Schöne Lügen: Roman (German Edition)
Argument, das dagegen spricht«, warf sie ihm vor.
»Das brauche ich auch gar nicht!« brüllte er, nahm die Brille von der Nase und warf sie auf den Schreibtisch. »Wenn ich sage, Sie werden nicht bleiben, dann werden Sie nicht bleiben. Ich habe das, was ich den Winslows gesagt habe, auch so gemeint, und das gleiche gilt für Sie, Miss O’Shea.«
Sie stand vor ihm und verschränkte die Arme vor der Brust, legte den Kopf zurück und sah ihn herausfordernd an. »Sie können so lange toben, wie Sie möchten, Mr. Barrett, ich lasse mich nicht so leicht einschüchtern. Wenn Sie die Polizei rufen, um mich aus dem Haus werfen zu lassen, werde ich Zeter und Mordio schreien. Was glauben Sie wohl, wie sich das auf Melanies Zustand auswirken wird? Sie hat mich von Anfang an in ihr Herz geschlossen. Dann müssen Sie mit zwei hysterischen Frauen fertigwerden. Außerdem bin ich Kens Schwester. Das allein gibt mir das Recht, hier zu sein.«
Sie hatte ihn in die Enge getrieben! Als sie sah, wie er sich auf dem Absatz herumdrehte, am Knoten seiner Krawatte zerrte und dann zum Fenster hinüberging, wußte sie, daß sie gewonnen hatte. Sie war schlau genug, ihn nicht noch weiter zu reizen, deshalb wartete sie geduldig ab.
»Sollten Sie irgend etwas unternehmen, das diese Operation in Frage stellt oder gefährdet, dann sind Sie weg hier.« Noch immer drehte er ihr den Rücken zu, doch als sie nicht antwortete, wandte er sich um. Sie nickte nur.
»Leisten Sie Mrs. Lyman Gesellschaft, lenken Sie ihre Gedanken von ihrem Ehemann ab, und bleiben Sie mir fern.«
Sein arrogantes Benehmen ärgerte sie, doch sie hielt ihre scharfe Zunge im Zaum. »Das war auch ganz meine Absicht«, war alles, was sie sagte.
»Und was ist mit Billy Bob, oder wie auch immer sein Name sein mag? Setzt er nicht alle Hebel in Bewegung, damit Sie nach Houston zurückkommen?«
Erin brauchte all ihre Selbstkontrolle, um ihren Ärger hinunterzuschlucken. Er wußte verdammt gut, wie Barts Name lautete, hatte er doch noch nie etwas übersehen oder vergessen.
»Bart«, sagte sie scharf und sprach dann ruhiger weiter. »Ja, er wird sich natürlich Sorgen machen. Ich werde ihn anrufen und auch meine Mitarbeiter und ihnen erklären, daß sie mich für eine Weile entbehren müssen.« Sie hob abwehrend beide Hände, als sie sah, daß er sie unterbrechen wollte. »Ich werde ihnen nicht sagen, warum.« Sie holte tief Luft. »Wenn das alles ist, General, dann würde ich jetzt gern wieder in die Kaserne zurückkehren.«
Er preßte die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen, und sein kalter Blick war wirklich vernichtend, als er mit wenigen großen Schritten auf sie zukam. »Für Sie mag das ja vielleicht alles wie ein interessantes Spiel aussehen, Miss O’Shea, aber ich versichere Ihnen, das ist es nicht. Ich werde keine naseweisen Sprüche dulden.«
Mit einem Blick auf ihren Mund hatte er eigentlich seine Bemerkung noch unterstreichen wollen, doch statt dessen wurde sein gebieterischer Ausdruck plötzlich ganz sanft. Erin bemerkte, daß er die Hände zu Fäusten ballte und sie dann wieder löste. Seine Augen glitten von ihren Lippen über ihre Nase, ihre Wangen und höher. Unter seinem brennenden Blick schien sie zu schmelzen.
Der Moment war so voller Spannung und unterdrücktem Verlangen, daß sie unter dem Ansturm der Gefühle zu zittern begannen. Beide erinnerten sich lebhaft an Augenblicke, die sie besser vergessen hätten, jedoch in wortlosem Einverständnis hüteten und hätschelten.
Schließlich riß Lance sich von ihrem Gesicht los, stieß wieder eine leise Verwünschung aus, dann ging er zum Schreibtisch zurück und ließ sich in den Stuhl fallen. »Sie können damit auf der Stelle beginnen, mich in Ruhe zu lassen. Ich habe zu arbeiten.«
Sie antwortete nicht, sondern verließ kommentarlos das Zimmer. Hätte sie sich umgedreht, ihr wäre nicht der Blick schmerzlichen Verlangens in seinen Augen entgangen, mit dem er ihr nachsah.
Es fiel Erin eigenartigerweise sehr leicht, sich an den Tagesablauf in dem Haus zu gewöhnen. Sie benutzte den Telefonanschluß in Melanies Schlafzimmer, um sich bei ihrer Firma zu melden, wie sie es versprochen hatte.
»Guten Abend, Spotlight hier«, meldete sich eine freundliche Stimme am Telefon.
Erin lachte. »Ich hatte ganz den Zeitunterschied vergessen. In Houston ist jetzt wirklich schon später Nachmittag, nicht wahr?«
»Hallo, Urlauberin.« Betty, Erins Sekretärin, lachte. »Hast du gefunden, wonach du gesucht hast?«
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