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Schöne Ruinen

Schöne Ruinen

Titel: Schöne Ruinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jess Walter
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nicht widersprechen, denn aus einer bestimmten Sicht trifft das sicher zu. Aber ich muss mich um so viele Katastrophen kümmern, da kann ich mich nicht lange mit Einzelfällen aufhalten.« Mit diesen Worten nahm Michael Deane einen Umschlag aus seiner Anzugjacke, den er Pasquale in die Hand drückte. »Die Hälfte ist für Dee. Und die andere Hälfte ist für Sie, dafür, was Sie getan haben und was Sie hoffentlich noch für mich tun können.« Er legte Pasquale die Hand auf den Arm. »Obwohl Sie mich angegriffen haben, möchte ich Sie als Freund betrachten, Mr. Tursi, und auch entsprechend behandeln. Aber wenn ich rausfinde, dass Sie ihr weniger als die Hälfte gegeben oder dass Sie mit jemandem über diese Sache geredet haben, werde ich nicht mehr Ihr Freund sein. Und das wollen Sie doch nicht.«
    Pasquale zog den Arm weg. Wollte ihm dieser fürchterliche Kerl Unehrlichkeit vorwerfen? Da fiel ihm Dees Wort ein. »Bitte, ich bin frank!«
    »Ja, gut.« Beschwichtigend hob Michael Deane die Hände, als hätte er Angst vor einer erneuten Attacke. Dann kniff er die Augen zusammen und trat näher. »Wenn Sie frank sind, bin ich es auch. Man hat mich hergeschickt, um diesen Film vor dem Absaufen zu retten. Das ist meine einzige Aufgabe. Moral ist nicht Teil dieser Aufgabe. Da gibt es kein Gut oder Böse. Ich habe einfach die Aufgabe, die Boote von der Straße zu holen.«
    Er wandte den Blick ab. »Ihr Doktor hat natürlich recht. Wir haben Dee angeschwindelt, um sie loszuwerden. Darauf bin ich nicht unbedingt stolz. Bitte richten Sie ihr aus, dass Dr. Crane ihr keinen Magentumor hätte andichten dürfen. Wir wollten ihr keine Angst einjagen. Aber Sie kennen ja die Ärzte, einfach zu analytisch. Er hat sich dafür entschieden, weil die Symptome mit denen einer Schwangerschaft im Anfangsstadium übereinstimmen. Dass es so lange dauert, war nicht vorgesehen. Nach ein oder zwei Tagen hätte der Spuk vorbei sein sollen. Wir wollten sie in die Schweiz schicken, zu einem Arzt, der auf unerwünschte Schwangerschaften spezia lisiert ist. Er ist zuverlässig. Und diskret.«
    Pasquale brauchte ein wenig, um zu begreifen. Es stimmte also. Sie war tatsächlich schwanger.
    Michael Deane reagierte auf Pasquales Miene. »Bitte bestellen Sie ihr, dass es mir wahnsinnig leidtut.« Dann tätschelte er den Umschlag in Pasquales Hand. »Sagen Sie ihr … manchmal ist es eben so. Und es tut mir wirklich leid. Aber sie muss in die Schweiz fahren, wie ihr Dr. Crane geraten hat. Der Arzt dort wird sich um alles kümmern. Es ist schon alles bezahlt.«
    Pasquale starrte den Umschlag in seinen Händen an.
    »Ach, ich hab noch was für sie.« Er griff in dieselbe Jackentasche und förderte drei kleine, rechteckige Fotos zutage. Anscheinend waren sie bei den Dreharbeiten aufgenommen worden, denn auf einem war im Hintergrund ein Kamerateam zu sehen. Trotz der geringen Größe der Bilder hatte Pasquale keine Mühe, auf allen dreien Dee Moray zu erkennen. Sie trug ein langes, fließendes Kleid und stand zusammen mit einer dritten neben einer wunderschönen, dunkelhaarigen Frau, die im Vordergrund zu sehen war. Auf der besten Aufnahme hatte der Fotograf festgehalten, wie Dee und die Dunkelhaarige in Lachen ausbrachen und den Kopf zurückwarfen. »Das sind Anschlussbilder«, erklärte Michael Deane. »Solche Fotos verwenden wir, damit der Übergang von einer Einstellung zur nächsten stimmt. Kostüm, Frisur … damit niemand zwischendrin eine Armbanduhr überstreift. Ich dachte, Dee freut sich vielleicht darüber.«
    Pasquale vertiefte sich in das obere Bild. Dee Moray hatte der anderen die Hand auf den Arm gelegt, und sie lachten so heftig, dass Pasquale viel dafür gegeben hätte, den Grund für diesen Heiterkeitsausbruch zu erfahren. Vielleicht war es der Witz von dem Mann, der in sich verliebt war.
    Auch Deane fixierte nun dieses Foto. »Sie hat was Interessantes an sich. Offen gestanden hab ich es am Anfang gar nicht gemerkt. Ich dachte, Mankiewicz hat sie nicht mehr alle … eine Blondine als ägyptische Hofdame? Aber sie hat was Besonderes.« Michael Deane beugte sich weiter vor. »Und ich rede hier nicht bloß von Titten. Ich meine was an deres … eine bestimmte Authentizität. Das ist eine echte Schau spielerin.« Deane schüttelte den Gedanken ab und wandte sich wieder dem Bild zu. »Die Szenen mit Dee müssen wir noch mal drehen. Zum Glück sind es nicht viele. Durch die vielen Verzögerungen, den Regen, die Umstellungen. Dann die Krankheit von

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