbehrlich wäre. Also machte sich Ute auf in die Bibliothek ihrer Schule, in der es Lexika und Atlanten über die Wunder der Natur gab. Die Anatomie übersprang sie, darin war sie Expertin, und blätterte vor bis zur Empfängnisverhütung. Doch da stand nur das Gleiche wie in der
Bravo
, wenn auch in anderen Worten. Bevor sie das Lexikon zuschlug, fiel ihr Blick auf eine Fußnote, die erläuterte, wie man sich vor zweitausend Jahren schützte, es lägen Schriftstücke vor, nach denen ein Schwämmchen in die Scheide zu schieben sei, getränkt mit Honig, Olivenöl oder Weihrauch.
An Schwämmen war kein Mangel, es gab sie in der Schule bei der Tafel, ebenso wenig an Honig, den Ute, in Gläser gefüllt, aus dem Bienenwagen des Lehrers Kramer stehlen würde; blieb nur zu hoffen, dass der Onkel in seinem Eifer den Fremdkörper nicht bemerkte.
Als sich die Tür zur Bibliothek öffnete, erschrak Ute derart, dass sie das Buch mit einem Knall zuschlug. Es war Volkan. Er schien sie nicht bemerkt zu haben, ging unschlüssig auf die Regale zu und las die Schlagwörter. Er zuckte mit den Schultern, entdeckte Ute. Verzog sein Gesicht zu einem breiten Grinsen, den Mund voller weißer Zähne, darüber dunkler Flaum, fast schon ein Bart. Er war schön, schöner als die blonden Bauernsöhne, seine Haut glatt, die Lippen voll, die Augen hinter dichten schwarzen Wimpern. Auf dem Schulhof stand er nie allein.
Er trat an Utes Tisch, stützte die Hände auf und studierte den Umschlag des Lexikons. »Du magst Bücher.« Wusste er nicht, dass sie keine Stimme hatte? »Du redest wohl nicht mit jedem!« Er wollte sich umwenden, als Ute aufsprang und beinahe den Tisch umwarf, er sollte nicht gehen. »Ich muss etwas schreiben über Istanbul, ist ja klar, warum, nur weil ich Volkan heiße, natürlich, Scheiße auch«, er schob die Unterlippe vor, das Innere seiner Lippe hellrosa und weich, nicht wie beim Onkel grau und verkrustet.
Ute ging an ihm vorbei und steuerte auf ein Regal zu. Geografie, eines ihrer Lieblingsfächer. Dort hatte sie gelesen, dass es vier Milliarden Menschen gab. Davon Millionen mit Hasenscharte, das wusste sie aus einem anderen Buch, jeder Tausendste ein Gezeichneter.
Sie überflog die Buchrücken und fand Istanbul, einen Reiseführer und einen Bildband, griff danach und wollte ihn herausziehen. »Lass nur, das ist zu schwer für dich. Ich mache das.« Volkan schob sie beiseite und nahm das Buch. Klemmte es unter den Arm, wandte sich ihr zu: »Danke«, er verzog den Mund. »Du und ich, wir sind anders«, er ging und suchte sich einen Tisch. Ute kehrte an ihren zurück, ließ sich auf den Stuhl fallen, unfähig, an etwas anderes zu denken als an Volkans Worte.
In ihr war etwas aufgebrochen. Wie betäubt verließ sie die Bibliothek, wollte sich auf den Heimweg machen, da fiel ihr ein, weshalb sie gekommen war. Sie schlich sich in einen verlassenen Klassenraum und nahm einen Schwamm. Sie würde ihn in Würfel teilen. Mehr als ein paar Tage dürfte er nicht verweilen in ihrem Inneren, in Honig getränkt, sollte er nicht seine Wirkung verlieren.
Sie fuhr zurück in ihr Dorf, nahm einen Umweg über die Waldstraße, versteckte ihr Fahrrad im Gebüsch und beobachtete von dort aus den Garten des alten Lehrers Kramer. Der lag verlassen, nur die Bienen waren da und summten. Sie wagte sich vor bis zum Gartenzaun, kletterte hinüber und rannte zum Bienenwagen. Die Tür war unverschlossen, Ute trat ein und fand die Honiggläser dort, wo sie gestanden hatten, auch der Holzstuhl, über den
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