Schön scheußlich
der doppelten Frequenz sendet, wie sie einem Frosch möglich wäre, werfen sich die Weibchen der Quelle jener rasch trillernden Sequenzen in Massen zu Füßen und versuchen ihr Bestes, den darin verborgenen überirdischen Prinzen zu finden. Warum die Weibchen einen Partner begehren sollten, der solcher Stimmakrobatik mächtig ist, weiß niemand. Da ein Laubfroschmännchen zum Geschäft der Fortpflanzung außer seinen Genen nichts beiträgt - keinerlei chemische Waffen zur Verteidigung der Jungen, keinerlei Fürsorge - , kann ein Weibchen, das ein Männchen nach dem Kriterium der Vitalität aussucht, vermutlich nur darauf hoffen, bei diesem Handel ihre Chancen auf widerstandsfähige Nachkommen zu erhöhen.
Doch der Nachweis, dass vitale Männchen auch vitalen Nachwuchs zeugen, ist Gegenstand heftiger Kontroversen. Einige der solidesten Indizien zur Untermauerung dieser These stammen aus einer schwedischen Studie über Rauchschwalben, bei denen die Männchen über einen um zwanzig Prozent längeren Schwanz verfügen als die Weibchen. Um zu prüfen, ob die weibliche Selektion irgendetwas mit dieser Verlängerung des Gefieders zu tun hat, kürzten die Experimentatoren einigen Männchen die Schwanzfedern, anderen klebten sie zusätzliche Federn an. Weibchen, denen man die Wahl zwischen kurz-und langschwänzigen Männchen ließ, entschieden sich ausnahmslos für die reicher bestückten Artgenossen. Wieder haben Parasiten etwas mit der Wahl zu tun: Männchen mit von Natur aus längerem Schwanzgefieder waren nachweislich deutlich weniger von Milben befallen als solche mit kürzeren Schwanzfedern.
Um herauszufinden, ob die langschwänzigen Vögel womöglich über eine genetisch bedingte Resistenz gegen den Milbenbefall verfügten, die sie an ihre Küken weitergeben konnten, beobachteten die Biologen die Schwalbenpopulation über mehrere Generationen hinweg, wobei sie zwischenzeitlich die Bedingungen veränderten. Um den Beitrag umweltbedingter Faktoren auszugleichen, vertauschten sie Eier, die von langschwänzigen Männchen befruchtet worden waren, mit solchen von Männchen mit kürzerem Schwanzgefieder. Danach infizierten sie die Nester sämtlicher Vögel mit derselben Anzahl an Milben. Mit dem Heranwachsen der Jungvögel wurde die jeweilige Vaterschaft offenbar: Jungvögel, die von langschwänzigen Männchen abstammten, hatten deutlich weniger Parasiten als die Nachkommen von Männchen mit kürzeren Schwänzen. Die Resistenz der Jungen gegenüber 'Milben war unabhängig davon, in welchem Nest sie aufgewachsen waren, oder davon, wie viele Parasiten im Gefieder ihrer Stiefeltern umherkrabbelten. Die relative Parasitenbelastung der natürlichen Federn ließ deutlich darauf schließen, dass diese Resistenz erblich ist.
Was lange Schwanzfedern mit der Parasitenresistenz im Einzelnen zu tun haben, bleibt ein Rätsel, aber Rauchschwalbenweibchen haben ihre Liebhaber eindeutig am liebsten mit langen Federn. Etwa fünfzehn Prozent aller Männchen im Schwarm erhalten nie Gelegenheit zur Paarung, und stets sind dies die Vögel mit den kürzesten Schwänzen.
Was jedoch für Rauchschwalben gilt, muss nicht für alle anderen gelten. Viele Fälle von weiblicher Selektion scheinen doch eher willkürlich zu sein. Wenn eine Frau sich mit einem besonders lauten Mann zusammentut, so vielleicht deshalb, weil er der Einzige ist, den sie hören kann - oder auch weil er unter den Männern, die sie kennt, der Einzige ist, der weder schwul noch verheiratet noch arbeitslos ist.
5.
Wie schaffen Eltern das bloß?
Elternschaft mag die natürlichste Sache der Welt sein, doch objektiv betrachtet ähnelt die Arbeitsplatzbeschreibung der eines Sklavenjobs. Ein Nest ist zu bauen, Wehen müssen durchgestanden, das Neugeborene muss gestillt oder mit eigens herbeigeschaffter Nahrung gefüttert werden. Es gilt, den Dreck des Nachwuchses wegzuputzen, Räuber zurückzuschlagen und sich über jeden Piepser, jedes Jammern und Weinen des Kleinen zu sorgen. Welcher Zaubertrank könnte ein Geschöpf veranlassen, eine solche Herkulesarbeit auf sich zu laden, und das mit einer Hingabe, die aussieht wie ... Freude? Der Gedanke, es habe mehr bedurft als der eigenen pausbäckig-engelhaften Anmut, um die Eltern beim Ausleeren der zahllosen Windeleimer bei der Stange zu halten, mag wenig charmant scheinen und aller Rockwellschen Idylle zuwiderlaufen, doch es stellt sich mehr und mehr heraus, dass die Biochemie der Elternschaft einer sorgfältig abgestimmten
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