Schön scheußlich
Östrogenstoffwechsel jedoch die Brustkrebsrate beeinflusst hat, wird man erst in etlichen Jahren wissen können.
Kreuzblütler bilden eine regelrechte Fundgrube an antikanzerogenen Verbindungen, und jede Substanz hat ihre eigene Methode, zellulärem Irrsinn zu begegnen. Ein weiterer schützender Bestandteil ist beispielsweise Sulforaphan, das robusteste Mitglied einer Chemikalienklasse, die unter dem Namen Isothiocyanate läuft und Broccoli, Blumenkohl, Grünkohl, Senf, Meerrettich und vielen anderen Gemüsesorten und Gewürzen ihren intensiven Geruch verleiht. Isothiocyanate scheinen indirekt vor Krebs zu schützen, indem sie die körpereigene Produktion natürlich vorkommender Enzyme - so genannter Phase-2-Enzyme - stimulieren, die sich an Karzinogene anheften, diese entgiften und rasch aus dem Körper herausschaffen.
Sulforaphan und andere Enzym-Induktoren können die Wissenschaftler inzwischen mit Hilfe eines einfachen Systems auf der Basis von kultivierten Mäuseleberzellen und mit einem Aktivitätstest für ein Phase-2-Enzym in Nahrungsmitteln nachweisen. Mit dieser Methode hat man nicht nur verschiedene Gemüsesorten, sondern auch unterschiedliche Varietäten desselben Gemüses untersucht und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Menge an Enzym induzierenden Substanzen von einer Probe zur nächsten ungemein schwankt. Das lässt sich entweder mit natürlichen genetischen Variationen zwischen verschiedenen Sorten oder mit unterschiedlichen Anbaumethoden erklären.
Wenn es um die Analyse von Nahrungsmitteln geht, ist nichts einfach, und jedes Ding scheint mehrere Wirkungen gleichzeitig zu haben. Vitamin C hat neben seiner antioxidativen Kraft auch die Fähigkeit, die Bildung von Nitrosaminen - potenziellen Karzinogenen - im Magen zu hemmen. Genistein vermag, außer dass es das Wachstum von Blutgefäßen unterdrückt, überdies Krebszellen direkt anzugehen und am Wuchern zu hindern. Ballaststoffe, die mehr oder minder im Alleingang die Müsli-Industrie saniert haben (aber auch essenzieller Bestandteil von Obst und Gemüse sind), besitzen eine Reihe von positiven Wirkungen auf den Körper. Sie verringern im Dickdarm die Konzentrationen an schädlichen Verbindungen, sodass dort die Toxine weniger Gelegenheit haben, die empfindliche Schleimhaut zu schädigen, und sie sorgen dafür, dass sich alles rascher durch das System hindurchbewegt. Außerdem verändern Ballaststoffe die Flora von Dünn-und Dickdarm. Auf irgendeine bislang kaum verstandene Weise hemmen sie das Wachstum schädlicher Bakterien, die gewisse Enzyme freisetzen, von denen man annimmt, dass sie das Tumorwachstum fördern, indem sie die in unserer Nahrung enthaltenen Vorstufen karzinogener Substanzen zu aktiven Förderern malignen Wachstums machen. Gleichzeitig mit der Unterdrückung unerwünschter Bakterien fördern Ballaststoffe auch das Wachstum gutartiger Bakterien, die die unerwünschten Vertreter zusätzlich verdrängen können. Und als ob das nicht schon genügend Grund wäre, vom Fettesser zum Wiederkäuer zu werden, fördern Ballaststoffe überdies auch noch die Bildung jener gesünderen Form von Östrogen und wirken so womöglich auch der Entstehung von Brustkrebs entgegen.
Alles in allem sprechen Ausgewogenheit und Abstimmung der in Pflanzen enthaltenen chemischen Substanzen eine deutliche Sprache gegen den übertriebenen Griff zu Vitaminpräparaten zum Ausgleich für eine miserable Ernährung aus Pommes und Snacks. Wenn die Wissenschaft noch an den subtilen Details des Rosenkohls herumrätselt, wie kann dann jemand glauben, das Ganze in einer Tablette nachbauen zu können?
30.
Hässliches Fett: das Los aller Säugetiere
Wenige Dinge im Leben sind so ärgerlich wie die dem Fett eigene Gabe, sich in unansehnlichen Taschen und Falten gewisser Körperregionen anzusammeln: Es schwabbelt am Oberschenkel, es wölbt sich schamlos am Bauch, es hängt schlaff vom Trizeps herunter wie Laken, die im Wind trocknen. Doch so ärgerlich solche Fettablagerungen sein mögen, vielleicht sind sie lediglich der Preis, den wir dafür zu zahlen haben, dass wir Säugetiere sind.
Einst dachten die Forscher, Körperfett sei in mehr oder minder gleichmäßiger Weise unter der Haut und um die inneren Organe herum verteilt, und Menschen, die an der einen oder anderen Stelle mollig werden, würden dies aufgrund ihrer genetischen Veranlagung und ihrer sportlichen Angewohnheiten tun. Doch wie eine Fülle von Studien zum Vergleich von menschlichem und
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