Schöne Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
unter andere n die Ateliers von Mike Warburg und Agatha Ko h ler befanden, hörte sie sofort diese merkwürdige Musik. Sie folgte der Kakophonie aus lauten Stimmen und irgendwie u n heimlichen Klängen und kam an der Tür der Frau an, die sie im Moment mehr hasste als jeden anderen Menschen auf di e sem Planeten. Und Fabian Zonk war da drin.
Lisa analysierte die Situation cool und gelassen.
Diese ranzige Fischfunz macht da drin mit meinem Kerl rum! Ich weiß es! Der reiß ich die verfaulte Leber raus und verfütter sie an Katze!
Ihre Hand lag schon an dem Türgriff, aber dann hielt Lisa doch inne.
Jetzt komm aber mal, Becker. In was für einem drittkla s sigen Porno lebst du denn? Frauen stürzen sich nicht einfach auf Männer. Es sei denn, der Mann spiel t E-Gitarre oder er ist reich oder moderiert irgendwelchen Scheiß in der Glotze.
Lisa verstärkte den Griff wieder.
Eigentlich tun Frauen das verdammt oft. Und Fabi ist eine Sahneschnitte. Und zwar meine Sahneschnitte!
Lisa zögerte.
Was ist eigentlich eine Sahneschnitte?
Die junge Hauptkommissarin kämpfte einen inneren Kampf, der dem Kampf innerhalb des anderen Raums in nichts nachstand. Aber jetzt war sie abgelenkt.
Wer tut sich denn Sahne auf die Stulle? Nicht einmal ich, und das will was heißen!
Die Wut war merkwürdig schnell verflogen, und Lisa kam zur Besinnung.
Becker, Becker, Becker. Was glaubst du eigentlich, was da drin passiert? Dass sie versucht, ihn zu vergewaltigen? Fabi würde nie mals einfach s o rumvögeln. Nicht im Dienst. Wah r scheinlich nicht.
Sie war nicht wirklich sicher, entschloss sich aber, e r wachsen zu sein. Wenn sie jetzt da reinplatzte und nichts los war außer dass eben Musik lief , während ihr Lover eine Zeugin befragte, würde sie dermaßen blöd dastehen, dass er sich vie l leicht sogar fragte, warum er bei der paranoiden Dicken blieb und nicht die Liebesgöttin aus der Retorte vernaschte. Das R i siko war zu groß.
Ohhhh... es ist wahrscheinlich ein Stück Sahnetorte vom Blech!
Wieder ein Mysterium gelöst. Lisa fühlte sich besser und begab sich zur Tür von Mike Warburg, dem sympathischen, begabten und gutaussehenden ziemlich wahrscheinlichen Doppelmörder.
Kein Laut drang hervor. Sie klopfte dreimal. Keine Reakt i on.
„Herr Warburg?“ rief Lisa. „Hier ist die Kriminalpolizei. Sind Sie da?“
Es kam keine Antwort, aber Lisa hörte leise Geräusche. Sie öffnete die Tür und trat ein.
Das Atelier hatte sich nicht verändert, aber Lisa bemerkte, dass ein paar der Bronzefiguren, die neulich noch da gewesen waren, fehlten, auch die Katze, die ihr so gefallen hatte. Der Verkauf schien gut zu laufen.
Mike Warburg saß an einer Arbeitsplatte am Fenster und werkelte mit einem kleinen Meißel an einer Gips-Figur herum. Lisa sah nun auch, warum er nicht reagiert hatte: Er hatte Ohrhörer auf, die zu einem mp3-Player gehörten, den er in der Hosentasche hatte. Er summte leise die Musik mit, es klang wie irgendwas von Celine Dion.
Lisa beobachtete ein bisschen, was der junge Mann da formte. Es schien ein Tier zu sein, aber sie war sich nicht s i cher, was für eins. Es sah aus wie ein Pinguin, hatte aber ke i nen Vogelkopf, sondern eher das Antlitz eines Hundes. Vie l leicht gab es ja irgend so ein komisches Vieh auf Madagaskar? Lisas Kenntnisse aus BBC-Dokus waren beträchtlich, sie wusste viel über exotische Tiere, aber so ein Exemplar war ihr noch nie begegnet. Die Konzentriertheit, mit der Mike Warburg die Gipsstatuette bearbeitete, beeindruckte sie, und Lisa fragte sich, ob sie nicht vielleicht selbst mal austesten wollte, welche kreativen Talente in ihr schlummerten. In der Schule war sie nicht sehr aktiv gewesen, sie konnte nicht Noten lesen und hielt Malerei entweder für prätentiös oder einfach nur blöd und hässlich, sehr oft alles zusammen .
„Kann ich was für Sie tun?“
Warburgs Frage riss sie aus ihren Tagträumen. Er hatte die Ohrhörer abgenommen und sah sie leicht verärgert an.
„Ähem, Verzeihung, Herr Warburg. Ich will sie nicht st ö ren.“
„Tun Sie aber.“
Er war immer noch sauer vom letzten Mal, deshalb b e dauerte Lisa es jetzt schon, dass sie ihm wieder mit seiner s e xuellen Orientierung kommen musste. Sie verschob es auf später.
„Vielleicht haben Sie es schon gehört, es hat einen zwe i ten Mord gegeben.“
„Wirklich?“ Er klang nur milde interessiert.
„Sie kannten das Opfer. Ralph Schubert.“
„Oh“, sagte Mike Warburg, und fügte hinzu:
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