Schön scheußlich
eignen sich besser, um Frösche oder andere kleine Wirbeltiere zu lähmen.
Sobald sein Opfer außer Gefecht ist, beginnt der Skorpion mit dem mühseligen Geschäft, die Beute zu verflüssigen. Skorpione müssen ihre Beute gen au wie Spinnen verdauen, bevor sie sie verzehren. Sie speien dazu Enzyme aus, durch deren Einwirkung sich das Opfer zu einer Flüssigkeit auflöst, die sie dann aufsaugen können. Skorpione haben noch andere Dinge mit Spinnen gemein. Wenn sie zusammen dieselbe Nische bewohnen, konkurrieren Skorpione und Spinnen um dieselbe Nahrung: Insekten. Doch die Skorpione sind ihren Konkurrenten in einem haushoch überlegen, das heißt, Letztere sind für sie eine Delikatesse. Und in Anbetracht ihrer Größe können Skorpione ihre Rivalen oftmals ohne große Furcht vor Vergeltung in Beute verwandeln. In Gebieten mit einem hohen Skorpionaufkommen werden die Spinnenpopulationen in der Regel effizient in Schach gehalten.
Doch Skorpione sind keineswegs davor gefeit, selbst zu Opfern zu werden. Zwar können sie einigen potenziellen Angreifern durch ihr Gift begegnen, aber sie stellen doch immerhin eine so ergiebige Fleischmahlzeit dar, dass Eulen, Fledermäuse, Schlangen und einige andere Tiere den Stich im Interesse eines herzhaften Mahles erdulden. Wenn es ihnen gelingt, dem Verzehr zu entgehen, können Skorpione ein Alter von fünfzehn bis zwanzig Jahren und vielleicht noch darüber hinaus erreichen. Älter wird keines der bekannten Spinnentiere und Insekten. Einen bedeutsamen Beitrag zu seiner Langlebigkeit leistet die überaus sparsame Stoffwechselrate des Skorpions, sie ist niedriger als die jedes anderen wirbellosen Tieres und in etwa vergleichbar mit der eines wachsenden Rettichs. Lebewesen mit einem langsamen Stoffumsatz leben in der Regel weitaus länger als solche, die ihre Energie sehr rasch verbrauchen, wie dies bei den meisten kleinen Tieren der Fall ist.
Sein Träger-Metabolismus schützt den Skorpion vor extremer Hitze oder Kälte, während der er so gut wie ohne Nahrung und Wasser auskommen muss. Er übersteht mehr als ein ganzes Jahr ohne Fressen, und seine wächserne Hülle schließt das Wasser in seinem Inneren ein. Sogar die Ausscheidung von Kot und Urin erfolgt in Form von Trockenpulver.
Alles, was mit dem Skorpion zu tun hat, scheint unglaublich viel Zeit in Anspruch zu nehmen: Er braucht fast sieben Jahre, bis er geschlechtsreif ist, und er trägt seine Jungen bis zu anderthalb Jahren aus - eine Schwangerschaftsdauer, die nur noch an die des Elefanten heranreicht. Skorpionmütter verfügen sogar über so etwas Ähnliches wie eine Plazenta, an der die Jungen im Körperinneren genährt werden, ein weiteres Unikum unter den Wirbellosen. Die Jungen werden lebend geboren und kriechen unmittelbar danach für weitere zwei bis sechs Wochen einer externen Entwicklung auf den Rücken der Mutter.
Die Leute, die es mit Skorpionen zu tun haben, erklären, sie beeindrucke vor allem die unglaublichen Wahrnehmungsfähigkeiten des Tieres. Während bei anderen Spinnentieren und auch bei den Insekten die Nervenzellen in Gruppen über den Körper verteilt sind, besitzt der Skorpion Neuronencluster im Kopf, die ihm gehirnähnliche Verarbeitungsfähigkeiten verleihen. Er findet seinen Weg bei Sternenlicht und kann praktisch als wandelnder Seismograph gelten. Spaltförmige Sinnesorgane an seinen acht Beinen nehmen die Oberflächenerschütterrungen eines durch den Sand krabbelnden Insekts noch in einer Entfernung von einem Meter wahr. Überdies kann er seinen Speiseplan um fliegende Insekten erweitern. Nähert sich die Beute, hebt der Skorpion seine Frontscheren in die Luft, und die hoch empfindlichen Härchen auf seinen Klauen beginnen zu vibrieren. Geschwindigkeit und Schwingungsrichtung dieser Vibrationen sagen dem Skorpion, wann es Zeit ist zuzupacken.
Einerseits müssen Skorpione so sensitiv sein, um Nahrung zu finden, andererseits sind sie jedoch auch auf Sinne angewiesen, die im Dienst von Paarungs-und Fluchtverhalten stehen. In jüngeren Untersuchungen an männlichen Skorpionen haben Biologen herausgefunden, dass sich bei den Tieren in der Mitte des Brustkorbs paarig angeordnete kammartige Sinnesorgane befinden, die imstande sind, die verführerisch duftenden Pheromone eines einzigen weiblichen Fußabdrucks wahrzunehmen. Diese Anhängsel helfen den Männchen nebenbei auch, den entscheidend wichtigen Bühnenpfosten für seinen Paarungstanz zu finden: einen Stock, an dem er sein Spermienpaket abladen
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