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Schön und ungezähmt

Schön und ungezähmt

Titel: Schön und ungezähmt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Wildes
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die Tür ihres Schlafzimmers ließ sie zusammenzucken. Sie blickte auf die reich verzierte Uhr, die auf dem Sims über dem Kamin stand, und fragte sich, wer zu dieser Zeit wohl durch die Gänge geistern konnte. Währenddessen schob sie hastig das Buch unter ihr Kissen. Sie hatte ihre Zofe für heute Abend bereits entlassen, daher knotete sie den Gürtel ihres Morgenrocks um ihre Taille fest und ging zur Tür.
    Gott sei Dank war es nur Brianna, die noch immer ihr elegantes Abendkleid trug. »Ich habe gehofft, dass du noch wach bist.«
    »Ja, ich habe gelesen.« Rebecca lachte verlegen und entspannte sich. Sie hatte noch nie darüber nachgedacht, die Genitalien eines Mannes zu berühren – abgesehen von griechischen Statuen hatte sie auch noch nie welche gesehen -, aber, du lieber Himmel, war der Rest des Buchs auch so?
    »Ich verstehe.« Briannas Mund zuckte. Sie grinste wissend. »Das erklärt, dass du irgendwie schuldbewusst aussiehst, vermute ich mal. Darf ich für einen Augenblick hereinkommen? Ich verspreche dir, ich bleibe nicht zu lange.«
    »Natürlich darfst du.« Rebecca trat einen Schritt beiseite und bat Brianna herein. Sie freute sich immer über die Gesellschaft ihrer Freundin. Als Kinder hatten sie oft beieinander übernachtet, und besonders in den Sommern waren sie unzertrennlich gewesen. Manchmal wurden sie von den Gouvernanten gemeinsam unterrichtet, was sich für Rebecca als großer Vorteil erwiesen hatte. Denn es war Briannas Gouvernante, die aus einer musikalischen Familie stammte und sie nicht nur im Klavierspiel unterrichtet, sondern ihr auch die Musiktheorie und eher technische Aspekte vermittelt hatte. Nachdem sie Miss Langfords Wissen
ausgeschöpft hatte, bettelte Rebecca bei ihren Eltern um einen eigenen Musiklehrer. Ihre Eltern waren mehr als glücklich, als sie einen fanden. Sie förderten ihre Liebe zur Musik, weil sie der Meinung waren, es handle sich um etwas, das jede junge Lady beherrschen sollte. Erst als sie jeden Tag Stunden um Stunden nicht nur damit zubrachte, zu spielen, sondern auch Musik zu komponieren, reagierten sie beunruhigt.
    Junge Frauen sollten in der Lage sein, eine hübsche Melodie zu spielen. Aber nur Männer komponierten Musik. Das war die Einstellung ihrer Eltern. Es war eine geistig anspruchsvolle Aufgabe, und sie war wohl kaum angemessen für eine Lady der höheren Gesellschaft. Komponisten waren doch wie Maler und Bildhauer. Es mochte sich um künstlerische Bestrebungen handeln, doch waren sie der arbeitenden Klasse vorbehalten.
    Brianna setzte sich auf die Bettkante. Sie wirkte ganz wie das spitzbübische Mädchen, an das sich Rebecca aus ihrer Jugendzeit erinnerte, mit einer Miene, als wären sie mit etwas davongekommen, das sie ohne die Erlaubnis der Eltern nicht hätten tun dürfen. »Und? Wie fühlst du dich? Es war ein Triumph. Heute Abend hat jeder für deine Vorstellung geschwärmt. Sie haben während des Abendessens ständig darüber gesprochen, und mehr als ein Gast hat mich gebeten, dich zu bitten, noch einmal für uns zu spielen.«
    »Ist das der Teil, wo du gleich bemerkst: ›Ich hab es dir doch gesagt‹? Ich denke, darauf hast du Anspruch. Wenn du nicht gewesen wärst, würden Bella und du weiterhin der beschränkte Kreis meiner Zuhörer bleiben.« Rebecca umarmte ihre Freundin rasch und innig. »Ich danke dir.«
    »Dank nicht mir. Wie viele Gastgeberinnen können schon von sich behaupten, dass die talentierte Rebecca Marston für ihre
Hausparty gespielt hat und es ein berauschender Erfolg war?« Brianna lächelte. »Es war ein gelungener Streich. Übrigens, wie um alles in der Welt hast du Robert dazu gebracht, mit dir zu spielen? Das Ereignis wird in die Geschichtsbücher eingehen. Ich vermute, ihr zwei werdet mit Anfragen bestürmt werden, sobald das in London die Runde macht.«
    Ihr zwei. Als wären sie ein Paar. Es war eine trügerische Hoffnung, aber Rebecca mochte den Klang dieser Worte.
    Sie setzte sich neben Brianna und lachte. »Ich habe eine altbewährte Methode benutzt. Schuldbewusstsein. Er machte die Beobachtung – und ich stimme ihm insgeheim darin zu -, dass einigen jungen Ladys nie gestattet werden sollte, die Musik in der Öffentlichkeit zu entweihen. Als ich ihm darauf erklärte, dass ich spielen würde, war er über seinen Fauxpas bestürzt. Ich habe ihm schamlos die Buße auferlegt, als Ausgleich dafür mit mir ein Duett zu spielen.«
    »Also, ich finde, es war spektakulär.« Brianna drückte ihre Hand. »Perfekt. Colton

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