Schöne Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
Geschmeiß.“
„Verstanden.“
Fabian wandte sich an die Mannschaft.
„Wir schreiben jetzt fleißig unsere Berichte, das kommt dann mit den Berichten von Gerichtsmedizin und Krimina l technik in einen dicken Ordner, und dann ist die Geschichte abgeheftet.“
„Komisch“, fand Sabine, „irgendwie kommt mir das zu schnell vor. Ich hab gedacht, jetzt wird wochenlang ermittelt, und es kommen noch mindestens zwei weitere Leichen, bis wir den Täter endlich schnappen.“
„Du liest zu viele Krimis “, sagt Lisa.
Einundzwanzig
Die Pressekonferenz dauerte zwei Stunden, und sie war unerfreulich. Die Journalisten hatten ihre Stories schon g e schrieben, und sie alle enthielten Vokabeln wie „Versagen“, „Blindheit“ und in ein paar Fällen „abartige Sexualpraktiken“, die doch wohl sicher stattgefunden hatten. Und die Aufgabe von LKA und Staatsanwalt war es jetzt nur noch, diese Stories mit Aussagen zu unterfüttern. Fabian focht das alles nicht an. Ihm war völlig egal, was die Presse über ihn schrieb, Lisa war mit den Gedanken woanders, der Staatsanwalt war neu und nicht sehr eloquent, und Juhnke war wie immer alles wurscht. Deshalb durfte Fabian fast alleine die Meute füttern.
„Warum wurde Herr Warburg nicht festgenommen?“
„Weil wir in einem Rechtsstaat leben und es für eine Fes t nahme ansatzweise so etwas wie einen Grund geben sollte.“
„War nicht abzusehen, dass er sich das Leben nehmen würde?“
„Gewiss doch, und wir dachten, super, das erspart uns e i nen langwierigen Prozess.“
„ Woher hatte er dieses Betäubungsmittel Xenon?“
„Woher haben Sie diese fürchterliche Krawatte?“
Irgendwann reichte es den Leuten, und sie zogen ab. Lisa und Fabian überließen den Papierkram Alfie und Sabine und gönnten sich einen frühen Dienstschluss.
„Christiane und Rosemarie kommen heute Abend zu mir rüber“, sagte Lisa auf dem Weg zu ihren Autos, „willst du auch kommen?“
Fabian lachte. „Das klingt äußerst verlockend, tut es wir k lich, meiner Treu!“
„Sei nicht so. Sie mögen dich sehr gern.“
„Ja, besonders Rosemarie, das hat sie durchblicken la s sen. Sie mag mich ein bisschen zu gern.“
„Sie flirtet mit jedem Mann so. Hast du etwa Angst vor ihr?“ grinste Lisa.
„Ja.“
„Oh.“ Lisa dachte darüber nach. „Und mit vollem Recht.“
Sie gaben sich zum Abschied einen Kuss, der sich gew a schen hatte, und segelten in unterschiedliche Richtungen.
Die Heimfahrt war schwer für Lisa, denn jetzt war sie zum ersten Mal allein, seit sie Mike Warburg totnackt in seinem Atelier hatte rumbaumeln sehen. Und wieder ging der Geda n ke wohlformuliert durch ihr Hirn.
War das meine Schuld?
Ihr Insistieren auf ein Bekenntnis zu seiner Sexualität ha t te ihn in die Enge getrieben. Wenn sie es anders angepackt hätte, hätte er vielleicht ein Geständnis abgelegt.
Aber das hat er ja. Er hat mir seine DNA gegeben.
Er hatte sich zu diesem Zeitpunkt vermutlich keinen Plan zurecht gelegt. Er musste wissen, dass er erledigt war. Was ging im Kopf dieses jungen Mannes, attraktiv und durchaus erfolgreich, vor? Wollte er sich einen Prozess ersparen? Die Demütigung? Oder hatte er sowieso vor, sich umzubringen? Wieso war es für ihn so schwer, mit seinem Schwulsein kla r zukommen?
Ich muss es wissen.
Als Lisa in ihre Straße einbog, stand für sie fest: Sie hatte die Akte noch nicht geschlossen. Es gab immer noch viele u n geklärte Fragen, und die für sie persönlich entscheidende la u tete:
Wenn er schwul war – wieso bekam er von meinem Busen einen Harten?
„Na komm schon, so schwul ist ja wohl niemand“, witzelte Rosemarie zwei Stunden später in Lisas Wohnzimmer.
Sie saßen alle drei zusammen beim Abendbrunch, wie L i sa, Rosemarie und Christiane das nannten. Es gab Sekt und Obst und Croissants, ein Brunch – aber eben abends, man hat ja nicht immer vormittags Zeit.
„Du denkst da viel zu engstirnig“, meinte auch Christiane, „so klar sind die Grenzen nicht gezogen. Ich kann dir G e schichten erzählen...“
„Das tust du ja auch dauernd“, gab Lisa leicht angesäuert zurück, „du bist schließlich bei der Sitte. Und wir hatten ve r einbart, beim Abendbrunch nichts über Perverse, Inzest oder die Freidemokratische Partei Deutschlands.“
„Ich mein ja nur. Es gibt brave Familienväter, die wir bei Razzi en in Knabenbordellen hops nehmen. Wir hatten sogar mal einen katholischen Priester, der – jetzt haltet auch gut fest – Sex hatte mit
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