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Schön und ungezähmt

Schön und ungezähmt

Titel: Schön und ungezähmt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Wildes
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barocke Salon war am frühen Abend ziemlich warm. Oder war er vielleicht nervös?, gestand sich Robert zögerlich ein. Nervös genug jedenfalls, dass er glaubte, seine Krawatte säße zu eng, obwohl er sie bereits zweimal gelockert hatte. Er stimmte nicht oft zu, vor Publikum zu spielen, auch nicht, wenn es ein so kleines war wie bei Briannas Party. Hin und wieder spielte er für seine Familie, wenn seine Großmutter ihn darum bat. Und er hatte auf der kleinen, diskreten Hochzeit seiner Mutter mit dem italienischen Grafen gespielt. Lazarro hatte sich natürlich Vivaldi gewünscht, und es war Robert ein Vergnügen gewesen, da dies einer seiner Lieblingskomponisten war. Und als seine Mutter anschließend mit Tränen in den Augen zu ihm getreten war und ihn bewegt an sich gedrückt hatte, sah sie in ihrem Hochzeitskleid so jung und hübsch aus, dass sogar ihm etwas melancholisch zumute wurde. Denn er liebte sie, und es war bewegend, zu sehen, wie sie nach dem verheerenden Verlust seines Vaters wieder glücklich geworden war.
    »Man stelle sich vor: Londons erster Lebemann, der angeblich hübschen Frauen und dem Kartenspiel verfallen ist, der jeden Skandal magnetisch anzieht, spielt auf einer ländlichen Hausparty mit einer jungfräulichen, jungen Dame ein Duett. Und das nur, um seiner Schwägerin einen Gefallen zu tun.«
    Damiens sarkastische Beobachtung unterbrach Roberts Gedanken. Er blickte zu seinem Bruder auf, der auf ihn zuschlenderte und neben ihm stehen blieb. »Niemand wird das glauben«, antwortete Robert. »Darum bin ich ziemlich sicher, dass ich weiterhin meinen schlechten Ruf behalten darf.«
    Damiens Miene war ausdruckslos, aber das war kaum etwas Neues. »Ich finde ja auch, dass es schwer zu glauben ist. Erzähl mir, geht es dabei um ein bezauberndes Paar blaugrüner Augen,
das dich dazu treibt, mit deinem Talent so großzügig umzugehen? Brianna hat mir erzählt, sie wäre hoch erfreut gewesen, dass Rebecca dich überreden konnte, für uns zu spielen. Ich habe gehört, wie du Colton gegenüber betont hast, Brianna habe dich gebeten, zu spielen. Tatsächlich hast du also rundheraus gelogen. Das sieht dir gar nicht ähnlich. Auch spielst du recht selten vor Publikum. Da die reizende Miss Marston in beiden ungewöhnlichen Fällen der kleinste, gemeinsame Nenner ist, habe ich mich gefragt, warum das wohl so ist.«
    Er traf mit seinen Worten zu nah ans Schwarze, um noch angenehm zu sein. Robert warf seinem Bruder einen finsteren Blick zu. »Beschäftigt es dich nicht genug, deinen Verstand an Bonaparte zu messen? Mein Privatleben kann da bestimmt nicht mithalten.«
    »Ach, Bonaparte ist weit weg. Du aber, du bist hier.« Damien lachte leise.
    Das Problem war, es hatte tatsächlich etwas mit einem Paar blaugrüner Augen zu tun, dass Robert so impulsive, irrationale Dinge tat.Wie zum Beispiel durch vom Mondlicht beschienene Gärten zu laufen, verflucht noch mal.
    Als die Gäste begannen, auf den Stühlen Platz zu nehmen, die in dem riesigen Raum um das Podium arrangiert waren, auf dem das Pianoforte stand, schüttelte er diese Gedanken ab. Er würde diesen verfluchten Satz mit Rebecca spielen, weil er ihr sein Wort gegeben hatte. Obwohl er froh war, dass sie ihm vorgeschlagen hatte, es zunächst zu üben. Das Musikstück war ihm unbekannt, aber nichtsdestotrotz faszinierend.
    Die Notenblätter, die ihm einer der Lakaien am Morgen gebracht hatte, waren handgeschrieben und zweifellos kopiert worden, doch ohne den Namen des Komponisten zu übertragen.
Das würde er nach dem kleinen Konzert ihr gegenüber ansprechen. Das beinahe Quälende, das aus den Noten sprach, hatte ihn überrascht, denn zugleich war es sanft und kraftvoll, lyrisch und bewegend. Ohne Frage hatte er dieses Stück noch nie gehört, und dabei verfügte er über ein breit gefächertes Repertoire. Es war verwirrend. Der Stil war einzigartig. Präzise. Einfach brillant.
    »Sie sieht heute Abend unglaublich hübsch aus, findest du nicht auch?«, fragte Damien ruhig, doch hörte Robert die darin mitschwingende Vermutung heraus.
    »Ja.« Er hoffte, seine Stimme klang normal, aber er hatte das ungute Gefühl, dass dies misslang.
    Rebecca betrat den Raum natürlich zusammen mit ihren Eltern. Ihr Auftritt schlug ihn in den Bann. Er stand an der Seite und war einen Moment lang unfähig, sich zu rühren. Ihr schimmerndes, dunkles Haar war lose hochgesteckt, und einige Strähnen umspielten die elegante Linie ihres Halses. Ihr Kleid war aus einem silbrigen,

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