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Schöne Ruinen

Schöne Ruinen

Titel: Schöne Ruinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jess Walter
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ist.«
    »Das geht nicht«, erwiderte Pasquale hastig. »Sie schläft gerade.«
    Gualfredo wandte sich zu Orenzio im Boot um, dann richtete er seine toten Augen wieder auf Pasquale. »Oder vielleicht willst du mich nicht zu ihr lassen, weil sie hereingelegt wurde von zwei alten Freunden, die das schlechte Italienisch der Frau ausgenutzt haben, um sie nach Porto Vergogna zu lotsen statt nach Porto venere , wie sie es eigentlich vorgehabt hatte.«
    Orenzio öffnete den Mund, um zu widersprechen, aber Pasquale kam ihm zuvor. »Natürlich nicht. Sie können gern später noch mal kommen, wenn sie wieder auf ist, und sie fragen, so viel sie wollen, aber jetzt darf sie nicht gestört werden. Sie ist krank.«
    Ein Lächeln zupfte an den Spitzen von Gualfredos Schnauzer, und er deutete auf seinen bulligen Begleiter. »Kennst du Signor Pelle von der Tourismusinnung?«
    »Nein.« Pasquale versuchte, dem Riesen in die Augen zu schauen, doch es waren nur winzige Nadelköpfe in seinem fleischigen Gesicht. Seine silberne Anzugjacke spannte sich über dem massigen Körper.
    »Gegen eine kleine Jahresgebühr und eine bescheidene Abgabe bietet die Tourismusinnung allen seriösen Hotels eine breite Palette von Leistungen: Transportmittel, Werbung, politische Interessenvertretung …«
    »Sicurezza«, fügte Signor Pelle mit Ochsenfroschstimme hinzu.
    » Ach ja, danke, Signor Pelle. Sicherheit natürlich.« Die Hälfte von Gualfredos Bürstenbart schwang sich zu einem Grinsen auf. »Schutz.«
    Pasquale hütete sich zu fragen: Schutz wovor? Es war offensichtlich, dass Signor Pelle Schutz vor Signor Pelle bot.
    »Mein Vater hat diese Abgabe nie erwähnt.« Pasquale fing einen kurzen, warnenden Blick von Orenzio auf. Solche Dinge gehörten zum normalen Geschäftsleben in Italien, doch Pasquale war noch so unerfahren, dass er nicht wusste, welchen der zahllosen Erpressungen man nachkommen musste und welche man getrost ignorieren konnte.
    Gualfredo lächelte. »Ach, dein Vater hat selbstverständlich gezahlt. Eine Jahresgebühr, dazu eine kleine Abgabe für jede Übernachtung eines ausländischen Gastes … die wir nicht immer erhoben haben, weil wir offen gestanden nicht mit ausländischen Gästen im Hurenarsch gerechnet haben.« Er zuckte die Achseln. »Zehn Prozent. Eine Kleinigkeit. Die meisten Hotels wälzen den Betrag auf ihre Gäste ab.«
    Pasquale räusperte sich. »Und wenn ich nicht zahle?«
    Gualfredos Lächeln verschwand. Wieder schaute Orenzio mit grimmiger Miene zu Pasquale auf.
    Pasquale verschränkte die Arme, damit sie nicht zitterten. »Wenn Sie die Rechtmäßigkeit der Abgabe mit irgendwelchen Dokumenten belegen können, zahle ich.«
    Lange blieb Gualfredo stumm. Schließlich wandte er sich lachend an seinen Begleiter. »Signor Tursi möchte Dokumente sehen.«
    Bedächtig schob sich Pelle nach vorn.
    »In Ordnung«, sagte Pasquale. Er war wütend auf sich selbst, weil er so schnell den Schwanz eingezogen hatte. »Ich brauche kein Dokument.« Wenigstens den zweiten Schritt dieses Schlägers hätte er abwarten sollen! Nervös schielte er über die Schulter, um sich davon zu überzeugen, dass die Läden der Amerikanerin geschlossen waren. Nein, sie hatte nichts von seiner Feigheit mitbekommen. »Ich bin gleich wieder da.«
    Mit brennendem Gesicht stapfte er hinauf durch den Klippenspalt. Noch nie in seinem Leben hatte er sich so geschämt. Seine Tante Valeria hatte von der Küche aus alles verfolgt.
    »Zia«, fragte Pasquale, »hat mein Vater diese Abgabe an Gualfredo gezahlt?«
    Valeria, die Pasquales Vater nie gemocht hatte, verzog höh nisch die Lippen. »Natürlich.«
    In seinem Zimmer zählte Pasquale das Geld ab, dann machte er sich bebend vor Zorn auf den Rückweg. Pelle und Gualf redo hatten sich dem Meer zugewandt, Orenzio saß mit verschränkten Armen im Boot.
    Mit zitternden Händen überreichte Pasquale das Geld. Gualfredo tätschelte Pasquales Wange, als wäre er ein kleines Kind. »Wir kommen später wieder, um mit ihr zu reden. Dann können wir gleich noch die ausstehenden Abgaben aus rechnen.«
    Pasquales Gesicht wurde wieder rot, doch er hielt den Mund. Gualfredo und Pelle kletterten in das Mahagoniboot, und Orenzio schob sie hinaus aufs Meer, ohne Pasquale anzusehen. Kurz schaukelte der Kahn in der Brandung, dann fand der hustende Motor seine Stimme, und die Männer zogen wieder knatternd die Küste hinauf.
    Missmutig stand Pasquale auf der Terrasse seines Hotels. In dieser Nacht war Vollmond, und die

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