Schön scheußlich
Weibchen während des Vorspiels einen verführerischen Wink - so ähnlich als zeigte es ihm eine prall gefüllte Brieftasche mit den Worten: »Auf dem Konto, von dem das hier kommt, liegt noch mehr davon.« Erste Hinweise auf die zentrale Rolle des Cantharidins bei der Paarung von Pyrochroidae ergaben sich aus der Tatsache, dass im Labor gezüchtete Käfer, die keinen Zugang zu der Substanz hatten, bei ihren Versuchen, ein Weibchen zu freien, elend scheiterten. Die Frustriertesten unter ihnen flüchteten sich in eine versuchte Vergewaltigung, aber die weiblichen Käfer waren bemerkenswert geschickt darin, sich ihre lästigen Verfolger vom Rücken zu schütteln.
Weniger augenfällig als ein Hochzeitsgeschenk ist das, was ein Weibchen sucht, das ein Männchen auf der Basis seiner äußeren Erscheinung auswählt. In einer Reihe hübscher Experimente untersuchten Forscher von der Universität Bern den Einfluss der männlichen Färbung auf die weibliche Selektion beim Dreistacheligen Stichling. Die Forscher wussten, dass sich der männliche Stichling während der Brutsaison hellrot färbt und dies anschließend einem Weibchen in einem im Zickzack verlaufenden Paarungstanz vorführt. Die Wissenschaftler wussten auch, dass die von Parasiten befallenen Männchen eine schwächere Färbung annehmen und sogar dann noch blasser bleiben, wenn sie ihre Plagegeister losgeworden sind. Die Frage war: Würden die Weibchen hellrote Männchen bevorzugen, die eine gegenwärtig und in der Vergangenheit stabile Gesundheit signalisierten? Um dies zu beantworten, testeten sie die weibliche Reaktion auf Gruppen aus hellrot gefärbten, gesunden sowie blasseren, zuvor mit Parasiten infizierten Männchen, und zwar zunächst unter Einstrahlung von natürlichem weißem Licht, in dem die Weibchen die Intensität der roten Farbe unterscheiden konnten, und dann unter grünem Licht, durch das die Farbintensität verschleiert wurde.
Die Wissenschaftler stellten fest, dass die Weibchen, wenn sie die roten Männchen von ihren langweiligeren Kollegen unterscheiden konnten, nahezu ausschließlich die auffälliger gefärbten zur Paarung bevorzugten, obwohl beide Gruppen von Freiern ihren Zickzacktanz mit derselben Hingabe vollführten. Wenn die Weibchen jedoch unter der Einwirkung von grünem Licht zu wählen hatten, schnappten sie sich wahllos Männchen von jeder Farbe.
Wie Fische sind auch Vögel einem starken Parasitenbefall ausgesetzt. Vergrößert wird die Gefahr bei ihnen zusätzlich dadurch, dass sie ein warmes Nest bauen, das zahllosen geflügelten und ungeflügelten Blutsaugern Wärme und Schutz verheißt. Es überrascht daher nicht, dass auch Vogelweibchen von dem Gedanken an Parasiten verfolgt werden. In Experimenten mit Bankivahühnern, den wilden Verwandten unserer Haushühner, haben Biologen herausgefunden, welche speziellen Zierden die Hennen bei einem Hahn am meisten anziehen: Kamm und Kehllappen. Hennen widmen dem Zustand von Kamm und Kehllappen mehr Aufmerksamkeit als jedem anderen Merkmal - Größe, Gewicht, Aggressivität seines Auftretens und Zustand des Gefieders eingeschlossen. Je länger der Kamm des Hahns und je stärker gefärbt er ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Henne ihn einem konkurrierenden Männchen vorzieht. Ihr Urteil ist treffsicher: Weil Kamm und Kehllappen die fleischigsten Merkmale des Hahns sind, wären Zeichen von Parasitenbefall und Krankheit an ihnen zuerst zu bemerken. Nicht umsonst sind Kamm und Kehllappen auch für den Bauern ein Zeichen für den Gesundheitszustand seiner Schar. Neben der Resistenz gegenüber Krankheiten scheint die Vitalität ein weiterer betörender Faktor zu sein, der Weibchen unwiderstehlich anzieht. Bei den Grauen Laubfröschen versuchen die Männchen über Tage hinweg, die Weibchen mit einer Serenade aus wiederholten Trillern zu locken, wobei sie sowohl die Länge der einzelnen Phrasen als auch die Zeitdauer zwischen diesen variieren können. Beim Hervorbringen dieser Klänge verbrauchen die Froschmännchen Unmengen an Sauerstoff und plündern die Brennstoffreserven ihres Körpers. Sie verausgaben sich bis zur Erschöpfung, so als verlangten die Weibchen von ihnen, dass sie an ihre physiologischen Grenzen gehen. Und Froschweibchen wissen Demonstrationen überamphibischer Kraft in der Tat zu schätzen. Lässt man sie zwischen zwei Lautsprechern wählen, von denen der eine die normalen Rufe der Laubfroschmännchen wiedergibt und der andere synthetische Tonfolgen von
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