Schön scheußlich
verringert.
Doch auch für einen Parasiten, der seinen Wirt erfolgreich infiziert hat, ist das Leben nicht immer einfach. Da der Parasit ohne seinen Wirt ganz und gar hilflos ist, bedeutet dessen Tod nicht selten auch das Ende des Parasiten. Daher haben Parasiten eine Menge Energie in die Evolution von Methoden investiert, die ihre Übertragung von einem Wirt zum nächsten sichern sollen: Sie lassen ihren Wirt niesen oder ändern dessen Verhalten so, dass er vom Wirt Nummer zwei auch sicher gefressen wird.
Manche Parasiten gehen jedoch noch weiter und legen bei ihrem Bestreben, ihre Genossen am Leben zu erhalten, einen Geist wahrer Selbstaufopferung an den Tag. In meiner Lieblingsparasitenstory beginnt ein parasitischer Saugwurm und Leberschädling namens Lanzettegel sein Leben als Ei in den Gedärmen eines Schafs. Zusammen mit vielen anderen Eiern wird er mit dem Kot des Schafs ausgeschieden und anschließend von Landschnecken gefressen, die sich von Schafsfäkalien ernähren. Im Inneren der Schnecke schlüpfen die Larven und fangen an, sich zu entwickeln, bis sie von ihrem zweiten Wirt ausgeschieden werden - dieses Mal als schleimiges Päckchen, das von Ameisen als unwiderstehlich erachtet wird. Hat die Ameise das Päckchen verzehrt, befreien sich die Schwanzlarven mit Hilfe ihres kleinen Bohrstachels aus dem Kropf der Ameise und erobern ihren Wirt. Einige begeben sich in die Leibeshöhle der Ameise, wo sie sich weiterentwickeln, und mindestens eine Schwanzlarve macht sich auf den Weg in das Gehirn der Ameise. Diese Hirnlarven bringen die Ameise derart durcheinander, dass sie frühmorgens oder spätabends, wenn es kühler wird, etwas tut, was keine geistig gesunde Ameise je tun würde: Sie klettert an die Spitze eines Grashalms und beißt sich dort fest. Auf diese Weise wird sie von dem nächstbesten grasenden Schaf gefressen. Sicher in dessen Bauch angelangt, können die Larven aus der Leibeshöhle der Ameise heranreifen, sich paaren, Eier legen und den ganzen Zirkus von vorn beginnen.
Was die Hirnlarven betrifft, so haben sie sich für ihre Angehörigen geopfert. Sie wurden nicht infektiös, sie konnten sich nicht fortpflanzen, sondern starben, auf dass die anderen gedeihen konnten. Wenn es so etwas wie Altruismus gibt, hätten wir hier ein hervorragendes Beispiel. Vom Standpunkt der Ameise ist jener Egel jedoch alles andere als eine Mutter Teresa.
18.
Der Skarabäus: ein perfekter Müllverwerter
In der unüberschaubaren Welt der Käfer haftet ihnen ein Hauch von Adel an: auf ihren Köpfen ein Diadem aus hornigen Stacheln, ihre Körper in einen glänzenden Panzer von Bronze, Smaragd oder Kobaltblau gehüllt. Sie symbolisieren Wiedergeburt, Glück, den Triumph der Sonne über die Dunkelheit. Die alten Ägypter verehrten diese Geschöpfe so sehr, dass sie einem Pharao nach dessen Tod das Herz aus dem Leib schnitten und durch einen Stein von der Gestalt des heiligen Pillendrehers ersetzten.
Das Majestätischste an diesen Insekten aus der Käferfamilie mit dem romantischen Namen Scarabaeidae - die man unter der etwas profaneren Bezeichnung Kot-, Mist-oder Dungkäfer kennt - bezieht sich jedoch darauf, wozu sie zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts bereit, ja sogar freudig bereit sind. Mistkäfer wagen sich dorthin, wo andere Tiere keinen Fuß hinsetzen würden. Sie machen sich über die Hinterlassenschaften ihrer Mitgeschöpfe her und vergraben sie geschickt unter der Erde, wo diese für sie und ihren Nachwuchs als nahrhafte und geruhsam zu verzehrende Mahlzeit dienen. Tag für Tag schaffen Mistkäfer auf texanischen Rinderfarmen, in afrikanischen Hochebenen und indischen Wüsten, auf den Weiden des Himalaja und im Dickicht der Amazonaswälder - überall dort, wo Schmutz und Dung anfallen eifrig und beharrlich Millionen Tonnen an Kot beiseite, vor allem die großen Fladen von Unrat produzierenden Säugern wie Rindern, Pferden, Elefanten, Affen und Menschen.
Wir alle sind den Mistkäfern zu Dank verpflichtet, ihnen, den wahren Recyclern der Natur, ohne die unseren Planeten auch nicht die gründlichste aller noch so hoch subventionierten Super-Frühjahrsputzaktionen retten könnte. Für ihre wenig beneidenswerte Aufgabe werden die Insekten durch die mächtigen Kräfte des Marktes motiviert - eine erbarmungslose zwischenkäferliche Konkurrenz, die sich jedes Mal Bahn bricht, wenn ein Säugetier seine Losung fallen lässt. Jeder Fladen ist ein komplexer Mikrokosmos für sich, ein wimmelnder Lebensraum,
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