Schön scheußlich
Vogel-und Froschweibchen den Trägern dieser Merkmale eine Leistung ab, die die Männchen bis an ihre kardiovaskulären Grenzen belastet.
Bei anderen Arten, insbesondere bei Insekten, wehrt ein Weibchen die sexuellen Offerten des Männchens so lange ab, bis dieses ihm ein Hochzeitsgeschenk macht - ein Päckchen aus Proteinen und Nährstoffen, garniert mit einem chemischen Duftstoff, den das Weibchen einsetzen kann, um sich selbst oder seine Eier zu schützen.
Langfristig gesehen beeinflusst die weibliche Partnerwahl die Charakteristika des Weibchens nicht weniger als die des Männchens, denn Töchter erben von ihren Müttern vermutlich eine Neigung, bestimmte männliche Merkmale anderen vorzuziehen. Dennoch sollte man die weibliche Selektion nicht überbewerten. Und das Warum, Wozu und sogar das Ob weiblicher Auswahl bleibt für die große Mehrzahl der Arten - nebenbei bemerkt auch für unsere eigene - schwer fassbar (und so manche Frau würde sich womöglich fragen: Auswahl? Woraus denn?).
So frisch belebt das Gebiet auch sein mag, die Untersuchungen zur Problematik weiblicher Selektion begannen mit den Anfängen, das heißt mit dem Gründer der modernen Evolutionsbiologie. Charles Darwin mutmaßte bereits im Jahr 1872, dass weibliche Tiere durch ihre »Zuchtwahl«, das heißt ihre Entscheidung, mit wem sie sich zu paaren gedenken, einen gewissen Druck auf die Evolution ihrer Art ausüben könnten. Von Biologen wurde diese Vorstellung jedoch lange Zeit hindurch abgelehnt, waren diese doch selbst vorwiegend männlichen Geschlechts und daher vor allem am Verhalten männlicher Tiere interessiert, insbesondere an den gewaltsamen Zusammenstößen, zu denen es zwischen den Männchen einer Art während ihres alljährlichen Brunftwahns kommt. Ein Comeback erlebte die Theorie der weiblichen Selektion Mitte der siebziger Jahre, als die Biologen sich von der Untersuchung des Gruppenverhaltens abwandten und sich stattdessen auf das Verhalten und die Fortpflanzungsstrategien einzelner Exemplare einer Art zu konzentrieren begannen. Auf den Spuren der darwinschen Überlegungen gelangten die Verhaltensforscher zu der Ansicht, dass Weibchen in der Regel ein größeres Interesse für die Details ihrer Fortpflanzung aufbringen müssten als Männchen. Besonders hoch ist der Einsatz bei weiblichen Säugetieren, die ihre Jungen austragen und nach deren Geburt lange für sie sorgen müssen. Doch selbst bei Insekten und Fischen, die weit weniger Zeit in die Aufzucht ihrer Jungen investieren, ist der Energieeinsatz, der zur Produktion von Nährstoffen, Fetten und Proteinen in einem Ei benötigt wird, weit größer als der zur Produktion von Spermien. Eine altbekannte Floskel sagt: Eier sind teuer, Spermien sind billig. In Anbetracht ihrer größeren Investition in die Reproduktion besteht für Weibchen offenbar ein größerer Anreiz, sich nach dem bestmöglichen Partner umzusehen, als für Männchen. Männchen, die ihre genetischen Erbstücke künftigen Generationen hinterlassen wollen, müssen attraktiv für die Weibchen sein, oder sie landen in einer genetischen Sackgasse.
Die vielleicht klarsten Befunde zu den Feinheiten weiblicher Ansprüche haben sich bei Arten ergeben, bei denen die Weibchen zur Aufzucht oder zum Schutz ihrer Jungen auf die materielle Hilfe der Männchen angewiesen sind. Beim Balzspiel einer Käferart aus der Familie der Pyrochroidae beispielsweise folgt das Männchen einem seltsamen Ritual, bei dem es seiner potenziellen Partnerin wiederholt eine tiefe Furche auf seiner Stirn präsentiert. Man hat lange gerätselt, was diese Furche zu bedeuten hat. Heute wissen die Forscher, dass sie eine höchst verführerische Probe enthält: eine geringe Menge der Substanz Cantharidin. Das Männchen kommt an diese Substanz, indem es die Eier von Ölkäfern frisst (von denen man bei uns in erster Linie die Spanische Fliege kennt). Während der Balz führt es dem Weibchen immer wieder seinen Schatz vor. Irgendwann packt dieses den Käfer beim Kopf und leckt ohne Umschweife die chemische Brautgabe aus der Furche. Von der Vorspeise augenscheinlich beeindruckt, erlaubt das Weibchen dem Männchen schließlich die Paarung, bei der es dann die Hauptspeise erhält. Während der Kopulation übermittelt das Männchen dem Weibchen eine sehr viel größere Dosis Cantharidin, das dieses dann in seine Eier einbaut, um sie vor Ameisen und anderen Räubern zu schützen.
Mit der Zurschaustellung seiner Stirnfurche gibt das Männchen dem
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