Schön scheußlich
tierischem Fettgewebe erschreckend klarmacht, bleibt selbst das magerste Wildtier nicht davor bewahrt, an ein paar diskreten Brennpunkten seines Körpers Fett einzulagern - an denselben Stellen übrigens, die auch wir ihrer scheinbar endlosen Speicherkapazitäten wegen beklagen. Ob Sie es mit einem Eichhörnchen, einem Dachs, einem Hirsch, einem Vielfraß, einem Kamel oder einem Menschen zu tun haben - das Fett lagert sich im Brustbereich, um die oberen Teile der Vorderbeine (unseren Oberarmen), am Gesäß und um die Oberschenkel sowie in drei bis acht Bauchzonen und am Genick ab. Bei vielen Säugetieren ist überdies das Herz von einem überraschend großen Fettklumpen umgeben, eine Beobachtung, die der herkömmlichen Vorstellungzuwiderläuft, derzufolge Fett in Herznähe eine pathologische Erscheinung und als solche in erster Linie auf den Menschen beschränkt ist. Die Gesamtmenge an Körperfett variiert von einer Art zur anderen und von einem Lebewesen zum nächsten, doch wenn sich Fett ansammelt, dann immer an den gleichen Stellen.
Die Lage der Fettpolster ist scheinbar ausschlaggebend. Die neuen Arbeiten zur Biologie des Fetts - und des Fettgewebes, wie es diejenigen nennen, die es im Labor untersuchen, des Specks, wie es diejenigen nennen, die es im Spiegel untersuchen - machen deutlich, dass Fettzellen in biochemischer Hinsicht bemerkenswerte Unterschiede zeigen, je nachdem, an welcher Stelle im Körper sie sich befinden. Manche sind darauf spezialisiert, Lipide und Fettmoleküle aus dem Blut aufzunehmen. Die Zellen anderer Fettablagerungen sind hingegen dafür prädestiniert, diese Lipide leicht als Brennstoff für das umliegende Gewebe zu mobilisieren. Die verschiedenen Fettablagerungen um Oberschenkel, Bauch und Eingeweide lassen sich in der Tat als lauter völlig verschiedene Organe betrachten.
Bewirkt werden Ansammlung und Ablagerung von Fettpolstern durch Enzyme, die Fettmoleküle synthetisieren, verarbeiten und speichern. Von besonderem Interesse ist ein Enzym namens Lipoprotein-Lipase. Es spielt eine führende Rolle bei der Gewinnung von Fettsäuren aus einer Mahlzeit und deren Speicherung in den Fettzellen. Dieses Enzym ist in beinahe allen untersuchten Arten gefunden worden und bei Weibchen in höheren Mengen vorhanden als bei Männchen - vermutlich, um Weibchen die Fettspeicherung während der Schwangerschaft zu erleichtern.
Eine raffinierte Regulation dieses Enzyms und etlicher anderer ist möglicherweise der Grund dafür, dass Bären, Murmeltiere und andere Arten, die sich alljährlich kugelrund fressen, bevor sie in ihren Winterschlaf fallen und fasten, den bei Menschen häufig zu beobachtenden schädlichen Wirkungen der Fettleibigkeit - erhöhter Blutdruck, verstopfte Arterien und Diabetes - nicht zum Opfer fallen. Ein Eisbär kann beispielsweise so viel Robbenspeck vertilgen, dass der Fettgehalt in seinem Blut Ausmaße erreicht, die einen Hund und vermutlich auch Sie augenblicklich das Leben kosten würden, dennoch sind Leber und Arterien eines Eisbären vergleichsweise fettfrei, und einen Herzinfarkt bekommt er auch nicht. Der Grund dafür scheint in der Wirkungsweise seiner Lipoprotein-Lipase zu liegen. In den kühnsten Träumen hofft man, dass das frisch erworbene Verständnis des Fettstoffwechsels wirksamere Möglichkeiten zur Behandlung von Übergewicht und Fettsucht eröffnet. Zumindest hoffen die Wissenschaftler jedoch, die Menschen davon überzeugen zu können, dass nicht alles Fett auf die gleiche Weise zustande kommt und dass nicht alles Fett gleich schlecht ist.
Worin auch immer seine biochemischen Besonderheiten bestehen mögen, die allgemeine Ansicht zum Thema Fett ist, dass es einen praktischen Energiespeicher für harte Zeiten darstellt. Fett im Essen wird beinahe ohne jeglichen Aufwand in Körperfett verwandelt. Bei der Umwandlung von aufgenommenem Fett in Speicherfett verbraucht das Verdauungssystem lediglich zwei Prozent der im Fett enthaltenen Energie. Der Rest wird in Fettzellen abgeladen. Bei dem Stoffwechselvorgang, Stärke in eine speicherfähige Energieform umzuwandeln, wird hingegen die Hälfte der in den verzehrten Kohlenhydraten enthaltenen Kalorien verbrannt. Mit anderen Worten: Aus Fett lässt sich sehr viel leichter Fett herstellen als aus jedem anderen Nahrungsmittel. Hinzu kommt, dass sich das Fettgewebe, das die Fettmoleküle zum späteren Gebrauch aufbewahrt, nahezu unendlich ausdehnen kann - eine ungewöhnliche Eigenschaft, die es mit keinem anderen Organ
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