Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schön ist das Leben und Gottes Herrlichkeit in s

Schön ist das Leben und Gottes Herrlichkeit in s

Titel: Schön ist das Leben und Gottes Herrlichkeit in s Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Sievers
Vom Netzwerk:
immer. Aber nichts würde mehr sein wie zuvor.
    Ute kehrte um, schleppte sich nach Hause, die Schreie in ihrem Kopf ein Chor aus tausend fauligen Mündern. Die Dörfler, denen sie begegnete, begafften sie, das zerschundene Gesicht, den schleppenden Gang. Er hatte wieder zugeschlagen, dachten sie, in seinem Suff.
    Die Geschäfte hatten geöffnet, Kaufhaus Puck, der Fleischer, der Juwelier, gerade wienerte er die Fensterscheibe mit einem Ledertuch, entdeckte Ute und fuchtelte damit herum, wie um Ungeziefer zu verscheuchen.
    Es herrschte Stille, als sie die Schwelle zu ihrer Wohnung betrat. Onkel und Mutter schliefen meistens bis zum Mittag, bis die Großmutter kam und sie mit Flüchen aus dem Bett warf.
    Ute trat an ihr Bett. Da lagen sie, die Münder offen, ihre grauen Zungen sichtbar, schnarchend, und sie rief ihn, den Tod, an ihre Seite. Er führte sie an das lose Bodenbrett, hieß sie es anheben, die Pistole nehmen, liebkosen, wie der Onkel es tat, an das Bett treten, sie entsichern, den Lauf aufsetzen auf die großporige Haut des Onkels.
    Sie drückte ab. Es gab einen Rückstoß, der sie erschrecken ließ, sie musste sich sammeln, bevor sie auf die Mutter zielte, mit aufgerissenen Augen,
Mama, hilf mir
.
    Ute schob die Pistole unter den Pullover, ging in die Knie und kroch unter das Bett. Sie fand ihren Schatz und nahm ihn in die Faust, erhob sich wieder und verließ das Zimmer, ohne sich umzublicken.
    Auf dem Weg zum Juwelier roch sie an ihren Händen, Metall und Feuer, dann stand sie in der Ladentür. Sagte, um ihm zuvorzukommen: »Ich will etwas kaufen«, mit ihrer merkwürdigen, tiefen Stimme.
    Der Juwelier blickte sie misstrauisch an: »Hast du Geld?« Sie hob die Hand mit den Scheinen, da setzte er plötzlich ein hündisches Lächeln auf und fragte, was sie denn wünsche.
    »Den Totenkopf aus Bernstein und eine Kette und ein Kästchen und alles als Geschenk verpackt.« Schwierige Worte, der Buchstabe k kam durch die Nase, ebenso t, und sie musste sie wiederholen, damit der Juwelier verstand. Er eilte zum Fenster, stellte das Gewünschte zusammen, begierig, das Geld zu kassieren und Ute loszuwerden. Sie nahm das weinrote Päckchen entgegen, legte die Scheine auf den Tresen, drehte sich um.
    Der Juwelier rief: »Du bekommst noch etwas wieder«, aber Ute war schon durch die Tür und stieg die Treppen hinab.
    An der Tankstelle herrschte Hochbetrieb, vormittags kamen die Lieferwagen und tankten Diesel, die Fahrer waren zu einem Schwätzchen mit Volkans Vater aufgelegt, manchmal gab es einen Kaffee.
    Der Vater hatte den Zapfhahn in der Rechten, blickte auf die Zähluhr, als Ute hinzutrat und die Hand mit der roten Schachtel ausstreckte: »Für Volkan, wenn er nachher kommt.« Der Vater zuckte zusammen, als er ihre Stimme hörte, lächelte entschuldigend, wollte ihr nicht wehtun: »Wird sich freuen, mein Volkan«, griff mit der Linken nach dem Paket. Die Handfläche war schwarz und schmierig, und jetzt auch das seidige Papier.
    Ute wandte sich ab und überquerte die Straße, hockte sich auf den Bordstein, wieder dorthin, wo sie schon morgens gesessen hatte, und wartete.
    Sie kamen am Mittag, in einem VW Bus aus Richtung der Schule, sechs Polizisten und Volkan auf der Rückbank. Ute sah seinen Finger, der auf sie wies. Der Wagen hielt am Straßenrand, die Polizisten sprangen heraus, die Hände über dem Halfter, Volkan hinterher, den Kopf hoch erhoben, und als man Ute in den Bus schob, sah er ihr nach, auch als sein Vater ihm das fleckige Paket in die Hände drückte.
    Als das Auto verschwunden war, standen Vater und Sohn da. Volkan sagte: »Bin noch mal weg«, und lief los, das Paket in der Hand, zu Utes Haus. Dort wartete eine Menschentraube, man gaffte, man tuschelte. Volkan schob sich hindurch bis an das Absperrband, wo ein Polizist stand und die Arme ausgebreitet hielt. Volkan starrte auf den Hauseingang, konnte nichts Besonderes ausmachen, fragte: »Was ist passiert?«, aber der Polizist reagierte nicht. Volkan drehte sich um zu der Frau hinter ihm und wiederholte seine Frage. Sie antwortete mit einem wissenden Nicken: »Sie haben zwei Tote herausgebracht, man sagt, die Frau und ihren Liebhaber, die Alte hat sie gefunden.« Volkan biss sich auf die Zunge, um nicht zu schreien, sie hatten ihm nichts gesagt, als er in der Schule abgeholt wurde, nur, dass er Ute suchen helfen sollte, weil ein Unglück geschehen sei.
    Männer in Schutzanzügen gingen ein und aus, Polizisten mit verschlossenen Gesichtern.

Weitere Kostenlose Bücher