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Schöne Ruinen

Schöne Ruinen

Titel: Schöne Ruinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jess Walter
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hier weh?« Er legte die Hand auf ihre Brust, und Pasquale fuhr vor Eifersucht zusammen.
    Sie nickte. »Ja, Sodbrennen.«
    »Und …«
    »Appetitlosigkeit. Erschöpfung. Gliederschmerzen. Harndrang.«
    »Ja«, bestätigte der Dottore.
    Sie schielte zu Pasquale. »Und noch andere Dinge.«
    »Verstehe.« Nach einer kurzen Pause wandte sich der Arzt auf Italienisch an Pasquale: »Könntest du vielleicht kurz drau ßen im Gang warten?«
    Pasquale nickte und zog sich zurück. Auf dem Treppenabsatz blieb er stehen und lauschte den gedämpften Stimmen aus dem Zimmer. Einige Minuten später kam der Arzt mit beunruhigter Miene heraus.
    »Ist es schlimm? Muss sie bald sterben, Dottore?« Wie schrecklich, überlegte Pasquale, wenn seine erste amerikanische Touristin im Hotel sterben würde, und noch dazu eine Filmschauspielerin! Und wenn sie wirklich eine Prinzessin war? Dann schämte er sich für diese egoistischen Gedanken. »Soll ich sie in einen größeren Ort bringen, wo sie besser versorgt wird?«
    »Ich glaube nicht, dass ihr Leben in unmittelbarer Gefahr ist.« Der Dottore machte ein nachdenkliches Gesicht. »Wer ist der Mann, der sie hierhergeschickt hat, Pasquale?«
    Pasquale lief die Treppe hinunter und kam mit dem Zettel zurück, den Dee Moray mitgebracht hatte.
    Dr. Merlonghi las das Blatt durch, auf dem darum gebeten wurde, die Rechnung an den PR -Assistenten Michael Deane der 20th Century Fox im Grand Hotel in Rom zu schicken. Er drehte das Papier um, doch die Rückseite war leer. »Weißt du, über welche Beschwerden eine junge Frau, die an Magenkrebs leidet, bei einem Arzt klagen würde, Pasquale?«
    »Nein.«
    »Schmerzen in der Speiseröhre, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen, dazu vielleicht eine Schwellung am Bauch. Mit zunehmendem Fortschreiten der Krankheit wären auch andere Regionen betroffen. Darm. Harnwege. Nieren. Selbst die Menstruation.«
    Pasquale schüttelte den Kopf. Die arme Frau.
    »Ja, das könnten Symptome von Magenkrebs sein. Aber ich habe ein Problem damit: Welcher Arzt würde bei solchen Symptomen – ohne Endoskopie oder Biopsie – darauf schließen, dass die Frau Magenkrebs hat, statt eine viel naheliegendere Diagnose zu stellen?«
    »Was für eine Diagnose?«
    »Schwangerschaft.«
    »Schwangerschaft?« Pasquale wurde ziemlich laut.
    Der Arzt beruhigte ihn.
    »Sie meinen, sie ist …«
    »Ich weiß es nicht. Für einen Herzschlag wäre es noch zu früh, und ihre Symptome sind wirklich stark. Aber wenn ich einer jungen Patientin gegenüberstehe, die über Übelkeit, Bauchschwellung, Sodbrennen und das Ausbleiben der Menstruation klagt … nun, Magenkrebs kommt bei jungen Frauen äußerst selten vor. Schwangerschaft dagegen …« Er lächelte. »Nicht so selten.«
    Pasquale merkte, dass sie flüsterten, obwohl Dee Moray ihre italienische Unterhaltung sowieso nicht verstanden hätte. »Moment. Soll das heißen, dass sie vielleicht gar keinen Tumor hat?«
    »Ich weiß nicht, was sie hat. Offensichtlich hat es in ihrer Familie schon Krebsfälle gegeben. Und vielleicht haben amerikanische Ärzte Untersuchungsmöglichkeiten, die wir noch nicht kennen. Ich will nur darauf hinaus, dass ich auf grund dieser Symptome keine eindeutige Krebsdiagnose stellen könnte.«
    »Haben Sie ihr das gesagt?«
    »Nein.« Der Dottore wirkte zerstreut. »Ich habe ihr nichts gesagt. Nach allem, was sie durchgemacht hat, möchte ich keine falschen Hoffnungen bei ihr wecken. Wenn dieser Mann zu ihr kommt, vielleicht kannst du ihn dann fragen. Dieser …« Er schielte wieder auf den Zettel. »Michael Deane.«
    Das war so ziemlich die letzte Frage, die Pasquale einem amerikanischen Filmproduzenten stellen wollte.
    »Noch etwas.« Der Dottore legte Pasquale die Hand auf den Arm. »Ist das nicht seltsam, Pasquale? Ich meine, dass sie sie hierherschicken, wo der Film doch in Rom gedreht wird?«
    »Sie wollten einen ruhigen Ort mit Blick aufs Meer«, erwiderte Pasquale. »Ich hab gefragt, ob sie Venere meinen, aber auf dem Zettel steht Vergogna. «
    »Ja, natürlich. Ihr habt es sehr schön hier, Pasquale.« Dem Dottore war Pasquales leicht gekränkter Tonfall nicht entgangen. »Doch eine Kleinstadt wie Sperlonga ist fast ge nauso ruhig und liegt auch am Meer, aber viel näher bei Rom. Warum also ausgerechnet hier?«
    Pasquale zuckte die Achseln. »Meine Tante sagt, in Porto Vergogna sterben keine jungen Leute.«
    Der Arzt lachte höflich. »Sobald dieser Mann da war, weißt du sicher mehr. Falls sie nächste Woche

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